Die Zeitwanderer
hergekommen sind.«
»Wie bei den meisten Dingen im Leben kommt es auch hier auf den geeigneten Zeitpunkt an«, entgegnete Cosimo. »Leys sind natürlich ›zeitempfindlich‹, wie du inzwischen wissen solltest - und das gilt noch mehr für Portale wie den Black Mixen. Es würde einfach nicht funktionieren, wenn man vorzeitig dorthinaufstürmte und herumpfuschte.«
»Und die geeignete Zeit ist wann genau?«, fragte Kit, der wie immer das Gefühl hatte, überhaupt keine Ahnung zu haben.
»Sonnenaufgang oder -untergang - eins von beiden. Genau dann, wenn Tag und Nacht sich sozusagen in einem Stillstand befinden, werden die Portale am aktivsten; und in dieser Phase können Reisen zwischen den Dimensionen einfacher bewerkstelligt werden. Natürlich gibt es noch andere Wege und Mittel, doch ohne die erforderliche Übung oder die spezielle Ausrüstung ...« Cosimo zuckte mit den Schultern. »Am besten wartet man einfach.«
Kit lehnte sich in seinem Sitz zurück, während die zwei anderen Männer sich eifrig bemühten, ihre Beine zu strecken. Sie entschieden, dass ein Spaziergang um den Hügel genau das Richtige wäre, um die Lebensgeister zu aktivieren.
»Kommst du mit, Kit?«, fragte Cosimo.
Kit betrachtete den Kutscher, der auf seinem Sitz eingeschlafen war, und entschied sich zugunsten eines Nickerchens. »Ich bleibe hier und leiste dem Fahrer Gesellschaft. Ihr zwei macht einen Spaziergang und vergnügt euch dabei.«
»Wir sind bald wieder zurück«, erklärte Cosimo. »Geh nicht fort. Wenn es Zeit ist aufzubrechen, müssen wir alle bereit sein.«
Kit wickelte die Reisedecke fest um sich herum und zog sie bis zum Kinn. Er schloss die Augen, schlief bald darauf ein ... und erwachte wenig später vom Klappern und Plappern von Saatkrähen, die herbeischwärmten und sich auf den hohen Ästen der umstehenden Bäume niederließen. Kit richtete sich auf und sah sich um. Der Kutscher war verschwunden - zusammen mit den Pferden. Zweifellos hatte er sie zum Grasen weggeführt. Die Sonne stand als matter, verblassender, weit entfernter Punkt am westlichen Himmel; die Schatten waren bereits lang und recht dunkel. Die Luft war kühl, und es versprach, eine frostige Nacht zu werden.
Kit ließ seine Augen über den steilen Hang des nahe gelegenen Hügels wandern und erblickte zwei Gestalten, die zur Kuppe hochkletterten. Als sie oben ankamen, machten sie eine kurze Pause und verschwanden dann hinter dem Kuppenrand, sodass sie nicht mehr zu sehen waren.
»Typisch«, grollte Kit. »Sie haben mich vergessen und hier zurückgelassen.« Er sprang aus der Kutsche und begann die Steigung des von Menschenhand errichteten Hügels hochzuwandern. Das Gras war lang und ein wenig rutschig unter der Schuhsohle, was das Gehen anstrengend und ermüdend machte. Auf halbem Weg nach oben vernahm er ein Geräusch, das von einer leisen, stark nachhallenden Trompete herrühren mochte. Kit blieb stehen und wartete. Doch als danach nichts mehr passierte, stapfte er weiter den Hügel hoch. Als er schließlich den Rand der Kuppe erreichte, schnaufte er stark. Er hielt an, beugte sich vor und legte die Hände auf die Knie, um wieder zu Atem zu kommen. In dem Moment hörte er Stimmen - sie klangen laut und zornig. Er blickte hoch und sah vier Männer: Sir Henry und Cosimo sowie zwei grobschlächtige Fremde in langen schwarzen Mänteln und hohen Reitstiefeln. Ihrer Haltung nach zu urteilen, war es zu einer unvermuteten Konfrontation gekommen.
»Burley-Männer«, murmelte Kit. »Na, toll!«
Um besser sehen zu können, schlich er sich näher heran. Cosimo hielt einen kleinen silbernen Gegenstand in den Händen, der einer Glocke ähnelte. Kit vermochte keine Waffen zu entdecken. Wichtiger noch: Es gab keinerlei Hinweise auf das fleischfressende Maskottchen der Burley-Männer - den gefürchteten Höhlenlöwen. Dadurch, so schien es ihm, dürfte sich das Gleichgewicht der Kräfte etwas zu ihren Gunsten verschieben. Sie würden drei gegen zwei sein; und mit diesem Zahlenverhältnis sollten sie in der Lage sein, die Schlägertypen zu überwältigen oder zu vertreiben.
Zwischen Kit und den anderen standen die Trolle, die großen alten Eichen. Geduckt schlich er am Rand der flachen Hügelkuppe entlang. Dabei achtete er darauf, dass die knorrigen Stämme der altehrwürdigen Bäume sich stets zwischen ihm und den anderen befanden, und versuchte, so gut wie möglich außer Sicht zu bleiben. Als er näher kam, fing er einige Wortfetzen der Auseinandersetzung
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