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Die Zeitreisenden in Callahans Saloon

Titel: Die Zeitreisenden in Callahans Saloon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spider Robinson
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daß sich der Bevölkerungszuwachs soweit in Grenzen hielt, daß Ihre Vitalität erhalten blieb, und ließen Sie im übrigen frei auf der Weide herumtollen. Die verschiedenen Epidemien bereiteten uns allerdings einige Schwierigkeiten – ehrlich gesagt, Sie sind keine sehr sauberen Tiere –, und schließlich beschlossen wir, Ihnen auf dem Gebiet der Medizin freie Hand zu lassen; das war einfacher, als alle paar Jahre eine Epidemie zu bekämpfen. Wir konnten ja noch immer auf einen Krieg als regulierenden Faktor zurückgreifen, und außerdem verfügten Sie über ausreichende Weidegründe.
    Vor ungefähr dreihundert Jahren verständigte man uns von Krundai aus, daß wir aktiv eingreifen und die Produktion steigern sollten. Man sah eine Lebensmittelknappheit voraus, und wir mußten darauf gefaßt sein, daß wir sehr bald den Befehl erhielten, die Herde zusammenzutreiben, die wir so lange gezüchtet und betreut hatten. Wir begannen daher, Nordamerika zu besiedeln.
    Wir verdreifachten unsere schon bisher laufende Propaganda für die Fortpflanzung, bevölkerten den Kontinent in erstaunlich kurzer Zeit und ermutigten Einwanderer durch massive Mundpropaganda über das glückliche Land jenseits des Ozeans, in dem Freiheit herrscht und die Straßen mit Gold gepflastert sind. Wir mußten ein bißchen Hokuspokus anwenden, damit England Sie nicht sofort in die Tasche steckte, aber wir hatten es schließlich – nach unseren Begriffen – eilig. Nachdem die erforderlichen Kriege über die Bühne gegangen waren, senkten wir zum Ausgleich die Sterblichkeitsziffer beträchtlich und begannen, unsere Bemühungen zu verstärken.
    Vor hundert Jahren erhielten wir den letzten Befehl. Seither haben wir Sie darauf konditioniert, sich gegenseitig abzuschlachten.«
    »Mein Gott, es paßt«, rief Bill Gerrity.
    »Und ob es paßt«, knurrte ich. »Nach tausenden Jahren von Geschichtsschreibung gelangen wir innerhalb von fünfundsiebzig Jahren vom Ford-Modell T zur Kobaltbombe und der Energiekrise. Von Branntwein zu den Rauschgiften. Von einer Nation, die ein junger Riese ist, zu einem müden alten Gauner. Von ...«
    »Hör auf, Jake«, unterbrach mich Callahan.
    Ich hielt wieder einmal den Mund. Callahan wandte sich Raksha zu und stützte die mächtigen fleischigen Pranken auf die Theke. »Sprechen Sie weiter«, forderte er ihn mit düsterem Blick auf.
    Der Krundai sträubte das Fell und verdrehte die Augen. Trotz meiner Wut begriff ich irgendwie, daß dies bei seiner Rasse ein Zeichen für tiefste Beschämung darstellt, erinnerte mich daran, wo ich mich befand und beruhigte mich langsam. Die Ruhe, mit der er gesprochen hatte, war verschwunden; er war sichtlich erschüttert.
    »Hört mich an, Menschen«, begann er. »Hört meine Sünden, hört alle Schändlichkeiten, die ich begangen habe, bevor ihr mich verurteilt. Es fällt mir nicht leicht, es euch zu erzählen, aber ich kann nicht anders.«
    »Sprechen Sie«, forderte ihn Finn leidenschaftslos auf.
    »Wir ... ich und die anderen ... sorgten dafür, daß ihr Wissen auf dem Gebiet der Physik explosionsartig wuchs, während wir die sozialen und Geisteswissenschaften erstickten oder unterminierten. Wir kurbelten Ihre Technologie an, bis sie den Gipfel fieberhafter Produktion erreichte, brachten Sie dazu, selbstmörderische Ethik und Kultur aufzubauen, gaben Ihnen Spielzeuge wie die Atombombe und die Lysergsäure: wir drückten einem Kleinkind ein geladenes Gewehr in die Hand. Wir haben Wahlen und Revolutionen manipuliert, Mordanschläge organisiert, die Regierungen dahin gebracht zu verkalken, bis die Völker es nicht mehr ertragen konnten, Unruhen entfesselt, Ihnen Medien geschaffen, die Ihnen täglich über die Zunahme der Krebsgeschwüre berichten, und alles getan, was in unserer Macht stand, um unter Ihnen Frustration und Entsetzen zu säen, die zwangsläufig zum Chaos führen mußten. Sie, die Rinder, sind schon beinahe bereit, sich selbst zu unserer Ernährung abzuschlachten.«
    »Das glaube ich nicht«, explodierte der Mann in der Feuerwehruniform. »Das ist verrückt, alles, was Sie sagen, ist verrückt, glatter Wahnsinn. Wollen Sie uns eigentlich auf den Arm nehmen?«
    »Er meint es ernst, Jerry«, stellte Callahan ruhig fest.
    »Er kann es unmöglich ernst meinen, Mike, haben Sie nicht gehört, was er alles erzählt hat? Sie glauben ihm doch nicht etwa?«
    »Jerry hat recht«, stimmte die Ente zu. »Der Kerl hat nicht alle beisammen.«
    »Idioten!« brüllte Raksha. »Sind Sie zu

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