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Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman

Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman

Titel: Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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groteske Parodie des Jüngsten Gerichts.

XIX
    Harry, Abdul und Geoffrey hatten sich die Vorführung aus einiger Entfernung entsetzt und fasziniert zugleich angesehen. Insbesondere der hölzerne Vogel am Himmel war ein schrecklicher, unnatürlicher Anblick.
    Doch als die Feuerfontänen aus dem Boden zu schießen begannen, wussten sie alle, dass etwas furchtbar schiefgegangen war. Sie gaben jeden Versuch auf, sich zu verbergen, und liefen zu der Gruppe, die vom Beobachtungspavillon kam.
    Sie trafen die anderen unweit des Eingangs zur Manufaktur. Die Explosionen hatten aufgehört, aber noch immer quoll Rauch aus dem Boden. Es kletterten keine weiteren Mönche zu den Luken heraus, und Harry fragte sich, wie viele an diesem Tag gestorben sein mochten.
    Diego Ferron, ein hochgewachsener, blasser Kleriker, war nicht zu verwechseln. Er hielt eine Frau an den Haaren gepackt, ein elendes, mageres Mädchen in einem schmutzigen weißen Gewand. Neben Ferron und seiner Gefangenen stand Grace Bigod. Sie war eine harte Frau von vielleicht fünfzig Jahren, mit rußverschmiertem, vor Wut verzerrtem Gesicht. Harry begegnete dieser entfernten Verwandten zum ersten Mal.

    Ferron schien überrascht, Abdul in Begleitung zweier Fremder zu sehen, aber sein Zorn überwältigte ihn. In einem Lateinisch mit starkem Akzent rief er: »Ruiniert! Zerstört! Die Arbeit von Jahrhunderten – verloren!«
    »Nicht verloren«, sagte Grace mit zitternder Stimme, »nur verzögert. Wir haben unsere Maschinen verloren, aber die auf dem Feld sind ja noch da, und wir haben die Entwürfe …«
    »Verloren wegen dieser christlichen Hexe!« Er zerrte das Mädchen an den Haaren und warf es zu Boden.
    Sie hob den Kopf und sah Harry direkt an. Ihre Haare fielen nach hinten und gaben ein zerschlagenes Gesicht frei.
    »Agnes!« Er hätte nicht schockierter sein können, wenn seine Schwester von den Toten auferstanden wäre. »Aber du bist doch in deiner Zelle in York.«
    »Offensichtlich nicht«, sagte sie. Ihre Stimme war ein Krächzen, und sie hustete, die Lungen voller Rauch.
    Grace sah Harry und Geoffrey an. »Wer seid Ihr?«
    Harry ignorierte sie und sprach mit seiner Schwester. »Und du – du hast diese Zerstörung verursacht?«
    »Du bist ein guter Mensch, Harry, ein guter Bruder«, flüsterte sie. »Aber du bist nicht stark genug, um das Erforderliche zu tun. Ich habe gebetet. Gott hat zu mir gesprochen. Meine Mission war klar. Dafür hat es sich gelohnt, aus meiner Zelle auszubrechen, nicht wahr?« Sie zwang sich zu einem Lächeln, und plötzlich sah sie aus wie damals, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war.

    Ihm brach das Herz, er trat vor. »Oh, Agnes …«
    Aber Ferron versperrte ihm den Weg. »Kommt nicht näher. Diese Hexe gehört der Inquisition. Nicht näher, sage ich!« Und er ließ seine behandschuhte Hand auf Harrys Kopf herabsausen.
    Die Welt verlor sich in Dunkelheit.

XX
    1489 n. Chr.
    In Sevilla war es kalt an diesem Februarmorgen, und ein schneidender Wind folgte dem Verlauf des Guadalquivir. Geoffrey war enttäuscht; er hatte damit gerechnet, zur Belohnung für diese höllische Reise zumindest sein englisches Blut aufwärmen zu können.
    Erleichtert trat er aus dem Freien in die große Kathedrale, wo er mit Abdul verabredet war.
    In der weihrauchgeschwängerten Stille kniete er nieder und bekreuzigte sich. Die Kathedrale war eine Kaverne aus Sandstein und Marmor. Sein Blick wurde zu dem gewölbten Dach emporgelenkt; es war erfüllt von einem goldenen Licht, das durch riesige Buntglasfenster hereinfiel, wie ein Vorgeschmack auf den Himmel. In England gab es nichts von dieser Größe. Die Kathedrale war ein Hort des Reichtums; sie war kostspielig, protzig, erhebend und erdrückend; und sie war mit Sicherheit ein Monument der uneingeschränkten Macht der Kirche in Spanien.
    Abdul Ibn Ibrahim empfing ihn gleich hinter dem Eingang. Sein Turban und der lange maurische Umhang wirkten in diesem christlichen Gebäude völlig deplatziert.

    Geoffrey begrüßte ihn. »Es überrascht mich, dass man Euch eingelassen hat.«
    Der Maure zuckte die Achseln. »Uns Muslimen ist der Zutritt nicht verboten. Vielleicht hoffen die Priester, dass mich die schiere steinerne Masse dieser Stätte bekehren wird.« Er grinste wie ein kleiner Buddha. »Ihr seid also wohlbehalten angekommen. Wie findet Ihr Spanien und Sevilla?«
    »Überwältigend. Wie diese Kathedrale.«
    Abdul schaute sich flüchtig um. »Ich finde das alles ein bisschen geschmacklos. Aber

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