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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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das Ende – sie sind einfach zu stark.«
    »Ich will unsere Brüder hier nicht im Stich lassen. Wir kommen mit einer großen Streitmacht zurück und werden sie befreien.«
    »Ich bleibe im Lager und bereite sie darauf vor«, verkündete der Hüter von Jâr’en.
    Taramis erschrak. Er liebte diesen Mann wie einen Vater. Ihn zurückzulassen kam für ihn nicht infrage. Er schüttelte den Kopf. »Dein Großmut ehrt dich, Marnas, aber ich kann nicht auf dich verzichten. Ohne richtige Waffen könntest du hier wenig ausrichten. Wenn ich zurückkehre, brauche ich an meiner Seite einen so erfahrenen Anführer und Strategen wie dich.«
    Masor nickte. »Da muss ich ihm zustimmen.«
    »Dürfte ich auch mal aussprechen?«, beschwerte sich Gabbar.
    Alle sahen ihn verdutzt an.
    Er schnaufte. »Angenommen, wir entkommen aus dem Lager, wie verlassen wir dann die Insel? Die Dagonisier schicken alle Transporttiere sofort wieder in den Äther hinaus, sobald sie ihre Last abgeladen haben.«
    »Keine Sorge, ich beschaffe uns eine Drachenkröte oder eine Ätherschlange«, erklärte Taramis selbstbewusst.
    »Und wie? Kannst du jetzt doch fliegen?«
    Er verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. »In gewisser Weise.«
    »Hast du bedacht, dass die Biester nur ihren Reitern gehorchen?«
    »Trifft das auch auf die Ätherschlangen zu?«
    »Die sind sogar noch heikler. So eine Kröte rührt sich einfach nicht vom Fleck, wenn sie dich nicht kennt. Näherst du dich aber einem reiterlosen Drachenwurm, beißt er dir sofort den Kopf ab.«
    Im Sinn strich Taramis einen Teil seiner Fluchtplanskizze durch und sagte trotzig: »Dann schnappen wir uns eben einen der Schlangenbändiger.«
    Gabbar verdrehte die Augen. »Taramis, wir sollen dir unser Leben anvertrauen, und du kommst mit lauter – wie hat Marnas es ausgedrückt? – unausgegorenen Ideen?«
    »Deshalb rede ich ja mit euch darüber. Kein Gefangener kennt sich hier so gut aus wie du. Eigentlich hatte ich gehofft, du könntest mir …«
    »Du da!«, unterbrach die heiser kehlige Stimme eines Dagonisiers das Gespräch.
    Wie Dutzende anderer wandte sich auch Taramis dem Ende der Tischreihe zu, von wo der Ruf gekommen war. Ein Antisch ohne Peitsche und Spieß – ein Anführer also – starrte ihn aus großen Augen an. »Meint Ihr mich, Herr?«, fragte Taramis.
    »Ja. Komm zu mir. Sofort!«
    Die Gefährten wechselten besorgte Blicke. Hatte ein Denunziant sie belauscht und bei den Dagonisiern angeschwärzt?
    »Tu, was er sagt und sprich nur, wenn er es verlangt«, raunte Gabbar.
    Taramis stemmte sich von der Bank hoch und humpelte zu dem Antisch. Als er aus den Tischreihen heraustrat, hielt er unterwürfig den Kopf gesenkt.
    »Komm mit!«, sagte der Hauptmann.
    »Wohin?« Die Frage war heraus, ehe ihm Gabbars Warnung einfiel.
    Der Fischkopf blitzte ihn zornig an. Es sah aus, als wolle er zum Schwert greifen und den dreisten Sklaven auf der Stelle erschlagen. »Ins Haus des Generals«, antwortete er stattdessen. »Natsar möchte mit dir reden.«

Untergang oder Erhebung
    D ie Sonne war schon lange untergegangen, als sie endlich den Turm von Zin erreichten. Im unruhigen Licht der Fackeln wirkte der Burgfried so unheimlich wie ein versteinerter Riese. Taramis konnte sich kaum auf den Beinen halten. Die Dagonisier, die ihn eskortierten, hatten ein mörderisches Tempo angeschlagen. Seine Wunde schmerzte, der Kopf drohte ihm zu explodieren. Nur sein Wille hielt ihn noch aufrecht. Er durfte nicht schlappmachen. Die Grube musste warten.
    »Halt! Wer da?«, hallte eine Stimme durch die Nacht.
    Taramis hob die Augen. Zwei Posten blickten von der Zinne des rechten Turms zu ihnen herab. Einer hatte eine Armbrust im Anschlag.
    »Luth«, antwortete der Hauptmann, der ihn vom Essen weggeholt hatte. »Wir bringen den Gefangenen zum Verhör. Der Wachhabende muss Euch informiert haben.«
    »Ihr könnt passieren. Sagt dem Kameraden an der Pforte Bescheid.«
    Luth meldete den Besucher einem Wächter, dessen hässliches Fischgesicht eine Luke in der eisernen Tür ausfüllte. Kurz darauf rasselten Ketten und das Tor glitt auf Schienen seitwärts in die Mauer hinein.
    Taramis bekam einen Stoß. Er stolperte in einen winzigen Innenhof, gerade groß genug, um einen Wagen wenden zu lassen. Auf die Soldaten mochte der wankende Zeridianer schwach wirken, doch seine Sinne atmeten die Umgebung, so als befände er sich wieder im Regenwald auf der Jagd nach dem Phantom.
    Seine nackten Füße überquerten ein raues Steinpflaster.

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