Die Zeit-Odyssee
bemerkenswert
intakt. Die gläserne Hülle, die sich über die
ganze Front zog, ließ zwar hier und dort Schrammen und
Narben erkennen, hatte aber keine Bruchstellen, und die schmalen
Flügel steckten immer noch wie Speichen oben an der Radnabe;
sie waren weder verbogen noch abgebrochen. Doch der hintere Teil
dieses Fluggerätes, eine komplizierte Angelegenheit aus
offenen Rohrleitungen und Drähten, war sichtlich defekt. Ein
zischendes Geräusch drang daraus hervor wie aus einer
schadhaften Dichtung, und stechend riechendes Öl tropfte auf
den steinigen Boden. Es lag klar auf der Hand, dass dieser
mechanische Vogel nie wieder fliegen würde.
»Ich kenne diese blauen Helme nicht«,
flüsterte Josh Ruddy zu. »Was ist das für eine
Armee? Die russische?«
»Könnte sein. Aber schau nur, der verletzte Mann
hat das Sternenbanner auf den Helm gemalt!«
Plötzlich vernahm man das Geräusch eines
Gewehrhahnes, der gespannt wurde.
»Nicht schießen! Nicht
schießen…!«, rief die Frau auf Englisch. Sie
beugte sich von ihrem erhöhten Sitz im Heck der
gläsernen Halbkugel vor und versuchte offenbar, den
verletzten Lenker des Flugapparates zu schützen.
Ein Soldat – Josh kannte ihn als Batson, einen Jungen
aus Newcastle, den man zur vernünftigeren Sorte der gemeinen
Soldaten zählen konnte – zielte mit dem Gewehr auf den
Kopf der Frau. »Sie sprechen Englisch?«, rief er.
»Ich bin Engländerin«, sagte die Frau.
Batsons Augenbrauen schossen nach oben. Doch er war auf der
Hut: »Dann sagen Sie Ihrem Kameraden, er soll seine
Hände so halten, dass ich sie sehen kann! Dschildi!«
»Tu es, Casey«, drängte die Frau. »Die
Flinte mag zwar eine Antiquität sein, aber es ist eine geladene Antiquität!«
Casey, der Lenker, gehorchte widerstrebend. Er zog die Hand
unter einer Art von Schalttafel hervor; darin hielt er einen
Gegenstand.
Batson trat vor. »Ist dies eine Waffe? Übergeben
Sie sie mir sofort!«
Casey drehte sich in seinem Sitz herum, zuckte zusammen und
beschloss nun offensichtlich, sich nicht von der Stelle zu
bewegen. Mit dem Kolben voran hielt er Batson die Waffe entgegen.
»Habt ihr Rübenköpfe sowas überhaupt schon
mal gesehen? Ist ’ne MP-93, eine
Neunmillimeter-Maschinenpistole. Kommt aus
Deutschland…«
»Die Deutschen!«, zischte Ruddy. »Ich
hab’s gewusst!«
»Sei vorsichtig damit, Mann, sonst hämmerst du dir
mit dem Ding noch den Kopf vom Hals!« Casey war ohne
Zweifel Amerikaner, aber seine Sprechweise wirkte für Joshs
Ohren so grob, als käme sie direkt aus irgendeinem
Großstadtsumpf. Die Frau hingegen klang wie eine echte
Britin, wenn man von der ungewohnt flachen Sprachmelodie
absah.
Von ihrem Sitzplatz aus beugte die Frau sich wieder über
Casey. »Ich glaube, dein Schienbein ist gebrochen«,
stellte sie fest. »Unter dem Sitz eingeklemmt… An
deiner Stelle würde ich den Hersteller verklagen.«
»Du kannst mich… kreuzweise«, sagte Casey
durch die zusammengepressten Zähne.
Die Frau sah nach draußen. »Kann ich jetzt
aussteigen?«
Batson nickte. Er deponierte die
»Maschinenpistole« auf dem Boden, wo sie schwach
schimmernd in ihrer ganzen Faszination liegen blieb, trat einen
Schritt weg davon und nickte der Frau zu. Batson machte seine
Sache nicht schlecht, fand Josh; er hielt die drei Eindringlinge
mit seiner eigenen Waffe in Schach, während er sich
unablässig vergewisserte, dass seine Kameraden jeden Winkel
unter Kontrolle hatten.
Die Frau hatte Schwierigkeiten, sich hinter den beiden
Vordersitzen hervorzuwinden, aber schließlich schaffte sie
es und stand im Freien auf dem steinigen Boden. Der zweite
Lenker, der Inder, kletterte auch aus dem flügellahmen
Vogel. Er hatte zwar die Hautfarbe eines Sepoys, dazu aber
blaue Augen und verblüffend rotblondes Haar. Offenbar trugen
alle Besatzungsmitglieder des Flugapparates diese sonderbare
Kleidung, die so unförmig war, dass sie die
Körperkonturen völlig verbarg. Außerdem hingen
ihnen seltsame Drahtdinger ums Gesicht. Das alles zusammen
bewirkte, dass die drei kaum mehr menschlich aussahen. »Ich
finde, es hätte böser ausgehen können«,
sagte die Frau. »Ich hatte nicht erwartet, nach diesem
Bruch auf meinen eigenen Beinen zu stehen.«
»Casey kann’s nicht, jedenfalls für einige
Zeit«, entgegnete der andere. »Aber diese Vögel
sind für harte Landungen der schlimmsten Sorte ausgelegt.
Sieh her – die Kapsel mit den Sensoren ist ganz
Weitere Kostenlose Bücher