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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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kann ihn nicht halten. Bin zu schwach …«
    Im nächsten Moment entdeckte Taramis den Seher. Er war über den Rand gefallen. Ein Pfeil hatte ihn an der Schulter getroffen. Im Sturz bewegte sich Veridas noch. Dann schlug er im Gras auf und blieb reglos liegen.
    Taramis presste sich die Faust an die Lippen. Er hatte Veridas auch nicht helfen können. Seine Kräfte waren ebenso erschöpft wie die seiner Getreuen. Hatte er ihnen zu viel abverlangt?
    Zwei weitere Pfeile zischten an ihm vorbei.
    »Alle in Deckung!« Wieder war es Marnas, der die Gefährten warnte.
    Taramis ließ sich wie betäubt auf den Nacken der Drachenkröte herabsinken. Dumpf pochte in ihm der Zorn. Mit einer letzten Willensanstrengung rief er im Geist seinen geflügelten Gefährten.
    Allon, schnapp dir das Nakilep! Es hat unsere Freunde getötet .
    Das Mamogh bestätigte abermals den Befehl und stürzte sich auf die kleine Schwallechse. Sie war ungleich wendiger als ihr größerer Jäger, doch Allon verfügte über große Kraftreserven. Jedes Mal, wenn das Nakilep einen Haken schlug, flog sein Verfolger eine kaum minder enge Wende und setzte gleich wieder nach. Währenddessen stieg Tumba immer höher hinauf.
    Unerwartet meldete sich vom Schildrand erneut die Stimme des Hüters. Sie klang leise und bedrückt. »Taramis!«
    Der Gerufene richtete sich träge auf. Der Pfeilbeschuss von der Wiese war verebbt. »Was gibt’s?«
    »Aragor … Er ist tot.«
    Taramis stieß einen erstickten Schrei der Verzweiflung aus. Zornig blickte er zum Nachthimmel auf, wo er den Schuldigen am Tod seiner Gefährten wähnte.
    Doch Allon kreiste allein vor dem All.
    Reghosch war verschwunden.
    Um neue Kräfte zu sammeln.

Der nächtliche Rat
    A sor spaltete mit seinem Fischkopfschwert ein Tischlein. Er war außer sich vor Zorn. »Die Palastgarde leckt ihre Wunden. Hätte ich unsere Krieger rufen können, wären die Zeridianer uns nicht entkommen.«
    »Sie wären längst auf und davon gewesen. Davon abgesehen habe ich dich etwas anderes gefragt«, sagte Natsar ruhig. Er ließ sich vom Gehabe des jungen Feuerkopfes nicht beeindrucken, sah ihn nicht einmal direkt an. Leidenschaftslos betrachtete er das zerlegte Möbelstück. Es gehörte zur verspielten Ausstattung der Privatgemächer Lebesis. Auf den Verzehr ihres Herzens hatte Natsar verzichtet. Immerhin war sie die Mutter seines Sohnes. Ihr Leichnam, wie auch die der anderen Toten, war inzwischen entfernt worden.
    Asor zog eine Grimasse. Die blutverkrustete Schnittwunde, die Taramis ihm mit einem Pfeil beigebracht hatte, platzte wieder auf. Aber das störte den wütenden Seelenfresser nicht. »Woher soll ich die Pläne des Tempelwächters kennen?«
    Natsars Blick wanderte zu Og. »Weißt du etwas, Stiefsohn?«
    Der Halbwüchsige zuckte zusammen, als treffe ihn die Erkenntnis, mit einem fischköpfigen Menschenfresser verwandt zu sein, wie ein Donnerschlag. Wie ein Fleischklops in einem Blätterteigmantel saß er in einer Rosette von bunten Seidenkissen; an seiner Seite verharrte reglos der Oberpriester. Seit Beginn der nächtlichen Lagebesprechung hatte der Kronprinz keinen Mucks von sich gegeben, sondern nur auf das Licht einer Öllampe gestarrt, als wolle er es hypnotisieren. Jetzt richtete er seine Augen auf irgendeinen Punkt am Boden zu Füßen des Königs. Mit bebender Eunuchenstimme hauchte er: »N-n-ein. Mutter hat mich doch weggeschickt. I-ich war den ganzen Nachmittag hier.«
    Natsar blickte den Kahlkopf neben dem fetten Jungen an. »Und Ihr, Eglon? Was wisst Ihr über die Pläne des Tempelwächters?«
    Der oberste Priester von Komana hatte bisher so wenig zum Gespräch beigetragen wie der Junge. Er glich mehr der Statue eines im Schneidersitz meditierenden Mystikers als einem lebendigen Menschen. Jetzt wurde sein glasiger Blick etwas klarer. Verwirrt blinzelte er den König an, als habe der ihn mit seiner Frage aus dem Schlaf geweckt.
    »Taramis«, setzte Natsar hinzu.
    »Taramis?«, echote der Priester. Seine Stimme klang heiser wie bei einem Betrunkenen, der an den Nachwirkungen des letzten Vollrauschs litt. Diese dumpfe Orientierungslosigkeit war völlig normal. Der Laich eines Antischs blockierte kurz nach der Eiablage das Bewusstsein des Wirts. Bis die im Unterbewusstsein wurzelnden Reste des Willens ganz abgestorben waren, konnten manchmal Tage vergehen. Bald, das wusste Natsar, würde der Glatzkopf so denken und fühlen wie er. Und in nicht allzu ferner Zukunft besäße die in Eglon reifende Brut auch die

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