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Die zerbrochene Uhr

Titel: Die zerbrochene Uhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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scheinbar zur Ruhe gekommenen Sack zu nahe, und als er den Kopf mit einem kleinen verdutzten Schrei wieder hob, lief eine dünne rote Schramme über seine Stirn.
    » So ein Teufelsbraten«, rief er, » vielleicht wäre es doch am besten, sie zu ersäufen, Mademoiselle Rosina.«
    » Nichts da.« Claes Herrmanns lachte. » Der Kerl hatte ganz recht: Was man bezahlt hat, gibt man nicht wieder her.«
    » Ich nehme Euch beim Wort.« Rosina sah stirnrunzelnd auf den Sack in ihrer Hand. » Es ist nämlich ganz unmöglich, daß ich sie mitnehme. Ich wollte sie tatsächlich gleich wieder laufenlassen. Die Krögerin hat schon drei, vielleicht auch vier, deren Junge ersäuft sie wahrscheinlich auch. Auf unseren Wagen ist kein Platz für eine Katze. So ein Tier braucht ein Haus, Monsieur Herrmanns. Am besten eines mit einem Hof und einem großen Stall. Katzen lieben Pferdeställe. Und Gartenhäuser. Hat Anne in Harvestehude schon eine Katze? Bestimmt gibt es dort schrecklich viele Mäuse.«
    Claes hielt es für überflüssig, daraufhinzuweisen, daß der ehemalige Besitzer die Katze gerade angeklagt hatte, niemals auch nur eine Maus zu fangen. Es würde sich schon ein Plätzchen finden. In der Tat waren die Herrmannsschen Ställe groß genug, und die Katzenfamilie, die dort schon seit vielen Generationen lebte, würde nach ein bißchen Gefauche gewiß ein weiteres Mitglied aufnehmen. Auch wenn sie ihm das Mäusefangen erst beibringen mußte. Und tatsächlich gab es im Herrmannsschen Gartenhaus in Harvestehude noch gar keine Katze. Er würde Elsbeth den Sack mit dem zappelnden Tier geben, das sich gewiß nur vor Hunger so schlecht benahm. Elsbeth fiel immer das Richtige ein.
    Wenig später sahen die Leute der Altstadt eine seltsame Prozession über die Zollenbrücke, den Grimm hinunter, an der Katharinenkirche vorbei und über die Jungfernbrücke zum Neuen Wandrahm marschieren: Vorneweg Claes Herrmanns, vertieft in ein ernstes Gespräch mit einer schönen jungen Frau, von der einige wußten, daß sie Rosina hieß und zu den Wanderkomödianten gehörte, die alle Jahre in die Stadt kamen. Hinter ihnen mit kurzen eiligen Schritten Weddemeister Wagner, in der rechten Faust am ausgestreckten Arm einen herabhängenden Sack, aus dem es mal leise mauzte, mal gefährlich fauchte. Und schließlich, bis er sie am Ende des Grimms endlich einholte, ein wenig hinter den dreien, danach mal neben Wagner, mal neben Rosina, ein kräftiger rothaariger Junge von vielleicht vierzehn Jahren, der den ganzen langen Weg zwar kein Wort redete, aber dennoch mit seinen Händen, seinem Gesicht, seinem ganzen Körper immer wieder Fragen zu stellen schien und zumindest von Rosina Antworten bekam.
    Tatsächlich war der Kaffee, den Elsbeth wenig später im Salon des Herrmannsschen Hauses servierte, erheblich besser als der in Jensens Kaffeehaus. Von ihren kleinen runden Vanillekuchen und den frischen Pfirsichen aus dem Harvestehuder Garten ganz zu schweigen. Den Sack mit der widerspenstigen Katze hatte Wagner gleich an der Tür Blohm übergeben, und der Hausherr hatte den alten Diener angewiesen, das Tier zu Elsbeth zu bringen. Blohm öffnete den Sack, in dem gerade nichts zappelte oder fauchte, und alle betrachteten das pechschwarze magere Geschöpf mit einem weißen Ohr, das aus grasgrünen Augen argwöhnisch zu ihnen hinaufstarrte. Blohm sah seinen Herrn an, als habe der ihm einen Sack voller faulender Lumpen überreicht und ihm aufgetragen, sie zum Abendessen zu servieren.
    » Eine Katze, Blohm, auch wenn sie wie ein kleiner Teufel aussieht. Es ist nur eine hungrige Katze«, hatte Claes gebrummt und nach Elsbeth Ausschau gehalten, um endlich den ersehnten Kaffee in Auftrag zu geben. » Du kannst sie auch gleich selbst zu Brooks bringen, im Stall ist genug Platz. Vorher sag Elsbeth, wir brauchen Kaffee, nicht zu wenig. Und Zitronenwasser. Ihr trinkt doch immer noch so gerne Zitronenwasser, Rosina?«
    Damit war er, gefolgt von Rosina und Wagner, die Treppe zur Galerie hinaufmarschiert und im großen Salon verschwunden. Muto war schon gleich von der Straße durch den seitlichen Gang im Souterrain zum Hof und in den Stall gelaufen, wo er, wie Blohm ihm versichert hatte, Niklas bei den Pferden finden werde.
    » In Eurer Stadt wird erstaunlich viel gemordet«, sagte Rosina, als Kaffee und Zitronenwasser, Obst und zarte Kuchen auf dem Tisch standen, und zerkrümelte ein Stück des süßen Backwerks über ihrem Teller. » Nun sogar in der Gelehrtenschule. Habt Ihr

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