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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Rotorantrieb herum, wobei sie Mühe hatten, die Arme
gegen die Zentrifugalkraft der immer rascheren Drehung ruhig zu
halten. Schließlich schafften sie es, den Motor
abzustellen, womit sich das Rotieren um die eigene Achse zwar
abrupt verlangsamte, doch ohne Antrieb befand sich der Vogel im
freien Fall.
    Der Erdboden unter dem Hubschrauber schien zu explodieren;
Bisesa sah die Details von Steinen und dürrem Gestrüpp
in unerwünschter Deutlichkeit größer werden und
im Licht dieser viel zu tief stehenden Sonne lange Schatten
werfen. Sie fragte sich eine Sekunde lang, welcher Fleck dieser
reizlosen Geröllhalde wohl ihr Grab werden würde. Aber
die Piloten machten es richtig: Im letzten Moment hob sich die
Front des Hubschraubers fast in die Waagrechte. Bisesa wusste,
wie wichtig das war – es bedeutete, dass sie drei den Vogel
lebend verlassen würden.
    Das Letzte, was sie sah, war ein Mann, der auf sie zulief und
eine Art Flinte auf sie gerichtet hielt.
    Dann schlug der Hubschrauber auf.

 
{ 5 }
DIE SOJUS
     
     
    Für Kolja begann die Diskontinuität schleichend
– mit einer ausgefallenen Funkverbindung, unbestimmten
Sichtungen, einem stillen Scheitern.
    Es war Zeit für die Raumfähre Sojus, von der
Raumstation abzukoppeln. Die letzten Hände waren
geschüttelt, die schweren Luken der Verbindungsschleuse
waren geschlossen, und obwohl die Sojus physisch immer noch mit
der Station verbunden war, war Kolja im Geist bereits weit weg
von dem um die Erde kreisenden Gehäuse, in dem er wiederum
drei Monate seines Lebens verbracht hatte. Jetzt trennte ihn nur
noch die kurze Heimreise – nicht mehr als vierhundert
Kilometer hinunter zur Erdoberfläche – von der
Rückkehr zu seiner jungen Familie.
    Koljas voller Name lautete Anatoli Konstantinowitsch
Kriwalapow. Er war einundvierzig Jahre alt, und diese
turnusmäßige Dienstzeit auf der Internationalen
Raumstation war bereits seine vierte gewesen.
    Kolja, Musa und Sable, die Besatzung der Fähre,
kletterten durch den Aufenthaltsraum der Sojus hinunter in die
Abstiegskapsel. Durch die dicken orangefarbenen Raumanzüge,
deren Taschen noch dazu prall gefüllt mit Souvenirs waren,
die sie vor den Bodencrews vorbeizuschmuggeln beabsichtigten,
waren sie in ihren Bewegungen stark eingeschränkt. Der
Aufenthaltsteil würde während des Wiedereintretens
abgesprengt werden und in der Erdatmosphäre verglühen;
daher war er randvoll mit Müll, den die Raumstation
loswerden wollte – von medizinischem Abfall bis zu
zerschlissener Unterwäsche. Sable Jones, einziges
amerikanisches Mitglied der Dreierbesatzung, machte den Anfang
und nörgelte laut in ihrer ungehobelten Ausdrucksweise:
»Scheiße, was ist hier eigentlich gelagert?
Kosakeneier?«
    Musa, der Kommandant der Sojus, warf Kolja stumm einen Blick
zu.
    Die Landekapsel war ein enges kleines Ding, in das drei Sitze
gepfercht waren. Sable war zwar für die Systeme der Kapsel
ausgebildet, aber da sie auf diesem kurzen Hüpfer
zurück zur Erde am ehesten als Passagier betrachtet werden
konnte, war sie die Erste, die sich in die Kabine
hinabließ, wo sie sofort auf den Sitz rechts der Mitte
krabbelte. Kolja folgte ihr. Da er beim Flug als Bordingenieur
fungieren sollte, war sein Platz auf dem linken Sitz. Die Kapsel
war so eng, dass er auf dem Weg zur gegenüberliegenden Seite
Sables Beine streifte, wofür er sich einen bitterbösen
Blick einhandelte.
    Und nun ließ sich Musa herabgleiten – ein
unförmiges hellorangefarbenes Paket, den Helm in der Hand;
aber er war auch ohne die diversen Schichten seines Anzuges ein
untersetzter Mann. Die Sitze standen so dicht beieinander, dass
die Beine der drei von den Knien abwärts aneinander gepresst
sein würden, sobald die Ruheposition eingenommen war. Als
Musa schwerfällig die Gurte anzulegen begann, stieß er
gezwungenermaßen gegen Kolja und Sable.
    Sables Reaktion war vorhersehbar. »Wo wird dieses Ding
eigentlich gemacht? In einer Traktorenfabrik…?«
    Das war der Moment, auf den Musa gewartet hatte. »Sable,
ich habe mir jetzt drei Monate lang dein ödes Gemecker
anhören müssen. Dagegen konnte ich nichts tun, du
hattest das Kommando da oben. Aber auf dieser Sojus habe ich,
Musa Chiromanowitsch Iwanow, das Kommando, und bis die Luken
geöffnet werden und die Bodencrew uns hier rausholt, wirst
du – wie sagt ihr Leute drüben in Amerika? – dein ungewaschenes Maul halten!«
    Sables Miene war versteinert.

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