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Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Titel: Die Zeugin: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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Familie verlassen.«
    Sams Augen wirkten leer. »Er hatte seine Familie schon lange vorher verlassen. In jeder Hinsicht.«
    Will nickte bitter. »Lee war verrückt. Ich meine, er war wie im Fieber in dieser Nacht. Voller Angst und Verzweiflung und … zugleich so entschlossen, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. ›Bring mich nach Mexiko. Ich brauche deine Hilfe. Ich muss hier weg.‹«
    »Was war denn sein Plan? Wollte er warten, bis Gras über die Sache wächst? Bis es verjährt ist?«
    »Plan?« Sam lachte schneidend.
    »Ich habe Lee versprochen, dass ich seine Familie nicht im Stich lasse.« Will wirkte erschöpft.
    »Du hast ihn über die Grenze gebracht?« Rory hörte, wie hölzern und fern ihre Stimme klang.
    Wortlos schaute Will sie an.
    »Du streitest es nicht ab.«
    »Rory.« Sein Ton war warm und geduldig. Liebling, es gibt kein Christkind.
    Fahrig drückte sie die Faust vor den Mund. »Und das Geld?«
    »Lee hat es nicht mitgenommen.«
    »Was heißt das?«
    »Natürlich hatte er es. Er war ja an dem Überfall beteiligt. Und er ist von dort weggefahren mit …« Er breitete die Hände aus. »Millionen. Aber er hat das Geld nicht nach Mexiko mitgenommen.«
    Rory blickte zwischen ihnen hin und her. »Und wo ist es jetzt?«

40
    Ihre Eltern antworteten nicht. Hand in Hand standen sie in einem zugigen Schuppen auf einem leeren Feld, innerhalb von Wänden, die mindestens dreimal ausgebessert und ge strichen worden waren, neben einem vierzig Jahre alten Auto, das Rorys Erbe sein sollte. Das Licht im offenen Tor war zu dämmerigem Grau und Blau verblasst.
    »Dad, bei dem Überfall wurden fünfundzwanzig Millionen Dollar erbeutet. Was ist damit passiert?«
    Wills Augen starrten ins Leere. »Ein unglaublicher Anblick.«
    »Lee hatte es also dabei, als er in der Nacht hier aufgetaucht ist?«
    Will nickte.
    »Nicht zu fassen. In diesem Lieferwagen? Berge von Geld?«
    »Es war zum Teil in Reisetaschen und zum Teil einfach aufeinander gestapelt. Haufenweise Bündel von Geldscheinen mit Banderolen. Alles gezählt und in Plastik eingewickelt für den Transport zur Schredderanlage der Federal Reserve.«
    »Du hast es gesehen.«
    »Wusstest du, dass jeder Nennwert eine Banderole in einer eigenen Farbe hat?«
    »Nein.«
    »Die Federal Reserve und die Banken haben Standardfarben. An einige kann ich mich noch erinnern. Violett für Zwanzigdollarnoten. Braun für Fünfziger. Senffarben für Hunderter.« Auf einmal wirkte er überrascht. »Ein Bündel Hunderter mit einer senffarbenen Banderole, das sind zehntausend Dollar. Hundert Hunderter. Vielleicht einen Zentimeter dick. Wiegt fast gar nichts. Und in diesem Lieferwagen waren sie kniehoch aufgestapelt.«
    Sam schaute ihren Mann nicht an. Sie kannte die Geschichte bereits.
    »Hunderterbündel, dicht an dicht. So viele, dass man es gar nicht erfassen konnte.«
    »Dad …«
    Er fand ihren Blick. »Lee wollte, dass ich ihn mit dem Geld über die Grenze fahre. Dafür hat er mir einen Anteil versprochen.« Er verzog den Mund und schüttelte heftig den Kopf. »Das war … ein schlechter Moment. Ich hab gesagt, ich fahre ihn überallhin. Schließlich ist er mein Bruder. Ich lass ihn nicht hängen.«
    »Aber …«
    »Mir ist klar, was du jetzt denkst, Aurora. Immerhin hast du Jura studiert und alles über Strafrecht gelernt. Du weißt genau, was es bedeutet, wenn man sich der Beihilfe schuldig macht. Ich war bereit, für meinen Bruder gegen das Gesetz zu verstoßen. Ich konnte einfach nicht … Ich konnte nicht …« Wieder holte er tief Luft.
    Sam legte ihm die Hand auf den Arm.
    »Ich konnte einfach die Vorstellung nicht ertragen, dass er lebenslang hinter Gittern landet. Obwohl ich unglaublich wütend auf ihn war …«
    Sam hielt ihn fest.
    »Im Eifer des Gefechts hab ich ihm versprochen, dass ich ihn über die Grenze fahre. Dass ich mich um seine Frau und seine Kinder kümmere, damit sie nicht hungern müssen oder Probleme haben, solange er weg ist. Eine spontane Entscheidung aus dem Bauch heraus. Das war … Rory, es war furchtbar.«
    »Das tut mir leid, Dad.«
    Sams Augen blitzten. »Das muss dir nicht leidtun. Dein Vater hat genau richtig gehandelt.«
    Will erzählte weiter. »Ich hab ihm gesagt, ich bringe ihn in Sicherheit. Aber nur ihn. Nicht das Geld.«
    »Warum?«
    »Für den Fall, dass er es bereut. Ich wäre zur Polizei gegangen und hätte ihnen alles erklärt. Ich war bereit …« Erneut brach er ab.
    Sam sprang ein. »Er war bereit, dieses Risiko

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