Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt
sich zu seinem Platz im Nacken der Drachenkröte und änderte den Kurs.
Tumba landete butterweich. Sie schmiegte sich in eine Mulde, die an drei Seiten von Nadelbäumen umschlossen wurde. Mit ihren Flossenbeinen wirbelte sie eine gelbe Staubwolke auf. Der sich legende Wüstensand verwandelte das Tier in eine lebende Düne.
Wegen der perfekten Tarnung beschloss Taramis, sie nicht wieder ins Meer hinauszuschicken, wo Allon bereits jagte. Sie hatte während der Reise genug gefressen, um hier wochenlang auszuharren. Pyron könne sich mit ihr beschäftigen, erklärte er dem jungen Heißsporn. Das sei eine gute Geduldsübung. Vielleicht werde so aus dem Feuer- ein Krötenbändiger.
Als die Sandwolke sich ganz gelegt hatte, wurde für alle spürbar, was sich aus der Ferne schon erahnen ließ. Die Luft war schwer von blauem Dunst und roch stark nach Räucherware, ein würziger, doch nicht unangenehmer Duft.
Nachdem alle Zeridianer abgestiegen waren, unterbreitete Taramis seinen Plan. »Wir machen es wie auf Debir. Marnas, Gabbar und ich gehen in die Stadt und versuchen, diesen Jagur zu finden. Ihr anderen schlagt hier am Waldrand ein Lager auf.«
»In Debir war ich aber mit von der Partie«, meldete sich Zur zu Wort.
»Da haben wir auch Asor gesucht und brauchten einen Lauscher. Hier geht es um einen Kirrie, der auf der Insel für seine Leute einkauft und sich hoffentlich laut und deutlich artikulieren kann. Ich will ihn nicht mit einem Truppenaufmarsch verschrecken.«
»Und dann nimmst du Gabbar mit?«
Taramis bedachte Zur mit einem ernsten Blick.
Der hob abwehrend die Hände. »Schon gut. Hab’s ja nur mal sagen wollen.«
Kurz darauf machte sich Taramis mit seinen zwei Begleitern auf den Weg. Es war später Vormittag und sie marschierten etwa zwei Stunden bis zum Stadttor.
Marnas hatte vor Jahren einmal eine Bande Tempelräuber bis auf diese karge Scholle verfolgt. Sie war in mancher Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung in der Scherbenwelt. Das begann schon beim trocken-heißen Klima. Die meisten anderen Inseln der Äußeren Region waren eher kühl, manche sogar von ewigem Eis bedeckt. Hier bestimmten größtenteils Steppen und Wüsten das Bild. Nur an den Randzonen, die an das Ätherische Meer grenzten, gab es fruchtbarere Landstriche. Für Reisende war diese Lage wegen der Nähe zum Weltenozean sehr günstig. Nicht zuletzt aus diesem Grund hatten die frühesten Siedler vor vielen Jahrhunderten hier ihre erste Stadt gegründet, die inzwischen quirlige Metropole Dunis.
Die Insel war kein Königreich. Ein Bürgerrat lenkte die Geschicke Duns. Auf ihr blühte der Freihandel. Jedes Volk von Berith hatte hier eine Handelsvertretung oder ein Konsulat, in den meisten Fällen sogar beides. Es hieß, auf Dun könne man alles kaufen, Wein aus Debir, Wollmäuse aus Gan und jede Art illegaler Handelswaren. Es war sicher kein Zufall, dass sogar das Piratenvolk der Kirries hier einen Außenposten unterhielt. Wahrscheinlich hatten sie Bedürfnisse, die sich mit Freibeuterei allein nicht befriedigen ließen.
Das Betreten der Stadt bereitete Taramis und seinen Gefährten keinerlei Schwierigkeiten, obwohl sie offen ihre Schwerter und die Kirrieaxt trugen. Nur seinen Schild hatte er zurückgelassen. Um durch die Kiemenspalten im Nacken nicht sofort als Zeridianer aufzufallen, öffneten sie einmal mehr die Zöpfe.
Dunis war ein Schmelztiegel aller berithischen Völker und Kulturen. Auch ziemlich viel Gesindel habe hier einen Unterschlupf gefunden, warnte Marnas, während er seine jüngeren Begleiter durch die Gassen führte. »Es heißt, nirgends in der Welt gebe es so viele Beutelschneider wie hier.«
Unwillkürlich umklammerte Taramis seinen Stab fester.
Sie durchquerten gerade eine Straße, in der sich ein Laden an den nächsten reihte. Die Händler präsentierten ihr Warenangebot gewöhnlich auf Tüchern, die sie einfach vor den Häusern auf dem Pflaster ausbreiteten. Allerlei Kurioses sprang ihm ins Auge, Schrumpfköpfe etwa oder tausendjährige Eier. Die meisten Auslagen zeigten Waren des täglichen Gebrauchs: kupfernes Kochgeschirr, Weinfässer, Vogelkäfige (mit und ohne Vögel), Metfässer, Essigfässer, Kleiderständer, Gurkenfässer, Hüte, Butterfässer, Waffen, leere Fässer, Foltergerät, Ameisen …
»Ameisen?«, wunderte sich Taramis und blieb vor den feinmaschigen Käfigen stehen, in denen es von den daumengroßen Insekten nur so wimmelte.
»Grasschneiderameisen«, erklärte ein kleiner Händler
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