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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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nur dazu da, ihn zu wärmen, wenn der
König fern war.
    Während er sich fertig ankleidete, sagte Hephaistion zu
Eumenes: »Erfüllt es dich mit Genugtuung, mich vor
Sorge um den König leiden zu sehen?«
    »Nein«, sagte Eumenes. »Auch ich habe Angst
um ihn, Hephaistion. Und nicht nur, weil er mein König ist,
nicht wegen der Katastrophe, die sein Verlust für unser
aller Leben wäre – nein, sondern weil er er ist. Das magst du glauben oder auch nicht, aber es ist
nichtsdestoweniger die Wahrheit.«
    Hephaistion fasste ihn scharf ins Auge. Er ging zu seinem Bad,
nahm einen Waschlappen und strich sich damit über das
Gesicht. »Ich zweifle nicht an deinen Worten, Eumenes.
Schließlich haben wir so manches gemeinsam durchgestanden,
indem wir dem König auf seinem großen Abenteuer
folgten.«
    »Bis ans Ende der Welt«, fügte Eumenes leise
hinzu.
    »Bis ans Ende der Welt, ja. Und nun, wer weiß,
vielleicht sogar darüber hinaus… Gib mir noch einen
Moment, bitte. Setz dich und nimm dir Wasser, Wein,
Obst…«
    Eumenes ließ sich nieder und griff nach getrockneten
Feigen. In der Tat, es war eine lange Reise, dachte er; und wie
seltsam, wie… enttäuschend, wenn sie hier, an diesem
trostlosen Ort so weit weg von der Heimat, enden würde.
     
    Während ihnen Soldaten aus der Eisenzeit Speerspitzen an
den Rücken hielten, kletterten Bisesa, Cecil de Morgan,
Korporal Batson und ihre drei Sepoy- Begleiterüber
eine letzte Hügelkette, und dann tat sich das Indusdelta vor
ihnen auf – eine weite Ebene, durchzogen von den
glitzernden Seitenarmen und dem breiten Band des trägen
Flusses. Am westlichen Horizont konnte Bisesa die Silhouette von
Schiffen auf dem Meer gerade noch ausmachen: Der Dunst über
dem Wasser legte sich wie ein Schleier davor.
    Die Schiffe sahen aus wie Triremen, dachte sie erstaunt.
    Direkt vor ihren Augen befand sich ein Heerlager. Am Ufer
entlang waren Zelte aufgebaut, und der Rauch zahlloser Feuer
ringelte sich zum Himmel. Einige der Zelte waren riesengroß
und hatten offene Fronten wie die Läden von
Straßenhändlern. Alles war in Bewegung, ein
allgegenwärtiges Getümmel. Man sah nicht nur Soldaten:
Auch Frauen waren zu erkennen, manche von ihnen schwer beladen,
dazu Kinder, die durch den Matsch rannten. Hunde, Hühner und
Schweine wühlten in dem nassen, aufgewühlten Erdreich
zwischen den Zelten. Außerhalb des Lagers befanden sich
Pferde, Kamele und Maultiere auf eingefriedeten Weiden; die
Schaf- und Ziegenherden trieben sich frei auf dem sumpfigen Land
herum. Alles und jedes, was Bisesa sah, war schlammbespritzt,
angefangen beim arrogantesten Kamel bis hin zum kleinsten
Kind.
    Trotz Matsch und Müdigkeit schien de Morgan freudig
erregt. Dank seiner »vergeudeten Erziehung« wusste er
bei weitem mehr als Bisesa über das, was hier vorging. Er
zeigte auf die offenen Zelte. »Sehen Sie dies? Von den
Soldaten wurde erwartet, dass sie sich selbst versorgten, und
daher gab es diese Händler – viele von ihnen
Phönizier, wenn ich mich recht erinnere –, die den
Heerzügen folgten. Es gab auch allerlei Märkte, ganze
Theater, ja selbst reisende Gerichtshöfe, die Recht
sprachen… Und bedenken Sie, diese Armee ist seit Jahren im
Felde. Viele der Soldaten haben unterwegs Frauen oder
Mätressen genommen und Kinder gezeugt. Dies ist wahrhaftig
eine reisende Stadt…«
    Die eiserne Spitze eines langen mazedonischen Speeres –
einer Sarissa, wie Morgan ihn genannt hatte – an
ihrem Rücken trieb Bisesa voran. Zeit zum Weitermarschieren.
Die Gruppe stapfte müde den Hügel hinab auf das Lager
zu.
    Bisesa gab sich Mühe, ihre Erschöpfung zu verbergen.
Auf Hauptmann Groves Ersuchen hin hatte sie sich zusammen mit
einem Erkundungstrupp auf den Weg gemacht, um den Kontakt mit
dieser mazedonischen Armee herzustellen. Nach einer tagelangen
Wanderschaft den Indus hinab hatten sie sich einer mazedonischen
Patrouille ergeben, in der Hoffnung, zu ihrem Kommandeur
geführt zu werden. Darauf waren sie etwa zehn Kilometer
weitermarschiert.
    Bald waren sie zwischen den Zelten angekommen, und Bisesa
musste ihre Schritte über aufgewühlten Schlamm und
zwischen Dunghaufen hindurch lenken. Der Tiergestank war
überwältigend. Alles hier wirkte eher wie ein
großer Bauernhof und weniger wie ein Militärlager.
    Fast augenblicklich fanden sie sich von Leuten umringt, die
Bisesas Fliegerjacke anstarrten, de Morgans korrekten Anzug und
die grellroten

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