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Die Zeitreisenden in Callahans Saloon

Titel: Die Zeitreisenden in Callahans Saloon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spider Robinson
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langte er bei mir an, schüttelte mir ernst die Hand und ließ sich von Tom Hauptman ein Glas Rye geben, für das er Tom den obligaten Ein-Dollar-Schein anbot.
    »Nein, danke, Mr. Finn«, lehnte Tom ab. »Mike ist der Ansicht, daß wir Ihr Geld nicht annehmen können.«
    Finns Lächeln vertiefte sich, aber er streckte weiterhin die Hand mit dem Geldschein aus. »Danke, Sir«, sagte er mit seinem komischen Akzent, »aber ich möchte wirklich lieber auf meine Art bezahlen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Wenn Sie menschlich sein wollen, Finn, müssen Sie lernen, Geschenke anzunehmen.«
    Er wurde ernst, steckte sein Geld ein und nickte. »Ja. Das fällt mir wirklich schwer, mein Freund. Ich darf Mr. Callahans Geschenk nicht zurückweisen, und dabei hat er mir das größte Geschenk gemacht, das es gibt – meinen freien Willen.«
    »Nehmen Sie‘s nicht so schwer, Finn«, unterbrach ich ihn. »Eine Menge Menschen lernen nie, ein Geschenk mit Anstand anzunehmen. Denken Sie nur an unsere Politiker.« Ich lehnte mich an die Theke und genehmigte mir einen Schluck
    Bushmill. »Kommen Sie schon, entkrampfen Sie
    sich. Sie befinden sich unter Freunden.«
    Finns Schultern entspannten sich, und er blickte sich um. »Einige von den Gästen sind mir fremd«, meinte er mit einer Handbewegung zur bunten Schar.
    »Auch mir sind etliche von ihnen fremd. Schlendern wir ein bißchen herum und lernen wir ein paar von ihnen kennen. Aber zuerst erzählen Sie mir von Ihnen. Wie geht es Ihnen in Kanada?«
    »Mir geht es gut und ich tue auch Gutes, glaube ich jedenfalls.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Jake, mein Freund, das Gebiet, in dem ich lebe, stellt eines der größten Paradoxa auf diesem Erdteil dar: der fruchtbarste Boden und die ärmsten Farmer. Ich verdiene mir nicht nur meinen Lebensunterhalt, sondern versuche auch, ihnen zu helfen.«
    »Und wie bewerkstelligen Sie das?« fragte ich interessiert.
    »Mit Kleinigkeiten. Ich sehe im infraroten Bereich besser als sie; ich kann den Boden mit einem Blick abschätzen, den Ertrag berechnen, die Feldfrüchte, die sie anbauen, viel besser beurteilen als sie, kann ihnen Vorschläge machen. Sie sind jetzt so weit, daß sie auf meine Meinung hören. In letzter Zeit habe ich immer wieder erwähnt, daß sie neue Methoden finden müssen, ihre Produkte besser an den Mann zu bringen. Ich mache nur langsame Fortschritte – aber eines Tages werden diese eingefrorenen Äcker viele hungrige Menschen ernähren – so hoffe ich jedenfalls.«
    »Das ist einfach großartig, Finn.« Ich schlug ihm auf den Rücken. »Ich habe ja gewußt, daß es dort Arbeit für einen Mann Ihres Schlages gibt. Kommen Sie, schließen wir mit ein paar Old-Timern Bekanntschaft.« Finn, der mit seinen Worten so sparsam umgeht wie manche Menschen mit ihrem Geld, nickte, und wir stürzten uns ins Gewühl.
    Ich entdeckte vier Tische, die man in der Nähe des Kamins zusammengeschoben hatte, und an denen der Doc, Sam Thayer und ein Haufen scheinbar Fremder in den unmöglichsten Verkleidungen saßen. Zu allem Überfluß stand auch Callahan in der Nähe – wir mußten also unbedingt dort anfangen. Ich steuerte Finn in diese Richtung, sammelte unterwegs ein paar Stühle ein und bedeutete Callahan, sich zu uns zu gesellen. Als er Finn sah, leuchtete sein Gesicht auf, und er nickte.
    Als wir uns setzten, sang einer der Fremden, der als Schäfer kostümiert war, gerade tieftraurig die letzten Takte von »Wer hat die schönsten Schäfchen?« und wurde mit Stöhnen und Buh-Rufen belohnt.
    »Spielen Sie lieber den Mann im Mond, Tony«, schlug Doc Webster vor.
    »Wo eine Wolle ist, ist auch ein Weg«, bestätigte Sam und stemmte sich in die Höhe, als wolle er flüchten. Einer der Jungen schob nachdenklich Sams Stuhl weg, und dieser landete etwas tiefer, als er vorgehabt hatte. Callahan klemmte sich den Kopf des Bären unter den Arm, trottete herbei und schnappte sich den Stuhl, und Sam landete prompt in Bill Gerritys Schoß. Das war komischer, als es klingt, weil Bill ein Transvestit ist und sich an diesem Abend auf Marilyn Monroe getrimmt hatte. Callahans Bar ist nicht das einzige Lokal, in dem Bill seine Eigenart ausleben kann, aber es ist bestimmt das einzige, in dem er keine unzüchtigen Anträge bekommt – er ist nämlich nicht schwul. Da Sam als Clark Gable erschienen war, war der Effekt großartig und löste beifällige Pfiffe aus. Einer der Gorillas in der Ecke blickte knurrend von seinem Blatt auf.
    Ich sah mich an unserem Tisch um

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