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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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trug er einen immensen
Walross-Schnurrbart zur Schau – die umfangreichste
Gesichtszier, die Bisesa je außerhalb eines Ringkampfes
gesehen hatte.
    Die Hände in die Hüften gestemmt, blieb Grove vor
ihnen stehen und starrte sie mit funkelnden Augen an.
»Batson nannte mir Ihre Namen und den Rang, den Sie
behaupten innezuhaben.« Er hatte eine knappe, abgehackte
Sprechweise, die seltsam antiquiert wirkte; er klang wie der
Inbegriff des typisch britischen Offiziers in einem Film
über den Zweiten Weltkrieg. »Und ich habe diesen Ihren
Flugapparat besichtigt.«
    »Wir waren auf einem friedlichen
Erkundungseinsatz«, erklärte Bisesa.
    Grove hob eine leicht ergraute Augenbraue. »Habe Ihre
Waffen gesehen. Fabelhafte Art von
›Erkundungseinsatz‹.«
    Abdikadir hob die Schultern. »Dennoch sagen wir die
Wahrheit.«
    »Ich würde vorschlagen, dass wir nun besser zur
Sache kommen«, sagte Grove. »Zuvor möchte ich
Ihnen noch versichern, dass Ihr verletzter Mann, so gut es geht,
versorgt wird.«
    »Vielen Dank«, sagte Bisesa steif.
    »Also – wer sind Sie und was machen Sie in meinem
Fort?«
    Bisesa zog die Brauen zusammen. »Wir müssen nichts
sagen außer Namen, Rang, Dienstnummer…« Sie
verstummte, als sie Groves verblüffte Miene bemerkte.
    »Ich weiß nicht, ob unsere Kriegsordnung hier
angewendet wird, Bisesa«, wandte Abdikadir milde ein.
»Außerdem halte ich die Situation für so bizarr,
dass es am besten wäre, wenn wir alle ganz offen miteinander
sprächen.« Er warf Grove einen abwartenden Blick
zu.
    Grove nickte kurz. Er setzte sich an den Schreibtisch und
bedeutete ihnen mit einer geistesabwesenden Handbewegung, sich
wieder auf der Bank niederzulassen. »Angenommen, ich lasse
für den Moment die wahrscheinlichste aller
Möglichkeiten beiseite, nämlich dass es sich bei Ihnen
um eine bestimmte Sorte von Spionen für Russland oder seine
Verbündeten handelt, deren Auftrag in einer Destabilisierung
dieses Gebietes besteht. Vielleicht geht sogar der Verlust aller
unserer Verbindungen nach draußen auf Ihr Konto… Wie
gesagt, lassen wir dies für den Moment beiseite. Sie
behaupten also, von der britischen Armee vorübergehend
hierher versetzt worden zu sein, um für die Erhaltung des
Friedens zu sorgen. Nun, das Gleiche gilt für mich auch. Und
jetzt verraten Sie mir, wie Sie das erreichen wollen, indem Sie
mit diesem Ding durch die Luft wirbeln!« Sein Tonfall war
zwar brüsk, aber er wirkte nicht ganz so sicher wie
beabsichtigt.
    Bisesa holte tief Atem und umriss mit einfachen, kurzen
Sätzen die geopolitische Situation: das Unentschieden beim
Kampf der großen Mächte um das Erdöl der Region,
die komplexen lokalen Spannungen. Grove schien ihren
Ausführungen durchaus folgen zu können, selbst wenn ihm
das meiste davon sichtlich unbekannt war. Von manchen
beiläufigen Bemerkungen zeigte er sich dennoch höchst
überrascht: »Russland ein Verbündeter, behaupten Sie…? Lassen Sie mich erklären, wie ich die Situation hier sehe: Es gibt Spannungen, ohne
Zweifel. Die Spannungen bestehen jedoch zwischen
Großbritannien und Russland! Und meine Aufgabe ist es, die
Außengrenze des Kaiserreiches zu verteidigen und für
die Sicherheit des Maharadschas zu sorgen. So ziemlich das
Einzige in Ihrem kleinen Vortrag, das mir bekannt ist, sind die
Probleme mit den Paschtunen. Das soll keine Beleidigung
sein«, fügte er mit einem Blick auf Abdikadir
hinzu.
    Es war Bisesa unmöglich, das zu schlucken. Es fehlten ihr
die Worte, und sie begnügte sich damit, die seinen zu
wiederholen: »Der Maharadscha? Das Kaiserreich?«
    »Es scheint«, sagte Grove, »wir führen
hier zwei verschiedene Kriege, Leutnant Dutt.«
    Aber Abdikadir nickte gedankenverloren vor sich hin.
»Hauptmann Grove – Sie hatten während der
letzten paar Stunden Schwierigkeiten mit Ihren Verbindungen zur
Außenwelt?«
    Grove zögerte, offenbar unentschlossen, was er ihm sagen
durfte und was nicht. »Also gut – ja, so ist es. Wir
haben sowohl den Telegrafen verloren als auch, etwa seit Mittag,
den Heliographen. Seither haben wir keinen Pieps mehr
gehört, und wir wissen immer noch nicht, woran das liegt.
Wie steht es mit Ihnen?«
    Abdikadir seufzte. »Die Zeitpunkte stimmen nicht ganz
überein. Wir haben den Funkkontakt unmittelbar vor dem
Absturz verloren – vor ein paar Stunden.«
    »Funk…? Lassen wir das.« Mit einer
Handbewegung wischte Grove es beiseite. »Also haben wir es

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