Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Zeitreisenden in Callahans Saloon

Titel: Die Zeitreisenden in Callahans Saloon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spider Robinson
Vom Netzwerk:
Sie spielen, Jake?« erkundigte sich der Doc von seinem Platz in der ersten Reihe aus. Ich schob das Mikrophon zurecht, drehte meine Gitarre gerade soweit auf, daß sie die Konkurrenz mit dem Piano des Schnellen Eddie aufnehmen konnte, und gab dem Doc den Schwarzen Peter zurück.
    »Was möchten Sie denn gern hören, Doc?«
    »Wie wär‘s mit ›Ich habe Tränen in den Ohren, weil ich auf dem Rücken gelegen und den ganzen Abend um dich geweint habe‹?«
    »Quatsch«, unterbrach ihn Longdrink von der Bar aus. »Ich möchte ›Ich liebe die Veilchen so sehr, deshalb habe ich ihr eine geklebt‹ hören«, und ein paar von uns stöhnten auf.
    Doc Webster zeigte sich der Lage gewachsen. »Wie wär‘s mit dem Seilerlied, Jake?«
    Ich ergab mich in mein Schicksal. »Das Seilerlied?«
    »Klar«, strahlte der Doc. Er dirigierte ein unsichtbares Orchester und sang dazu: »Schling die Arme um mich, mein Schatz ...« Ein Regen von Erdnüssen ging auf ihn nieder.
    Callahan schob den rechten Lautsprecher zurecht, stützte die Hände in die Hüften und drehte sich um. »Spielen Sie das Kameralied, Jake.«
    »Ich habe Mattscheibe, Mike.«
    Mit einer Stimme wie ein Nebelhorn, das den Grundton sucht, begann Callahan: »Blende mich mit deinem Sucherblick ...«, und eine ansehnliche Menge Gläser landete gleichzeitig im Kamin. Einige davon waren noch halbvoll gewesen; das knisternde Feuer flammte hoch.
    In der kurzen Pause, die danach eintrat, meldete sich der Schnelle Eddie schüchtern zu Wort.
    »He, Jake, ich habe eine Idee.«
    »Gehen Sie vorsichtig mit ihr um«, grinste der Doc, »sie befindet sich an einem ungewohnten Ort.«
    »Was für eine Idee ist es denn, Eddie?« fragte ich.
    »Was ist, wenn wir die Nummer spielen, die wir den ganzen Nachmittag über geübt haben?«
    Ich nickte verständnisinnig und wendete mich den Zuhörern zu. »Stammgäste und Gentlemen«, begann ich, »als erstes möchten wir einen Song bringen, den wir gestern geschrieben haben. Wir haben versucht, den schwer faßbaren Geist, die uns allen gemeinsame Eigenschaft zu beschreiben, die uns in Callahans Bar zusammenführt. Irgendwie ist es ein Song über uns alle.
    Er heißt der Säufer-Song.«
    Als Eddies erste Töne die Buhrufe übertönten, schulterte ich meine Gitarre und sang:
    »Mein gut betuchter und reicher Verwandter war plötzlich abgekratzt und hatte mir Hunderttausende hinterlassen. Ein Freund und ich waren bereit, den Zaster flüssig zu machen um einmal zu sehen, wieviel unsere Gurgeln fassen. Wir begannen in der Stadt, nahmen einen Drink in jeder dreckigen kleinen Kneipe, war sie auch noch so mies. Ein Taxifahrer oben in Harlem fuhr uns fröhlich über den Fluß nach Brooklyn, wo er sich bis zum Rand volllaufen ließ. Wir schwankten ein wenig, als wir mit hundert Sachen im Rückwärtsgang zum Astoria fuhren. Doch wir schwankten viel mehr, als wir es verließen, denn da waren wir erst richtig auf Touren. Es gibt nichts Schöneres als einen Glücksfall begießen. Wir waren wie die himmlischen Wiesen. Wir wußten vor Bläue nicht mehr, wie wir hießen. Und wenn ihr mich fragt, ich bin immer noch blau.«
    Als wir den Refrain beendet hatten, wirbelte der Schnelle Eddie eine Wolke aus Gospel-Akkorden auf, die leicht zu meinem Solo überleiteten, ein paar komplizierte Doppelgriffe, über die ich mich gefühlvoll, aber nicht sehr präzise hinwegschwindelte. Als Eddie an der Reihe war, warf ich einen Blick in die Runde und stellte fest, daß alle friedlich beim zweiten Drink saßen. Überall strahlte mir ein freundliches Lächeln entgegen, als ich die zweite Strophe in Angriff nahm.
    »Wir fühlten uns prächtig, als wir weiterzogen, Whisky nuckelten und die Mädchen beguckelten. Doch im nächsten Saloon ging was schief. Jemand hatte was dagegen, daß wir an ihm vorbeizuckelten; seine Faust kam mit Schwung auf mich zu und schoß mich ins Eck, doch ich war so blau, daß ich nur sagte ›Mist‹. Dann kam die Enttäuschung, weil die Bullen erschienen, als ich ihm gerade mit ‘nem Stuhl zeigte, wer Herr im Hause ist, Doch die Cops nahmen uns nicht hopps, denn ich sprintete ins Scheißhaus und verschwand durch den Lüftungsschacht. Ich traf meine Kumpel draußen, wir ließen die Brüder sausen sind nur noch gerannt und haben gelacht. Es gibt nichts Schöneres, als einen Glücksfall begießen, wir waren so blau wie die himmlischen Wiesen, wir wußten vor Bläue nicht mehr, wie wir hießen. Und wenn ihr mich fragt, ich bin immer noch blau.«
    Diesmal

Weitere Kostenlose Bücher