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Die Zeitwanderer

Die Zeitwanderer

Titel: Die Zeitwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Welt.‹« Cosimo wandte sich abermals seinem Urenkel zu und erklärte: »Der Punkt ist, dass deine Freundin durch irgendeine unschuldige Handlung kleine und große verheerende Schäden anrichten kann, die sich auf dieses Universum und darüber hinaus auswirken.«
    »Dann sollten wir sie besser rasch finden«, meinte Kit. »So, wie ich Wilhelmina kenne, wühlt sie wahrscheinlich inzwischen ein ganzes Blumenfeld auf.«

ZWÖLFTES KAPITEL

    M acao verdorrte unter einer unerbittlichen Augustsonne, und die gleißende See lag glatt und regungslos in der Mittagshitze. Die großen Schiffe in der Austernbucht, die wenigen zarten Wolken am Himmel, die träge kreisenden Seevögel - sie alle spiegelten sich getreulich und detailgenau im Wasser unter ihnen. Und nichts davon entging dem verschleierten Blick von Wu Chen Hu, der auf einem niedrigen Schemel vor dem Eingang seines kleinen Geschäfts saß, welches sich oberhalb des Hafens in der Straße zum Weißen Lotos befand.
    Wu Chen Hu - ein kleiner, behänder Mann im ehrwürdigen Greisenalter - besaß eine untersetzte Gestalt, die in ein hellgrünes Seidengewand gehüllt war. Er lehnte sich gegen den karmesinroten Türpfosten, rauchte eine lange Tonpfeife und beobachtete, wie die wohlriechende Rauchfahne langsam zum Himmel emporstieg. Ab und an wandten sich seine Augen der Bucht zu, um einen vertrauten sommerlichen Anblick in sich aufzunehmen - wie etwa ein Segelschiff, das von seinem Begleitboot in den Hafen gerudert wurde. Während der flauen Sommersaison, wenn die Götter schliefen und das Wetter sich nicht rührte, gab es oftmals nicht genug Wind, um mit den großen Handelsschiffen in den Hafen hineinzusegeln. Daher mussten sie von ihren Mannschaften zum Ankerplatz gerudert werden, manchmal über eine Strecke von vielen Meilen hinweg.
    Bei dem Schiff handelte es sich natürlich um ein portugiesisches: eine große, vollbauchige Galeone mit drei Masten, die in den Himmel hineinzuragen schienen, und einem Bug, der wie ein gewaltiger Krummsäbel aussah. Sie war voll beladen mit Handelsgütern, sodass drei Ausschiffungsboote benötigt wurden, um die Ladung in die Bucht zu befördern. Die Segel an Masten und Spieren hingen reglos und schlaff herab. Bald würden die Hafenanlagen ihren Schlummer abschütteln und ihren Betrieb - den Transport von Waren aus den Laderäumen zur Küste - wieder aufnehmen. Zumindest für die nächsten paar Tage würde es Arbeit und Geld für die Lakaien in der Schiffswerft geben. Und vielleicht auch Arbeit für Chen Hu.
    Seemänner waren die Haupteinnahmequelle für Wus himmlisches Tattoo. Und portugiesische Seeleute leisteten den größten Beitrag zu Chen Hus bescheidenem persönlichem Wohlstand.
    Von seinem hohen Aussichtspunkt an der Straße zum Weißen Lotos beobachtete er, wie das Schiff langsam vor Anker ging und die Landungsstege ausgelegt wurden. Es gab ein hektisches Treiben auf dem Deck, während man das Frachtschiff vertäute. Nach einer kurzen Weile kam die Begrüßungsdelegation an: eine Gruppe, die aus dem Hafenmeister und seinen Assistenten, mehreren Zollbeamten, den Köpfen verschiedener zuständiger Handelshäuser sowie dem örtlichen Arbeitsvermittler bestand. Man würde nun den obligatorischen Austausch von Geschenken vornehmen, Reden verlesen, offizielle Dokumente vorlegen und unterzeichnen. Und dann - und nur dann - würden die ersten Reisenden die Erlaubnis bekommen, an Land zu gehen.
    Die pflichtbewussten Diener des Kaisers waren hochqualifizierte Bürokraten. Solche Zeremonien pflegten und verfeinerten die Künste der offiziellen Vernebelung und Verdunkelung. Diese wiederum dienten den jeweiligen Posteninhabern - vom höchsten, Zepter schwingenden Magistrat bis zum untersten Tintenkleckser -, ihre Position in der Hackordnung des Reiches zu schützen. Die Qing-Dynastie schwelgte in ihrer Bürokratie.
    Wu Chen Hu wusste alles über Bürokratie. Als einer der wenigen privaten Geschäftsleute, dem der direkte Handel mit ausländischen Teufeln erlaubt war, hatte er im Laufe der Jahre mehr als das übliche Ausmaß an offiziellem Interesse für seine Angelegenheiten auf sich gezogen. Von den Steuereintreibern bis zu den Gebäudeinspektoren - ein jeder kannte und respektierte das Haus Wu. Er achtete darauf, dass die richtigen Hände im richtigen Maße geschmiert wurden, um sicherzustellen, dass seine Geschäfte reibungslos und mit einem Minimum an Störungen liefen.
    Er rieb sich den Nacken, setzte zum Schutz für die Augen seinen

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