Die Zeitensegler
Beiklang. »Glaubt mir, nur noch wenige Tage, vielleicht nur noch diesen einzigen Tag, dann werden wir Roms Befehl erfüllt haben. Senator Catos Wunsch ist es, Karthago von der Landkarte zu löschen. Kein Stein soll mehr auf dem anderen bleiben. Es wird sein, als habe es diese Stadt nie gegeben. Ganz nach Senator Catos Vorstellungen und denen unseres prächtigen Konsuls Scipio. Wir – nun, wir wissen nur noch nicht, was wir mit den Besiegten machen sollen. Für das Getreide und für das Vieh haben wir ja Verwendung. Aber diese Karthager …«
Sein Blick verfinsterte sich von einer Sekunde auf die andere und Simon wich einen Schritt vor ihm zurück.
»Sie sind nicht einmal würdig, uns als Sklaven zu dienen. Ich hoffe, dass Konsul Scipio den Befehl gibt, sie einfach alle zu töten. Wir werden es ja erleben. Wer es bis heute Nacht nicht aus der Stadt schafft, der wird die Faust des römischen Imperiums zu spüren bekommen. Und es wird das Letzte sein, was er zu spüren bekommt!«
Simon dachte an Basrar und dessen Familie, und er wusste, dass ihnen keine Zeit mehr blieb!
Der Zenturio fasste sich jedoch schnell wieder und seine gute Laune kehrte zurück: »Nun denn, das muss euch ja alles nicht interessieren. Ihr werdet mein Geschenk an Scipio sein, wenn er hier seine Arbeit beendet hat.«
Er lachte wieder auf. »Und das wird, wie gesagt, wohl sehr bald soweit sein!«
Endlich ließ er von Simon ab und wandte sich seinen Soldaten zu: »Bringt dieses Schiff in das, was von Karthagos Hafen noch übrig ist. Und diese junge Mannschaft hier versorgt mir gut. Sie sind meine Gäste. Meine und die von Konsul Scipio. Ichkann mir vorstellen, dass er uns reich belohnen wird für diesen ungewöhnlichen Fang.«
Bei diesen Worten fingen die Gesichter der Römer an zu strahlen. Der Zenturio verließ derweil ohne ein weiteres Wort über die Holzbrücke den Seelensammler, suchte sich seinen Platz an Bord seines Schiffes und überließ alles Weitere seinen Legionären.
Die Quinquereme wendete und steuerte vor den Bug des Seelensammlers. Ein kräftiges Tau wurde gespannt und an beiden Schiffen vertäut: am Bug des Seelensammlers und am Heck der Quinquereme. So konnten die Römer den Seelensammler sicher in den Hafen ziehen.
Merkwürdig, dachte Simon. Hier finden kaum noch Kämpfe statt. Dabei liegt der Hafen doch direkt an der Stadt. Anscheinend mussten die Karthager das Hafengebiet bereits aufgegeben haben!
Das römische Schiff zog den Seelensammler durch die enge Durchfahrt zwischen den hohen Hafenmauern hindurch.
Simon sah sich bedrückt um. Kaum noch etwas erinnerte an den einst sagenhaften Glanz des Hafens. Alles glich einer einzigen Ruine. Die Häuser und Speicher aus Lehmziegeln waren zerstört. Nur noch Überreste ließen erahnen, wie wunderschön diese Anlage einmal gewesen sein musste.
Am Ende des rechtwinkligen Handelshafens befand sich eine zweite Passage, ebenfalls so eng wie die, durch die sie gerade gezogen worden waren. Simon konnte selbst von seinem erhöhten Platz aus, vom Dach der Kajüte, nicht erkennen, was sich in der neuen Durchfahrt befand. Einzig eine weitere hohe Mauer, die meterhoch aus dem Wasser ragte, war zu sehen. Sie war von Säulen und Bögen umsäumt.
Die Römer zogen den Seelensammler nun auch in diesen Seitenarm hinein.
Simon sah seinen Freunden auf Deck an, dass sie ebenso gespannt waren wie er und sich fragten, was sie dort erwarten würde. Je näher sie der Mauer kamen, desto majestätischer wirkte ihr Anblick, und desto mehr Einzelheiten offenbarten sich ihnen. Die Mauer war perfekt gefertigt. Allerdings war sie nicht schnurgerade, wie es zunächst den Anschein gehabt hatte, sondern wölbte sich nach außen. Zu ihren Seiten befand sich jeweils eine Wasserstraße. Gerade so breit, dass Simon den Seelensammler nur unter größter Konzentration hinter dem Römerschiff hindurchlenken konnte. Wenn er an der Bordwand gestanden und seine Hand ausgestreckt hätte, wäre es ihm möglich gewesen, mit seinen Fingerspitzen die riesige Mauer zu berühren.
Die Quinquereme zog den Seelensammler rechts von der Mauer entlang. Sie umrundeten einen Teil dieses Bauwerks und schließlich eröffnete sich Simon und den Zeitenkriegern ein erster Blick auf die karthagische Anlage. Sie waren in einem weiteren Hafen angekommen. Doch dieser hier diente keinesfalls dem Handel. Dies war eindeutig ein militärischer Hafen.
Er war kreisrund angelegt, und Simon erkannte nun, dass hier nicht zwei Wasserstraßen
Weitere Kostenlose Bücher