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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Geißel aus der Hand und schlenderte damit zu dem Hüter. »Falls du meinst, mich zu unbedachten Worten provozieren zu können, dann war deine Mühe umsonst. Der Name dieses Ortes ist kein Geheimnis. Bald schon wird es dir jeder zeridianische Hund hier entgegenbellen: ›Wir sind auf Zin gestrandet, der Insel der Verdammten.‹ Und nun werde ich dir dein loses Maul stopfen.« Er holte mit der Peitsche aus, um sie Marnas ins Gesicht zu schlagen.
    Blitzschnell fuhr Taramis’ Rechte nach vorn, fing die sieben Riemen aus der Luft und riss dem Dagonisier die Geißel aus der Hand. Achtlos warf er sie fort, trat vor Marnas und funkelte den Kommandanten wütend an.
    Der Antisch ballte die Fäuste und seine Barteln zuckten angriffslustig. Einen Moment lang sah es so aus, als wolle er seiner Autorität mit Gewalt Geltung verschaffen, doch dann grinste er nur. »Ihr zwei seid von Todessehnsucht getrieben, was? Eigentlich müsste ich euch auf der Stelle niederstrecken, aber das wäre eine zu große Gnade. In den Minen wird euch die Aufsässigkeit schon bald vergehen.« Er wandte sich seinen Soldaten zu und befahl, die Zeridianer in ihre Quartiere zu bringen.
    »Das war knapp«, flüsterte Taramis. Ihm war schwindelig.
    »Jetzt wissen wir aber, dass dem bleichen Fischkopf die Hände gebunden sind. Ich vermute, Natsar will uns lebend haben«, entgegnete der Hüter ebenso leise. Er lächelte mitleidig. »Du siehst grauenhaft aus.«
    »Danke. Sich stark zu geben, wenn man es nicht ist, kostet viel Kraft.«
    »Im Interesse unserer Sache sollten wir uns von jetzt an etwas mehr Zurückhaltung auferlegen. Um deine Verletzung kümmere ich mich später.«
    Taramis nickte.
    Über Leitern stiegen die Gefangenen von der Drachenkröte. Im Schatten des Kolosses mussten sie zum Appell antreten und durchzählen. Niemand fehlte. Anschließend trieben die Feuermenschen sie in Zweierreihen aus der Senke. Schon nach wenigen Schritten verhüllte eine Sandwolke die Sicht.
    »Alle stehen bleiben. Wer sich rührt, stirbt«, brüllte ein Antisch.
    »Unser Schildkrötlein macht sich im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Staub«, raunte Marnas.
    »Sie wollen uns an der Flucht hindern«, gab Tamaris ebenso leise zurück.
    »Ist dir aufgefallen, dass der Staub blau ist?«
    Er hob die gefesselten Hände dicht vor die Augen. Tatsächlich! Die feinen Körnchen waren nicht etwa anthrazitfarben, wie er angenommen hatte, sondern tiefblau.
    Nachdem sich das Gewirbel gelegt hatte, marschierte die Kolonne weiter. Einem Riesenwurm gleich kroch sie zunächst einen felsigen Hang hinauf und danach in ein schmales Tal hinab. Trotz der Hitze gaben die Bewacher ein unbarmherziges Tempo vor. Wer nicht spurte, bekam die »Katze« zu spüren. Wenn einer stolperte, setzte es ebenfalls Schläge. Und sollte einer fallen, drohte der Blasse, dann werde er nie wieder aufstehen. Dieses Vergnügen gönnten ihm die Tempelwächter nicht. Sie stützten sich gegenseitig und keiner ging verloren.
    Der allgegenwärtige Staub drang in Augen, Nase, Mund, Ohren und Kiemenspalten ein. Von allen Seiten hörte Taramis das Husten seiner Gefährten. Wasser gab es nicht. Nach etwa einer halben Stunde – die Abenddämmerung setzte gerade ein – überkam ihn erneut der Schwindel. Hätte sein Arm nicht auf der Schulter des Hüters gelegen, er wäre mit Sicherheit gestürzt.
    »Halt durch!«, raunte Marnas.
    »Mein Schädel fühlt sich an wie ein Ei, das Natsar mit seinem Schwert aufgeklopft hat.«
    »Keine Sorge. Wäre er gesprungen, dann hättest du aus der Nase geblutet.«
    Das langgezogene Schnarren eines Horns sorgte für Unruhe unter den Gefangenen. Irgendwo in den Staubwolken vor ihnen musste das Lager liegen. Und Wasser! Die Hoffnung auf einen kühlen Trunk verlieh den Männern neue Kraft.
    Wenig später erreichten sie ein Gittertor in einem etwa dreißig Fuß hohen Steinwall. Ein Wachtturm zur Linken und ein zweiter zur Rechten ließen auf weitere Bauten dieser Art schließen. Obwohl die Sicht im Staubnebel nur ungefähr fünfzig Schritte betrug, drückte bereits der erste Blick auf die Befestigungen Taramis’ Stimmung auf einen Tiefpunkt. Wollte er je von dieser Insel entkommen, würde er Verbündete mit Ortskenntnissen und einen guten Plan brauchen.
    Der blasse Truppführer war den Torposten offenbar bekannt. Sie grüßten ihn respektvoll und kurbelten mithilfe einer Winde das Gitter hoch. Es blieb gerade lange genug oben, bis der ganze Zug innerhalb des Walls war. Erst jetzt nahmen die

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