Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
Kinn mit den schmutziggrauen Bartstoppeln, über dem sich die Haut wie Pergament spannte. Sein Kopf auf dem faltigen Hals wackelte wie ein Pendel hin und her, als er endlich krächzte: „Nun ja, einen Versuch könnte es wert sein.“
„Unser Anführer ist gestern auf der Jagd von einem angeschossenen Eber angegriffen worden“, brummte Willem und schob, sichtlich widerwillig, sein Schwert zurück in den Gürtel. „Einer der Hauer hat sein Bein aufgeschlitzt, und der Knochen ist gebrochen. Wir können nicht viel für ihn tun.“
„Wo ist euer Anführer? Ich kann ihn nirgends sehen.“
Dasselbe hatte Zacharias auch gerade gedacht. Willem deutete mit seiner verstümmelten Hand auf einen der flachen, mit Blättern und Tannengrün bedeckten Hügel.
„Da drin!“
Durch eine halbrunde, unter Zweigen versteckte Öffnung führten schlammige Stufen hinab in das Innere des Hügels. Also das war der Grund für diese merkwürdigen Wölbungen! Die Bande hauste in Erdlöchern, die sie mit Zweigen, Erde und Laub abgedeckt hatte!
Zacharias versuchte, in den Eingang hineinzuspähen, konnte aber nichts erkennen.
„Ich brauche Licht“, sagte Hanna. „Da drinnen ist es viel zu dunkel. Holt ihn heraus!“
Auf einen Wink des Alten stapften der Riese und Willem gebückt die glitschigen Stufen hinunter. Nur einen Augenblick später drang ein markerschütternder Schrei aus dem Erdloch.
„Passt doch auf, ihr verfluchten Taugenichtse! Wollt ihr mich endgültig umbringen?“
In der Öffnung erschien das gewaltige Hinterteil des Riesen, der sich rückwärts aus dem engen Eingang quälte und dabei Flüche ausstieß, von denen Zacharias nicht einmal die Hälfte verstand. Mit seinen Fäusten hielt er den Oberkörper eines vielleicht dreißig Jahre alten Mannes unter den Achseln gepackt.
Unter den tiefschwarzen Haaren wirkte das schmerzverzerrte Gesicht des Mannes mit dem verfilzten, ebenfalls schwarzen Bart noch bleicher, als es ohnehin schon war. Willem folgte dem Riesen schnaufend aus der Öffnung und hielt dabei die Beine des Mannes umklammert. Eine der Frauen breitete eine löcherige Decke vor dem Eingang des Hügels aus. Vorsichtig ließen Willem und der Riese ihre Last zu Boden gleiten. Der schwarzhaarige Mann stöhnte erbärmlich. Sein rechtes Hosenbein war abgerissen. Jemand hatte den nackten Oberschenkel mit zerlumpten Lappen umwickelt. Blut sickerte durch die Stofffetzen. Auf der Stirn des Mannes standen Schweißperlen, als er mühsam den Kopf von der Decke hob.
„Verflucht tut das weh“, stieß er zwischen den zusammengepressten Zähnen hervor. Sein Blick suchte den Alten. „Ich hoffe, du hast einen guten Grund dafür, mich von meinem Lager zu zerren. Sonst könnte ich auf die Idee kommen, dass du alter Dummkopf schon viel zu lange gelebt hast.“
Sein Atem ging rasch und stoßweise. Es war ihm anzusehen, dass er die Schmerzen kaum ertragen konnte.
„Beruhige dich“, antwortete der Alte unterwürfig. „Wir haben eine Heilerin hier. Sie wird dein Bein untersuchen.“
Erschöpft ließ der Mann sein Haupt wieder auf die Decke sinken. „Eine Heilerin? Wo ist sie? Ich will sie sehen!“
Hanna kniete sich neben ihn auf den Boden. „Hier bin ich. Mein Name ist Hanna.“
Der Verletzte betrachtete sie aus halbgeschlossenen Augen. „Du kannst keine Heilerin sein. Du bist viel zu jung.“
Statt einer Antwort löste Hanna geschickt die blutigen Fetzen, die um den Oberschenkel gewickelt waren. Tief aus der Kehle des Mannes drang ein gequälter Laut, doch er wehrte sich nicht. Ein Zittern ging durch seinen Körper, als Hanna die Ränder der tiefen Fleisc hwunde abtastete, die von der Leiste bis fast zum Knie reichte. Weißliche Knochenstücke stachen aus der Wunde hervor. Zacharias schloss die Augen. In den letzten Tagen hatte er eine ganze Menge erlebt, aber das hier war eindeutig zu viel.
Hanna legte die flache Hand auf die Stirn des Verletzten.
„Ihr habt Fieber. Und Euer gebrochenes Bein wird Euch am Leib verfaulen, wenn es nicht behandelt wird. Ihr solltet jemanden bitten, es Euch abzuschneiden. Vielleicht habt Ihr Glück und überlebt es sogar.“
Hanna stand auf, als sei sie mit dem Verletzten endgültig fertig und wischte sich die Hände an ihrem Umhang ab. Eine eisige Stille folgte ihren Worten. Zacharias Blick kreuzte den des Professors. Er wagte es kaum, Luft zu holen.
„Sollen wir das freche Weibsstück gleich jetzt aufhängen, hä? Das ist schneller gemacht als in den Wind gerotzt!“, brach der
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