Die Zeugin: Thriller (German Edition)
-System noch von einer Telefongesellschaft geortet werden.«
Ein Angestellter der Autowaschanlage kam nach hinten getrottet, um eine Mülltüte in die Tonne zu werfen.
»Ich hab genug gesehen.« Rory wollte weder jetzt noch später wiedererkannt werden. Sie blickte auf die Uhr. »Außerdem muss ich ins Gericht.«
»Dann los.«
Sie stiegen wieder in den Pick-up und fuhren zurück auf die Hauptstraße.
»Was mich wundert, ist, dass du das Wechselauto gefunden hast, aber die Polizei nicht.«
»Die hatten gestern alle Hände voll zu tun. Spuren am Tatort sichern, Geiseln vernehmen, Zeugen zusammentrommeln, dich terrorisieren …«
»Eigentlich müssen sie davon ausgehen, dass es ein zweites Fahrzeug gibt. Dir wurde schließlich auch beigebracht, nach einem zu suchen, oder?«
»Sie sind nicht dumm. Sie werden den Van bestimmt finden und abschleppen. Und zwar recht bald.« Er schielte auf die Uhr. »Um acht war Schichtwechsel.«
»Und was machst du jetzt mit dieser Information? Hab nicht bemerkt, dass du die Polizei anrufst.«
»Bin nicht mehr auf ihrer Gehaltsliste.«
»Seth, warum spielst du den Einzelkämpfer?«
Seine Schultern spannten sich. »Wenn du das von mir denkst, kann ich dich gern an der nächsten Ecke absetzen.«
»Nein, entschuldige.« Ihre Antwort kam so automatisch, dass sie selbst überrascht war. »Ich möchte nicht deine Motive in Zweifel ziehen. Aber du hast doch die Fahrzeugidentifikationsnummer. Was fängst du damit an?«
»Es ist ein erster Ermittlungsansatz, um rauszufinden, was die Bewaffneten wollten. Wer hinter der Aktion steckt, und warum sie hinter dir her sind.« Er warf ihr einen kurzen Blick zu. »Wenn nötig, können wir dieses Wissen verwenden, um bundespolizeiliche Unterstützung anzufordern.«
»Aber du willst es auch gegen deine ehemaligen Kollegen benutzen?«
»Das wäre das Sahnehäubchen. Entscheidend ist, denen kommt es nicht darauf an, die Opfer des Überfalls zu schützen. Die wollen nur den eigenen Arsch aus der Schusslinie bringen.«
»Gesprochen wie ein wahrer Einzelkämpfer.«
Auf dem baumgesäumten Boulevard rollten sie in Richtung Gemeindezentrum.
»Heißt das jetzt, dass du dich freust, mich zu sehen?«
Sie lachte. Auch das erstaunte sie.
»Ich nehm das mal als Ja«, sagte er. »Dann möchtest du bestimmt auch erfahren, wie ich auf den Namen des zweiten Bewaffneten gestoßen bin.«
21
»Du hast auch Reagans Namen? Ohne Scheiß?«
»Über den Van.«
»Ich dachte, den hat Sylvester Church gestohlen.«
»Hat er auch. Bei einem Gebrauchtwagenhändler in Las Vegas. Aber er hat ihn nicht kurzgeschlossen. Jemand hat den Schlüssel besorgt und ihn Church gegeben. Und der Gebrauchtwagenhändler ist der Schwager von einem jungen Mann mit dem Namen Kevin Berrigan.«
»Berrigan war der zweite Bewaffnete?«
»Ein unbescholtener Bürger. Verheiratet, Vater von zwei Kindern unter sieben, Türhüter in seiner Kirche. Seit fünf Jahren fest angestellt in Las Vegas.«
»Was ist mit ihm passiert? Wie kam er von A nach Z?«
»Das ist eine faszinierende Geschichte.«
Vor ihnen lag der breite, von einzelnen Palmen aufgelockerte Rasen des Gerichtsgebäudes. An der Ecke hatte ein Nachrichtenteam sein Lager aufgeschlagen, und mehrere Streifenwagen parkten am Straßenrand.
Seth fuhr an die Seite. »Ich lass dich hier raus.«
»Du willst wirklich unsichtbar bleiben.«
»Ja.«
Sie zögerte, die Hand auf dem Türgriff. Autos fuhren vorbei. »Danke.«
»Ruf mich an.« Kurz hielt er ihren Blick. Ein Schatten zog über seine Rebellenaugen. Vielleicht hatte er geglaubt, nie wieder ein Wort des Dankes von ihr zu hören. Jedenfalls sah er fast aus, als wäre ihm ein Gespenst über den Weg gelaufen. »Wo bist du gewesen?«
»In Helsinki, London, dann in Genf. Hab für die Hilfsorganisation Asylum Action gearbeitet. Wir haben Flüchtlinge unterstützt, die von der Abschiebung in Gefahrenzonen bedroht waren.«
Er zog die Brauen hoch. »Und warum bist du zurückgekommen?«
»Der Konzern, der die Hilfsorganisation finanziert hat, hat den Geldhahn zugedreht. Komplett.«
»Ohne Vorwarnung.«
»Neues PR -Team. Haben die Markenarbeit des Konzerns auf Brustkrebs und Formel 1 abgestellt. Das Büro von Asylum in Genf hat einfach dichtgemacht, ein paar Tage danach auch die Zentrale in London.« Sie kniff sich in den Nasenrücken. »Alle Fallakten wurden eingelagert. Ganze Familien hängen in der Luft – einige sind in Lebensgefahr. Ich konnte nichts tun. Nicht das Geringste.
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