Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Titel: Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Fuchs , John Goetz
Vom Netzwerk:
Dienste von Uwe Mundlos und lässt sich von ihm in seinem Auto chauffieren.

    Nach außen hin bleibt das Trio gelassen. Ungeachtet der Tatsache, dass Uwe Böhnhardt eigentlich seit über einem Monat zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt ist, treten die drei weiter auf Neonaziveranstaltungen in Erscheinung. Am Samstag, dem 24. Januar, reisen sie mit einer Gruppe Jenaer Kameraden nach Sachsen. Es ist kalt, es schneit. Trotzdem demonstrieren sie in Dresden mit 1300 anderen Nazis aus ganz Deutschland gegen die Wehrmachtsausstellung.
    Mundlos und Böhnhardt tragen an diesem Tag schwarze Bomberjacken, Zschäpe wärmt ihre Hände in den Taschen ihrer schwarzen Lederjacke. Das Trio läuft hinter einem roten Transparent mit der Aufschrift «Nationalismus – eine Idee sucht Handelnde» in einer größeren Gruppe mit, in der viele Demonstranten Thüringen-Flaggen schwenken.
    Neben Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe marschieren in Dresden auch Skinheads aus Chemnitz mit. Nach der Demo fährt das Trio zurück nach Jena. An diesem Sonntag ahnen die drei noch nicht, dass sich ihr Leben in wenigen Stunden radikal ändern wird.

[zur Inhaltsübersicht]
    Teil Drei
    Die Zelle
    20
    «… ab sofort wird Bombe mit Bombe vergolten»
    Max-Florian B. hat gerade seinen 20. Geburtstag gefeiert und ist noch neu in der rechten Szene von Chemnitz. Er arbeitet als Steinmetzgeselle, erst seit ein paar Monaten trägt er Bomberjacke und trifft sich mit Skinheads. Anfang des Jahres 1998 fragt ihn ein Neonazi, ob er nicht mit nach Ungarn kommen wolle am Wochenende, auf eine Demo nach Budapest und danach auf ein «Blood & Honour»-Konzert. B. hat Lust.
    «In dieser Zeit wurde ich zum Skinhead», sagt Max-Florian B. später. «Ich habe einen Freund, der Skinhead war, nachgeahmt und wollte dazugehören. Über ihn kam ich in die Szene. Ich fand das interessant, was der gemacht hat. Mich haben die Musik und das Provokante fasziniert, und ich war leicht beeinflussbar.»
    Mit einem Bus fahren die Skinheads aus Crimmitschau, Zwickau und Chemnitz nach Budapest. Hier findet jährlich um den 10. Februar der «Tag der Ehre» statt. In Gedenken an eine Schlacht zwischen der Roten Armee und ungarischen Truppen zusammen mit der deutschen SS im Jahr 1945 demonstrieren Neonazis aus ganz Europa auf dem Budapester Heldenplatz. Ungarische Demonstranten in grünen Uniformmänteln, Flecktarnhosen und Stahlhelmen marschieren neben englischen Skinheads und deutschen Neonazis mit schwarz-rot-weißen Armbinden um die schwarzen Hemden.
    Am Sonntag fahren B. und die sächsischen Skinheads zurück nach Chemnitz. Als sie abends ankommen, muss B.s Freundin ihm etwas beichten. Ein paar Stunden zuvor hat sie drei Thüringer Kameraden, die «Scheiße gebaut» haben, in seine Wohnung einquartiert. Hier schlafen die Gesuchten jetzt.

    «Ich wurde damals nicht richtig anerkannt in der Skinhead-Szene», sagt Max-Florian B. Die älteren Neonazis schauen ihn und seine Freundin Mandy schräg an, wenn er in Szenekneipen zur Tür hereinkommt. Er ist neu, die Alt-Skinheads respektieren ihn nicht. Die Nacht nach seiner Ungarnreise schläft B. bei seiner Freundin Mandy S. Auch die nächste Nacht und viele weitere Nächte. Viel später erst zieht er zurück in seine Wohnung. Es stört ihn nicht, dass die drei Thüringer, die er gar nicht kennt, jetzt in seiner Wohnung leben. Er freut sich, plötzlich Teil einer wichtigen Sache zu sein.
    B.s Wohnung in der Limbacher Straße ist ziemlich klein. Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe schlafen in einem Zimmer. Sie verlassen die Wohnung tagsüber nicht, trinken nie Alkohol. Es wird bundesweit nach ihnen gefahndet.
    Die drei haben sehr viel Zeit. Im Schlafzimmer der Wohnung hat Uwe Böhnhardt einen Funkscanner installiert, mit dem er den Polizeifunk abhören kann. Oft spielen die beiden Männer am Computer gegeneinander, am liebsten «Panzer-General», ein Strategiespiel, in dem man den Zweiten Weltkrieg aus Sicht der Wehrmacht nachspielen kann. Auch Beate Zschäpe und Max-Florian B. spielen manchmal mit.
    Uwe Mundlos entwirft am Computer aber auch T-Shirt-Motive. Die «T-Hemden» wollen sie in der Szene verkaufen, um an Geld zu kommen. Eines der von Mundlos gestalteten Bilder zeigt die Comicfigur Bart Simpson im Neonazilook. Darunter steht «Die Skinsons».
    Uwe Böhnhardt scheint zu dieser Zeit noch ein Verhältnis mit Beate Zschäpe zu haben, glaubt Max-Florian B. Er tritt selbstbewusst und autoritär auf, bevormundet Uwe

Weitere Kostenlose Bücher