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Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Titel: Die Zeugin: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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schwar zer Haare blickte sie zu Rory auf.
    »Hier geht es nicht um dich und mich«, antwortete Rory.
    Langsam neigte Riss den Kopf zur Seite, als hätte Rory gerade etwas vollkommen Absurdes von sich gegeben. Dann wandte sie sich ab und setzte sich wieder ans Steuer.
    In Rorys Kopf pochte es so laut, dass sie kaum hörte, wie der Wagen mit quietschenden Reifen davonraste.

22
    Unter Palmen und karmesinroten Ahornbäumen, die im kalten Sonnenlicht flackerten, stand Rory auf dem Gehsteig vor dem Gericht. Sie fühlte sich ausgesetzt. Wie das Ende eines Taus, das sich bei starkem Wind vom Poller losgerissen hatte.
    Schließlich zog sie ihr Telefon heraus und machte einen Anruf, an den sie noch vor zwei Stunden nicht im Traum gedacht hätte.
    »Ja«, meldete sich Seth.
    »Bitte komm zur Ecke Main und Treacher. Beim Dairy Queen.«
    »Du klingst gestresst.«
    Sie setzte sich in Bewegung. »Riss.«
    »Fünf Minuten. Bin schon unterwegs.«
    S o richtig fing es an, als sie zwölf waren. Und ausnahmsweise nicht mit Riss. Rory musste auf die harte Tour lernen, im Unterricht nie die Hand zu heben.
    Damals hatte Seth blondes Haar, das ihm in die Augen fiel. Er trug T-Shirts mit Skateboard-Logos und eine Brieftasche an einer Hundekette, die ihm aus der Jeanstasche baumelte. An Frühlingstagen gingen sie nach der Schule zum Fluss. Vor dem unterirdischen Kanal kletterten sie über den Maschendrahtzaun, der Kindern eigentlich den Zutritt verwehren sollte. Sie fingen Kaulquappen oder fuhren mit dem Skateboard die betonierte Uferböschung hinunter.
    Der unterirdische Kanal bestand aus drei großen Durchlässen, die Seite an Seite unter einer Wohnsiedlung verliefen. Zwei Meter fünfzig starke Betonrohre, die sich wie gähnende Mäuler im Hang öffneten. Nach dem schneearmen Winter war der Boden mit eingetrocknetem Morast bedeckt, dazwischen klebten vereinzelt Müll und verlorene Gegenstände. In den Röhren war es schwarz. Kein Licht am Ende des Tunnels.
    Eines Tages stand Seth am Eingang eines Rohrs. »Würd mich interessieren, wo das rauskommt.«
    »Einen Kilometer weiter hinten«, antwortete Rory. »Wahrscheinlich.«
    »Willst du es rausfinden?«
    Ihr wurde mulmig. »Ich hab da mal was in den Nachrich ten gesehen. Es hatte eine Woche lang nur geschüttet, und der Los Angeles River war ganz stark angeschwollen. Und da ist ein Teenager reingefallen.« Ihre Stimme hallte von den Betonwänden wider.
    Seth klaubte einen abgebrochenen Ast auf und stocherte im Dreck.
    »Das ging total schnell, fast als würde er surfen. Und dann hat es ihn in ein Kanalrohr geschwemmt. Das Ding war riesig, fünf Kilometer lang und bis oben hin voll mit Wasser. Eine halbe Stunde später kam er raus. Er war ertrunken.«
    Seth spähte hinauf zum Himmel. Er war so blau, dass ganz hoch droben die Flieger zu erkennen waren wie silberne Kügelchen. Rory wusste: kein Regen.
    Er warf den Ast weg und wandte sich ihr mit einem Lächeln zu. Einem unheimlichen Lächeln. »Ich hab eine Taschenlampe dabei. Und Walkie-Talkies.«
    »Das ist keine gute Idee.«
    »Ich geh als Erster rein.« Er holte die Funkgeräte aus seiner Tasche und gab ihr eins. »Wenn es ein Problem gibt, ruf ich dich.«
    Dann knipste er die Taschenlampe an und trat in das Kanalrohr. Vor ihm zuckte der Lichtstrahl.
    Sie drückte auf den Knopf des Walkie-Talkies. »Kannst du mich hören?« Wie sie es vom Fernsehen kannte, fügte sie hinzu: »Over.«
    Das Funkgerät knisterte. »Es ist trocken. Überall trocken.«
    »Komm zurück.« Sie beugte sich in den Eingang.
    Seths Schritte waren nicht mehr zu hören. Dann drang aus dem Walkie-Talkie ein schriller Schrei.
    Sie erstarrte wie von einem elektrischen Schlag. Hastig drückte sie auf den Walkie-Talkie-Knopf und stürzte los. »Seth, Seth!«
    Er brüllte weiter.
    »Ich komme!«
    Das Tageslicht verblasste zu Grau. Die Schreie brachen ab.
    »Seth, wo bist du?« Sie hörte das Wimmern in ihrer Stimme. War er in eine Grube gestürzt? Hatte ihn ein Tier angefallen? Oder ein Mensch? Ein Freddy Krueger?
    »Seth! «
    Plötzlich sprang in der Dunkelheit vor ihr die Taschenlampe an. Der Strahl richtete sich auf die Decke und beleuchtete Seths Gesicht wie in einem Monsterfilm. »Ich bin da.«
    Vor Schreck entglitt ihr das Funkgerät. Dann stürmte sie kreischend auf ihn los. Schlug wild um sich wie eine Irre. Traf ihn mit den Fäusten am Arm. Und er lachte. Lachte so fest, dass er sich den Bauch halten musste.
    »Verdammt, Seth.« Spucke flog ihr aus dem Mund. »Du

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