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Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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erlesenen Abendessen dem Legaten am Tisch gegenübersaß und für die Ehre der Einladung dankte.
    »Ihr braucht mir nicht zu danken, Andreas Sigurdius«, winkte der Legat freundlich lächelnd ab. »Eher müsste ich Euch meinen Dank aussprechen, denn es ist eine ungemein angenehme Ausnahme, einen Römer von Geist und Bildung zu Gast zu haben. Wenn Ihr wüsstet, welche Gesellschaft ich normalerweise zu ertragen habe, würdet Ihr mich gut verstehen. Es ist nahezu unmöglich, mit diesen Franken anspruchsvolle Konversation zu treiben. Von Literatur wissen sie nichts, ihre historischen Kenntnisse gehen über Chlodwig nicht hinaus, und ihr liebstes Gesprächsthema sind die Erträge der Schweineherden auf ihren Gütern. Überdies ist mir der Name Eurer Familie durchaus ein Begriff. Sagt, was bringt einen Ostgoten Eures Standes in diese unschöne Gegend der Welt?«
    »Gerade meine Herkunft, Legat. Mein Vater war der Meinung, der Sohn eines Grafen sollte die Stätten römischer Vergangenheit kennenlernen. Und welcher Ort wäre für den Beginn meiner Reise besser geeignet als Trevera, das einst Hauptstadt des Imperiums war?«
    Der Gesandte nickte bedächtig und nahm einen Schluck Wein aus dem aus grünem Glas geblasenen Rüsselbecher. »Ihr seid vermutlich ein wenig enttäuscht. Kaum etwas ist geblieben von der marmornen Pracht, die einst das Rom des Nordens auszeichnete. Wofür die Franken keine Verwendung hatten, das haben sie niedergerissen. Überlebt haben eigentlich nur der Palast des großen Konstantin, die Kathedrale und die Stadtmauer. Wisst Ihr denn bereits, welche Orte Ihr besuchen werdet, wenn Euer Aufenthalt hier beendet ist?«
    »Noch nicht genau. Aber ich denke, es gibt in der weiteren Umgebung Treveras durchaus interessante Ziele. Ich habe zum Beispiel viel von Aachen gehört …«
    Petrus Miles blickte Andreas mit leichtem Unverständnis an. »Aquae Granni? Nein, das dürfte sich nicht lohnen. Dort gibt es nur die Ruinen eines ehemaligen Legionsbades. Aber sonst ist dort nichts, was zu sehen die Reise wert wäre.«
    Nun hörte Andreas zum ersten Mal, dass Aachen auch einen Namen aus früherer Zeit hatte. Das hieß, das der Ort auf seiner Landkarte verzeichnet sein musste. Es ärgerte ihn, dass alle im Imperium gedruckten Landkarten stets nur die alten lateinischen Namen der einstmals römischen Städte verzeichneten, unabhängig davon, wie die jetzigen Bewohner sie zu nennen pflegten. Aber es war ohnehin ein Kreuz mit den Karten, die aus Gründen, die er nie verstanden hatte, sogar Ortschaften zeigten, die längst in den Stürmen und Wirren der Zeit versunken waren.
    »Ich danke Euch für diesen Hinweis, Legat«, sagte Andreas. »Ohne Euren Rat hätte ich die Reise umsonst gemacht. Und nun möchte ich Euch endlich sagen, wie sehr ich Euer Haus bewundere …«
    Andreas wechselte zu zwangloser Plauderei, um später unauffällig zu wichtigeren Themen kommen zu können. Schließlich durfte auch der Gesandte nicht von seinem Auftrag erfahren, denn es war nicht auszuschließen, dass er ohne böse Absicht im falschen Moment einige unbedachte Worte fallen lassen könnte und so Andreas’ Mission – und ihn selbst – in Gefahr brachte. So erfuhr der Ostgote, dass Miles sich nach dem Tod seiner Frau vor zehn Jahren um diesen Posten beworben hatte, fern von seiner Heimat Provincia, wo er ständig von traurigen Erinnerungen verfolgt wurde. Seine Erfahrungen mit den hohen fränkischen Beamten, die immer ein wenig bäuerisch-schwerfällig auftraten, amüsierten Andreas.
    »Nur Einhard«, sagte Miles voller Wertschätzung, »ist anders. Sein Geist ist kristallklar, seine Worte stets wohldurchdacht. Es ist ein Jammer, dass seine Talente hier verschwendet werden, im Dienste des analphabetischen Königs eines halbbarbarischen Volkes von Bauern.«
    »Ich habe, seit ich hier angekommen bin, den Namen des Oberkämmerers oft gehört. Ich habe fast den Eindruck bekommen, er würde die Geschicke des Frankenreiches viel eher lenken als König Karl. Oh, da fällt mir ein, in Rom gehen beunruhigende Gerüchte um, was das Verhalten des Frankenkönigs in jüngster Zeit betrifft. Aber ich vermute, dieses Gerede ist stark übertrieben.«
    »Wie recht Ihr doch habt. Sicher, Karl hat einige überraschende, ungewöhnliche Entscheidungen getroffen. Aber das ist nur menschlich. Er ist nicht mehr der Jüngste und hat vermutlich das Gefühl bekommen, der Nachwelt allzu blass im Gedächtnis zu bleiben. Wenn er die Verwaltung des Landes umgekrempelt

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