Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)
Heiligtümer zu schützen fähig ist. Je gewaltiger das Heer, mit dem wir Jerusalem dem Erdboden gleichmachen, desto größer die Demütigung. Ihr werdet dafür Sorge tragen, dass meine Befehle ausgeführt werden. Und nun geht, die Audienz ist beendet.«
Sich tief verbeugend verließ Meh-Adhar das Zelt. Draußen angekommen, hörte er noch das Lachen der Inderin, als er sich zum Gehen umwandte. Während er unter den teils bewundernden, teils furchtsam respektvollen Blicken der Soldaten durch die staubigen, in der Mittagshitze flirrenden Wege des Lagers ging, fluchte er innerlich über den Drang des Prinzen, seinem Vater gefallen zu wollen und ihm nachzueifern. Der General wusste, was das bedeuten würde. Er hatte es schon zweimal erleben müssen, dass die Schergen des Shahinshah seinen siegreichen Truppen auf dem Fuße gefolgt waren, um im gerade eroberten Gebiet den Willen des Herrschers zu vollstrecken, grausam und gnadenlos. So war es im indischen Mansura gewesen, und es hatte sich noch viel schlimmer in Qatarys wiederholt. Die Bewohner des kleinen Araberreiches hatten dabei sowohl für ihren lange zurückliegenden Abfall vom Perserreich büßen müssen wie auch für ihren christlichen Glauben, den Hormuzan aufs Tiefste hasste. Wenn Ardashir sich diese Blutbäder zum Vorbild nahm, war das Schicksal, das den Menschen in Jerusalem bevorstand, jenseits menschlicher Vorstellungskraft. Der General versuchte, nicht daran denken zu müssen, aber es war hoffnungslos. Zwei Mal hatte er durch seine Siege Massakern den Weg bereitet, und hilflos musste er erkennen, dass er gezwungen sein würde, es ein drittes Mal zu tun.
»Möge Ahuramazda mir verzeihen«, murmelte er und kniff die Augen zu.
14
In der Kakushöhle
Nahe dem Dorf Weyer
Obgleich er immer noch eine leichte Unruhe verspürte, war Andreas nun doch in einer völlig anderen Verfassung als bei seinem ersten Aufenthalt in der Höhle, als er den Ort in panischer Flucht verlassen hatte. Trotz Franklins geduldiger Versuche der vergangenen Tage, ihm das Prinzip der Zeitmaschine nahezubringen, musste er sich eingestehen, nichts davon verstanden zu haben. Doch immerhin betrachtete er den weißen Kegel nun mit ganz anderen Augen. Kein magischer Gegenstand, sondern ein Werk menschlichen Geistes stand da vor ihm, das wusste er jetzt. Dass er seine Funktionsweise nicht begriff, war dabei nicht von Belang.
»Auf die Idee mit der Höhle ist meine Kollegin Petra Casy gekommen«, sagte Franklin, während er ein kleines Kärtchen aus seiner Gürteltasche zog. »Wir brauchten einen Platz, wo nicht jeder Hirte auf der Suche nach einer entlaufenen Ziege durch Zufall über den TFG stolpern konnte. Weil die Sage vom furchtbaren Riesen Kakus, der hier drin angeblich leben soll, schon uralt ist, gab es eine gute Chance, dass auch in einer Parallelwelt die Menschen diesen Ort meiden würden. Außerdem ist er schön nah an Aachen … na ja, wir konnten ja nicht wissen, dass hier Trier die Hauptstadt ist. Achtung, aufgepasst!«
Er steckte das Kärtchen in den schmalen Schlitz in der Außenhaut des Kegels, und wo die dünne Fuge verlief, glitt lautlos eine Tür auf. Franklin genoss für einen Moment Andreas’ erstaunten Blick und stieg dann in die Zeitmaschine. Nach kurzem Zögern folgte ihm der Römer.
»Sieh dich ruhig ein wenig um!«, sagte Franklin einladend, während er ein kleines Fach öffnete. Andreas hätte der Aufforderung nicht bedurft, denn hier war alles von faszinierender Fremdartigkeit. Der gesamte, aus unsichtbaren Quellen hell erleuchtete Innenraum war mit einem gänzlich unbekannten weißen Material verkleidet, auf einer Seite gab es mehrere verschlossene Fächer verschiedener Größen. Gegenüber befanden sich zwei flach gepolsterte Sessel von eigentümlicher Form vor einigen mattgrauen, in die Wandverkleidung eingelassenen Glasscheiben. Auf einem tischartigen Bord vor den Sesseln waren zahllose kleine Objekte angebracht, darunter auch in Reihen untereinander angeordnete kleine erhabene Vierecke mit lateinischen Buchstaben und indischen Ziffern. Andreas stellte verwundert fest, dass die Schriftzeichen nicht etwa in der Reihenfolge des Alphabets angeordnet waren, sondern mit der Buchstabenfolge QWERTY begannen.
Noch während der Ostgote gefesselt die nie zuvor gesehenen Dinge betrachtete, hatte Frank verschiedene Objekte aus den Fächern in eine auf dem Rücken zu tragenden Tasche aus derber Jute gepackt. »Also, wenn du dich hier losreißen
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