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Die Zeitensegler

Titel: Die Zeitensegler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Gemmel
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»Jung und billig, sagst du.« Er ließ seinen Blick über das Deck und die Kajüte schweifen, über die Masten und den Bug. Und endlich rückte er mit der Frage heraus, die ihm gewiss schon auf der Zunge lag, seit er den Seelensammler zum ersten Mal gesehen hatte: »Was ist das für ein Schiff?«
    »Beeindruckend, nicht wahr!«, sagte Simon ausweichend.
    »Ich kenne nichts Vergleichbares.«
    »Gibt es auch nicht«, antwortete Simon schnell. Zum ersten Mal musste er nicht lügen. Etwas wie den Seelensammler gab es kein zweites Mal. Nirgendwo auf der Welt, zu keiner Zeit.
    Plötzlich wurde das Schiff von einem Vibrieren erfasst. Der Zenturio erschrak. Seine Soldaten zückten die Speere und blickten sich um, bereit, sich allem Feindlichen entgegenzustellen, das sich auf diesem Schiff zeigen mochte. Doch als dem ersten Rumoren kein zweites mehr folgte, gab der Zenturio ein Zeichen, und die Soldaten senkten ihre Speere wieder.
    »Nun, was für eine Art Schiff ist das?«, hakte der dicke Zenturio mit wachsendem Interesse nach.
    Lügen, fuhr es Simon durch den Kopf. Ich muss weiterlügen! Er konnte dem Zenturio nicht ansehen, ob er ihm bisher auch nur ein einziges Wort geglaubt hatte. Doch er hatte nicht die geringste Wahl.
    »Gewonnen!«, stieß er hervor. »Unser Befehlshaber hat es gewonnen. In einem Gasthaus an der afrikanischen Küste. Das war in … in … ach, gleich fällt es mir wieder ein. Wir wissen selbst nicht, wo es eigentlich herstammt. Durch ein Kampftrinken hat er dieses Schiff gewonnen. Der frühere Besitzer hatte ihn herausgefordert. Doch er konnte ja nicht wissen, wie trinkfest unser Anführer war. Der konnte Wein wie Wasser in sich hineinschütten und dann immer noch ein Schiff durch die engste Wasserstraße lenken und …« Oh Gott, dachte Simon nur. Was mache ich hier bloß? Das alles ist doch reinster Unsinn.
    Die Augen des Zenturio verengten sich. In seinem Kopf arbeitete es. Er zog die Augenbrauen zusammen und trat nun so dicht an Simon heran, dass kaum eine Speerspitze zwischen die beiden gepasst hätte. Und plötzlich stieß er Simon so heftig in die Rippen, dass der Junge rücklings zu Boden fiel, und dabei lachte er laut auf. »Ha, du gefällst mir, Bürschchen!«, brüllte er begeistert und schleuderte seine Spucke wieder über das ganze Schiff. »Dein Schiff gefällt mir. Ihr habt wohl schon einiges erlebt, was? Euer Befehlshaber scheint ja mächtig herumgekommen zu sein in der Welt. Schade, dass ich ihm nicht mehr begegnen konnte. So was wie ihn hätte ich gern kennengelernt. Stellt sich eine Mannschaft mit jüngsten Rekruten aus Asien, Europa und Afrika zusammen, die gerade mal so groß sind, dass sie über die Bordwand schauen können. Er erspielt sich ein solchesSchiff und dann zieht er sich auch noch einen solchen Knaben wie dich heran. Wirklich nicht schlecht.«
    Er hielt Simon eine Hand hin und half ihm wieder auf die Beine. Simon atmete erleichtert auf. Es war unfassbar, doch dieser Römer schien ihm all seine Hirngespinste abzunehmen. Dieser Mann war offenkundig so fasziniert von dem, was er zu hören bekommen hatte, dass er das Kampfgetümmel um sich herum völlig vergessen zu haben schien.
    Simon hingegen hatte nicht vergessen, weshalb sie hier waren. Die Sanduhr kam ihm wieder in den Sinn, und er hoffte inständig, dass dieser Römer ihn und die Zeitenkrieger jetzt nicht weiter aufhalten würden.
    Doch der Zenturio schien zunehmend Gefallen an der Sache gefunden zu haben. »Du bist deines alten Kapitäns gewiss würdig«, lachte er. »Steuerst dieses Schiff, als ob es eine Schaluppe wäre, und fängst dir einen Wilden ein, dessen Stamm euch angegriffen hat. Wunderbar.«
    Er zeigte erneut auf den australischen Jungen. »Ich habe von solchen Völkern gehört«, sagte er. »Unsere Truppen berichten immer wieder von Angriffen aus den Wäldern, wenn sie in Afrika einmarschieren oder auch in Asien. Und du nimmst dir einfach einen von denen als Andenken mit. Herrlich!«
    Simon blickte kurz zu den Zeitenkriegern, und es tat ihm gut zu sehen, wie sich auch ihre Gesichtszüge entspannten. Salomon zwinkerte ihm sogar verschmitzt zu.
    »So. Nun haben wir aber genug Zeit verschwendet. Wir werden euch und euer Schiff in den Hafen geleiten. Scipio wird begeistert sein. Ihr müsst wissen, dass Konsul Scipio gerade dabei ist, Karthago dem Erdboden gleichzumachen. Euch wird nicht entgangen sein, wie es um diese Stadt steht, oder?« Er lachtewieder, diesmal hatte sein Lachen jedoch einen harten

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