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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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mit dem die
Mazedonier ihr Griechisch verunstalteten. »Sie machen aus
einem ch ein g und aus einem th ein d. Wenn sie ›Philipp‹ sagen, hört es
sich an wie ›Bilip‹…«
    Kurz nach Tagesanbruch sandte Eumenes, der königliche
Kanzler, einen Diener zu Bisesas Zelt, um den Fremden den
Entschluss des Königs mitzuteilen. Der Hauptteil der Armee
würde für den Moment hier im Indusdelta bleiben, doch
eine Abteilung von Soldaten – lächerliche tausend
Mann! – würde mit ihnen allen flussaufwärts nach
Jamrud ziehen. Bei den meisten dieser Soldaten würde es sich
um Schildträger handeln, jene Stoßtruppen, die bei
Unternehmungen wie nächtlichen Angriffen oder
Gewaltmärschen eingesetzt wurden – und denen
Alexanders persönliche Sicherheit anvertraut war. Auch der
König selbst würde auf die Reise mitkommen, zusammen
mit Eumenes und seinem Günstling und Liebhaber Hephaistion.
Die Aussicht, diese Soldaten aus der Zukunft in ihrer eigenen
Bastion zu sehen, faszinierte Alexander offenbar enorm.
    Alexanders Armee, abgehärtet von jahrelangen
Feldzügen, war bemerkenswert diszipliniert und brauchte nur
zwei Stunden, um die Vorbereitungen zu beenden und zum Abmarsch
zu blasen.
    Fußtruppen mit Waffen und leichtem Gepäck am
Rücken formierten sich. Jede Einheit – dekas genannt, obwohl sie normalerweise aus sechzehn Mann bestand
– hatte einen eigenen Diener und ein Packtier für die
schwerere Ausrüstung. Die Packtiere waren zumeist Maulesel,
aber es gab auch ein paar übel riechende Kamele. Zweihundert
von Alexanders mazedonischen Reitern würden die Infanterie
begleiten. Die Pferde waren sonderbar aussehende kleine Tiere;
Bisesas Telefon erklärte, es handle sich dabei um eine
europäische oder zentralasiatische Rasse. Wie auch immer,
sie sahen in den Augen von Menschen, die an den Anblick von
Araberpferden gewöhnt waren, ziemlich schwerfällig aus.
Außerdem hatten sie nur weiches Leder an den Hufen und
würden auf steinigem oder unebenem harten Boden rasch lahmen
und ausfallen. Und sie hatten keine Steigbügel!
    Diese klein gewachsenen, kräftigen Männer klammerten
sich mit den Beinen fest an die Flanken der Tiere und dirigierten
sie mittels tückisch aussehender Trensen.
    Bisesa und die Briten sollten mit den mazedonischen Offizieren
marschieren, die so wie ihre Truppen zu Fuß gingen –
und wie auch die Begleiter des Königs und die Generäle.
Nur der König selbst war seiner Verletzung wegen gezwungen,
auf einem kleinen Wagen zu fahren, der von einem Pferdegespann
gezogen wurde. Sein Leibarzt, ein Grieche namens Philipp, befand
sich bei ihm auf dem Wagen.
    Erst als das Militär sich in Bewegung gesetzt hatte,
wurde Bisesa bewusst, dass die tausend Soldaten mit ihren Waffen,
ihren Offizieren, Dienern und Packtieren nur den Kern der Kolonne
darstellten: Ein wirrer Haufen aus Frauen und Kindern,
Händlern mit ihren schwer beladenen Karren und sogar zwei
Hirten mit einer Herde knochendürr aussehender Schafe zogen
dahinter her. Nach einem Marsch von zwei Stunden erstreckte sich
dieser ungeordnete, zerfranste Zug über einen halben
Kilometer Länge.
    Diese Armee und ihre Ausrüstung durch die Wildnis
voranzubringen, stellte eine gewaltige Plackerei dar; doch
niemand begehrte auf. Sobald die Truppen, von denen einige schon
tausende Kilometer mit Alexander marschiert waren, ihren Rhythmus
gefunden hatten, setzten sie einfach immerzu einen schwieligen
Fuß vor den anderen und nahmen die Strapazen auf sich, so
wie alle Infanteristen zu allen Zeiten. Fußmärsche
waren auch für Bisesa und die britischen Soldaten nichts
Neues, und selbst de Morgan ertrug alles mit einer Fassung und
Entschlossenheit, die Bisesa widerstrebend anerkennen musste.
    Manchmal sangen die Mazedonier seltsame, wehmütige
Lieder, deren wunderliche Tonfolgen in Bisesas modernen Ohren
unmelodisch klangen. Diese Menschen aus der fernen Vergangenheit
wirkten immer noch absolut fremdartig auf sie: klein,
vierschrötig, kurzbeinig, lebhaft – fast wie eine ganz
andere Spezies.
    Wenn sich die Gelegenheit bot, beobachtete Bisesa den
König.
    Auf seinem herrlichen, gewichtig aussehenden goldenen Thron
sitzend ließ er sich, gekleidet in eine gestreifte,
gegürtete Tunika, von Pferden durch Indien ziehen, ein
goldenes Diadem über der purpurnen mazedonischen Kappe auf
dem Kopf, ein Zepter in der Hand. Viel Griechisches hatte
Alexander nicht mehr an sich; vielleicht war es mehr

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