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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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umspannt. Wir dürfen diese
Menschen keinesfalls unterschätzen.«
    »Das werde ich sicher nicht«, knurrte Sable
grimmig.
    Als sie sich dem Zentralpavillon näherten, fiel die
Präsenz der Soldaten immer stärker ins Auge. Kolja sah
Bogenschützen und Schwertträger, bewaffnet und
kampfbereit. Selbst diejenigen, die nicht im Dienst waren,
unterbrachen ihre Mahlzeit oder das Würfelspiel und
verfolgten die Gruppe und ihren Karren mit aufmerksamen Blicken.
Es mussten an die tausend Männer sein, die dieses einzige
Zelt bewachten.
    Sie hielten vor einem Eingangspavillon, der groß genug
war, um Skakatais Jurte in einem Stück zu schlucken. Eine
Standarte aus weißen Yakschwänzen hing über dem
Eingang. Es folgten weitere Verhandlungen, ehe ein Bote tiefer in
den Komplex geschickt wurde.
    Er kehrte mit einem hoch gewachsenen Mann zurück –
ohne Zweifel ein Asiate, jedoch mit verblüffend blauen Augen
–, der in eine aufwändig bestickte Weste und lange
Hosen gekleidet war und ein ganzes Team mitbrachte. Er
betrachtete die Kosmonauten und ihre Ausrüstung, strich mit
der Hand leicht über das Gewebe, aus dem Sables Overall
gemacht war, und kniff interessiert die Augen zusammen. Dann
unterhielt er sich kurz mit seinen Beratern, schnalzte mit den
Fingern und schickte sich an zu gehen, während Diener
bereits damit begannen, die Sachen der Kosmonauten
wegzutragen.
    »Nein!«, sagte Sable laut und deutlich. Alles in
Koljas Innerem krümmte sich zusammen, aber sie blieb
standhaft. Der hoch gewachsene Mann drehte sich langsam um und
starrte sie mit überrascht geweiteten Augen an.
    Sie trat an den Karren heran, griff sich eine Hand voll
Fallschirmseide und breitete sie vor dem Blauäugigen aus.
»Das gehört alles uns! Daruchatschi Tengri! Capito? Das bleibt bei uns. Und dieses Material hier ist
unser Geschenk für euren obersten Herrscher, ein Geschenk
vom Himmel!«
    »Sable…«, murmelte Kolja nervös.
    »Hör mal, wir haben wirklich nicht viel zu
verlieren, Kolja. Außerdem hast du mit diesem Gag mit den
Himmelsboten angefangen.«
    Der große Mann mit den blauen Augen zögerte. Ein
flüchtiges Lächeln überflog sein Gesicht, er
blaffte weitere Befehle, und einer seiner Leute rannte
zurück ins Innere des Komplexes.
    »Er weiß zwar, dass wir bluffen«, stellte
Sable fest. »Aber er weiß nicht recht, was er mit uns
anfangen soll. Kluges Köpfchen.«
    »Wenn er so klug ist, dann sollten wir uns
vorsehen.«
    Der weggeschickte Berater kehrte mit einem Europäer
zurück, einem kleinen Mann, der um die dreißig Jahre
alt sein mochte, doch in Anbetracht der üblichen
Schmutzschicht und des ungestutzten, verfilzten Haares und Bartes
war eine Schätzung schwierig. Er musterte die beiden
Kosmonauten mit flinken, kühl abwägenden Augen, ehe er
zu Kolja sprach.
    »Hört sich an wie Französisch«, sagte
Sable.
    Und das war es auch. Sein Name war Basil, geboren in
Paris.
     
    In einer Art Vorzimmer servierte man ihnen Speis und Trank
– scharf gewürzte Fleischstücke und so etwas wie
Limonade. Das Mädchen, das ihnen auftischte, war drall und
nicht älter als vierzehn oder fünfzehn, und sie trug
nicht viel mehr am Leib als ein paar Schleier. Auf Kolja wirkte
auch sie irgendwie europäisch, und nach einem Blick in ihre
leeren Augen fragte er sich, wie weit von ihrer Heimat man sie
wohl verschleppt hatte.
    Die Absicht des hoch gewachsenen Granden war bald klar: Basil
war bewandert in der Sprache der Mongolen und sollte als
Dolmetscher fungieren. »Sie haben die Vorstellung, dass
alle Europäer dieselbe Sprache sprechen«,
erklärte Basil, »vom Ural bis zum Atlantik. Aber in
dieser Entfernung von Paris muss man wohl Verständnis
für einen solchen Irrtum aufbringen.«
    Koljas Französisch war recht gut – eigentlich sogar
besser als sein Englisch, denn so wie viele russische Kinder
hatte er es als Zweitsprache in der Schule gelernt. Aber Basils
Version von Französisch – aus einer Epoche nur wenige
Jahrhunderte nach der Gründung der Nation selbst – war
schwer zu verstehen. »Es ist, als würde man Chaucer
treffen«, versuchte Kolja es Sable zu erklären,
ȟberleg einmal, wie enorm sich das Englische seit
damals verändert hat… nur dass Basil so ungefähr
ein Jahrhundert vor Chaucer geboren wurde!« Sable
hatte noch nie von Chaucer gehört.
    Basil war intelligent und hatte einen regen Geist –
vermutlich wäre er andernfalls nicht so weit gekommen,

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