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Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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zusammenbrechen, und wie lange wird das Innuetornetz noch einigermaßen zufriedenstellend funktionieren? An der Oberfläche mag momentan trügerische Ruhe herrschen, doch darunter brodelt es gefährlich. Wenn jetzt in Rom Kämpfe ausbrechen, wird das wie ein Signal sein, das die Pforten der Hölle überall in Italia Superior bersten lässt. Ja, selbst die Provinzen, die bislang nicht von Unruhen ergriffen wurden, könnten dann in die Anarchie stürzen.«
    Krista stand vom Tisch auf, strich sich das weiße Seidenkleid glatt und ging hinüber zu einer Karte des Weströmischen Reiches, die mitten im Raum stand, auf ein weiß und goldfarben lackiertes Gestell aus kunstvoll geschnitztem Holz gespannt. Im Pergament steckten Nadeln mit roten Köpfen und markierten die Orte, an denen es bereits zum Aufruhr gekommen war.
    »Bisher ist nur ein begrenztes Gebiet betroffen. Und ich bin mir sicher, falls es uns gelingen könnte, die Bürger dieser Stadt dazu zu bewegen, friedlich in ihre Häuser zurückzukehren … dann würde das seine Wirkung auf den Rest des Reiches nicht verfehlen.«
    Marcellus trat neben Krista. »Ich hatte Rufus gewarnt. Wieder und wieder hatte ich ihm gesagt, dass die Haltung des Frankenkönigs gegenüber den Arianern schlimme Auswirkungen auf das Imperium haben könnte. Nun ist genau das eingetreten, was ich vorhergesagt hatte. Und mehr denn je bin ich der Ansicht, dass es kein Zufall ist, sondern Berechnung. Ich wünschte nur, wir wüssten mit Gewissheit, was Karl im Schilde führt. Wenn ich doch nur Nachricht von Andreas hätte …«
    »Meiner Meinung nach war es unverantwortlich von dir, Claudias Verlobten auf eine so gefährliche Mission zu schicken!«, sagte Krista mit scharfem Tadel. »Wie konntest du das nur tun? Mehrere oströmische Kundschafter sind im Frankenreich spurlos verschwunden, und das waren bestimmt Meister ihres Fachs. Was immer ihr Schicksal gewesen sein mag, wenn auch Andreas Sigurdius nicht mehr zurückkehrt, hast du deine Tochter für alle Zeiten verloren. Sie würde es dir nie verzeihen, und sie hätte recht.«
    Sie sah dem Präfekten streng in die ungewohnt müden Augen und ahnte, dass er sich dessen schon längst selber schmerzhaft bewusst geworden war.
    Um ihn nicht noch zusätzlich zu quälen, wechselte sie das Thema und fuhr nachdenklich fort: »Wenn die Franken jetzt wirklich angriffen … das Reich wäre wehrlos. Schlimmer noch, die Nicaeer würden die Franken möglicherweise sogar willkommen heißen. Was würde dann aus den Millionen Arianern werden? Und was aus Rom? Marcellus, ich habe nicht die Absicht, tatenlos zuzusehen, wie das Imperium nach so vielen Jahrhunderten doch noch in die Hände germanischer Barbaren fällt!«
    Marcellus Sator lächelte, was selten vorkam. Es amüsierte ihn, zu hören, wie eine sechs Fuß große, strohblonde westgotische Prinzessin die Franken als germanische Barbaren verdammte. Aber das Lächeln verflüchtigte sich rasch wieder, zu bitter war die Situation.
    Die Flügel der großen Tür öffneten sich fast lautlos, ein Bediensteter trat ein und teilte der Kaiserin mit, dass soeben die Gäste eingetroffen waren, die sie erwartete.
    »Ich lasse bitten«, antwortete Krista, und als der Diener wieder fort war, sagte sie grimmig lächelnd zu Marcellus: »Wirklich erstaunlich. Ich hätte nicht geglaubt, dass die beiden hohen Herren wirklich das Wagnis auf sich nehmen würden, die Sicherheit ihrer wohlgeschützten Paläste hinter sich zu lassen, um meiner Einladung Folge zu leisten.«
    »Einladung wird man das auch kaum nennen können. Eher schon einen Befehl«, erwiderte der Präfekt.
    »Das macht keinen Unterschied, Marcellus. Alleine das Resultat zählt, wie du sicher sagen würdest.«
    Wieder wurde die große Doppeltür geöffnet, und diesmal traten zwei Männer in den Saal. Der eine war mittleren Alters, mit einer leichten Neigung zur Korpulenz, gegen die er augenscheinlich einen ständigen Kampf führte. Sein an den Schläfen schon ergrauendes blondes Haar begann oberhalb der Stirn bereits deutlich zurückzuweichen, er wirkte sehr übernächtigt und seine blauen Augen schimmerten matt. Der andere war einige Jahre älter, seine wenigen verbliebenen Haare waren fast weiß und sein hageres, ernstes Gesicht mit aufmerksamen, dunklen Augen war von Sorgen gezeichnet. Beide trugen trotz der Hitze des späten Juli lange Mäntel, die ihre Körper vom Hals abwärts verhüllten. Als sie die Mitte des Raumes erreicht hatten, blieben sie in angemessenem

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