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Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Titel: Die Zeugin: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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schaute extra auf die Uhr. Die hatten sie ihr gelassen. Sogar den Gürtel hatten sie ihr gelassen. In diesem Raum gab es keine Möglichkeit, sich das Leben zu nehmen. Wenn sie die Stiefel ausgezogen hätte, um sich damit totzuschlagen, wären die Cops hinter dem Einwegspiegel einfach herüberspaziert und hätten sie ausgelacht.
    Kurz wehten durch die Tür Geräusche herein. Stimmen, Telefone, Fernsehen. Herein kam eine Frau mit zerzaustem Pferdeschwanz in giftigem Limonadegelb. Die blaue Bluse hing schlaff und faltig an ihr herunter. Die Dienstmarke hatte sie am Rockbund befestigt.
    »Aurora Mackenzie?«
    »Nennen Sie mich Rory.«
    »Ich bin Detective Mindy Xavier.« Die Jahre hatten der ungefähr Fünfundvierzigjährigen nicht gutgetan. Sie winkte Rory zu dem abgenutzten Plastikstuhl vor dem Tisch. »Entschuldigen Sie, dass es so lange gedauert hat. Und auch das ganze Theater.«
    Theater. Das war wohl der Fachausdruck für Plastikhandschellen, aggressives Abtasten und ein verschlossenes Vernehmungszimmer.
    »Wir mussten sichergehen, dass sich keine Kriminellen als Opfer ausgeben. Es hätte ja sein können, dass sich einer der Täter unter die Geiseln mischt und sie bedroht, damit sie den Mund halten.« Xavier schloss die Tür. »Kann ich Ihnen was bringen? Kaffee vielleicht?«
    »Mir geht’s gut.« Rory setzte sich. »Was ist mit Judge Wieland?«
    Xavier ließ eine Aktenmappe auf den Tisch fallen. »Das weiß ich nicht. Tut mir leid.« Mit einem Scharren schob sie ihren Stuhl zurück und nahm schwerfällig Platz. Sie wirkte erschöpft. Forschend lag ihr Blick auf Rorys Gesicht. »Alles in Ordnung bei Ihnen?«
    »Bin noch ganz. Wann kann ich mich sauber machen?«
    »Wie?«
    »Als der erste Bewaffnete erschossen wurde, stand ich direkt daneben. Es hat gespritzt …« Ihre Stimme wurde brüchig. Sie musste die Ruhe bewahren. Es war fast unerträglich für sie, dass sie Nixons Blut an den Kleidern und der Haut hatte. Aber sie wollte nicht betteln, nicht auf einem Polizeirevier. Es kam nicht in Frage, um Gnade zu winseln.
    Errötend betrachtete Xavier ihren Pullover. »Vielleicht kann ich ein T-Shirt für Sie auftreiben.«
    »Eine Einkaufstüte würde schon reichen. Egal, ob Papier oder Plastik.«
    Xavier stand auf, öffnete die Tür und winkte einem vorbeikommenden Kollegen. Sie bat um ein sauberes T-Shirt. Dann kehrte sie an ihren Platz zurück.
    Sie schüttelte den Kopf. »Entschuldigung, war ein anstrengender Tag.«
    »Wissen Sie schon, wer die beiden waren?«, erkundigte sich Rory.
    »Die Ermittlungen laufen.«
    »Warum sind sie in den Gerichtssaal eingedrungen?«
    »Auch dazu ermitteln wir.« Xavier schlug die Mappe auf. Rory erkannte ihren eigenen Führerschein. Die Polizistin zog die Kappe von einem Stift. »Erzählen Sie mir, was Sie gesehen haben. Und was Sie gehört haben. Von Anfang an, und nehmen Sie sich Zeit. Lassen Sie nichts aus.«
    Das musst du jetzt durchstehen, dachte Rory. Bring es hinter dich, dann kannst du endlich nach Hause.
    »Sie sind durch die Haupttür gekommen«, begann sie.
    Sie versuchte, sich genau zu erinnern, um den Ablauf Schritt für Schritt zu schildern. Xavier machte sich nur gelegentlich Notizen. Wahrscheinlich lag das an der Überwachungskamera, die knapp unter der Decke an der Wand hing. Als Rory die Belagerung beschrieb, fing ihr Herz an zu klopfen. In ihrem Bein erwachte pochend der alte Schmerz. Im Zimmer wurde es stickig.
    »Könnte ich bitte ein Glas Wasser haben?«
    »Sicher.« Xavier schielte zum Spiegel. »Wann haben die Bewaffneten zum ersten Mal Feindseligkeit gegen die Angeklagten gezeigt?«
    Die Tür öffnete sich, und ein anderer Detective trat ein. Ein Mann mit selbstgefälligem Gesicht und Angebergang. Er stellte Rory eine Plastikflasche mit Wasser hin und zog einen Stuhl heran.
    Dann schob er sein Notebook auf den Tisch. »Haben Sie die Bewaffneten vor dem heutigen Tag schon mal gesehen?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Rory.
    »Wirklich? Zwei Männer nehmen Sie als Geisel, und Sie können nicht sagen, ob Sie sie erkannt haben?«
    Er bot ihr nicht die Hand. Auch Xavier hatte das nicht getan, aber wenn Rory die ihre ausgestreckt hätte, hätte sie sie wohl genommen. Bei diesem Typen war sie sich da nicht so sicher.
    »Sie hatten Skimützen auf.« Rory schraubte die Flasche auf und trank in gierigen Schlucken. Sie hatte das Gefühl, als hätten sich ihre Zehen, Finger und Zähne aufgerollt. Und da war noch etwas anderes: Furcht.
    Nicht ohne Grund. So viel

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