Die Zeugin
verschwunden.«
Er schaute auf das Kind hinunter. »Du weiÃt nicht zufällig, wo sie meine Waffe versteckt hat, oder? Sie ist zu gerissen, um sie wegzuwerfen, aber meinst du, ich finde das ScheiÃ... Verzeihung, das blöde Ding? Ich habe das ganze Haus auf den Kopf gestellt.«
Bald waren sie an der HauptstraÃe, wo er kurz innehielt, um Luft zu holen. Schon jetzt war er klatschnaÃ. Schweià tropfte ihm von der Stirn und brannte ihm in den Augen. Er konnte ihn kaum wegwischen, weil er beide Hände an den Krücken brauchte. Ihm war von Anfang an klar gewesen, daà diese Expedition ein kräftezehrendes Unternehmen sein würde, und dabei hatte er Kevins zusätzliche fünfzehn Pfund nicht einkalkuliert.
Er marschierte in Richtung des Hauses, das ihm damals bei einer Stadtfahrt mit Kendall aufgefallen war. »Ganz ehrlich, deine Mutter ist gewitzter, als gut für sie ist«, schnaufte er. »Sie sollte mir die Pistole zurückgeben. Ich kann besser damit umgehen, falls das irgendwann notwendig werden sollte.«
Er redete, um nicht daran denken zu müssen, wie weit dieser Ausflug noch von einem erfolgreichen Abschluà entfernt war. Ihm fehlte die Kondition, deshalb keuchte er jetzt schon. Der Nachmittag war heià und schwül. Er hielt sich zwar im Schatten, so gut das ging, aber auch das brachte kaum Erleichterung.
Es blieb wenig Zeit. Er muÃte vor Kendall wieder im Haus sein und hatte keine Ahnung, wie lange sie wegbleiben würde. Als er damals mit ihr in den Ort gefahren war, hatte er im Geist die Entfernung abgeschätzt. Alles in allem mochten es vielleicht zwölf Meilen pro Fahrt gewesen sein. Wenn er die kurvigen StraÃen und die Zeit für die Einkäufe mit einrechnete, konnte
sie unmöglich früher als in einer halben Stunde zurück sein. Solange hatte er höchstens Zeit, Hilfe zu holen.
Aber er kam nur langsam voran und war auÃer Form. Wenn er Glück hatte, würde ihn ein Auto bis zum nächsten Telefon mitnehmen. Mehr brauchte er nicht â nur eine Minute bei einem Telefon.
Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Sieben Minuten, seit sie losgefahren war. Die Muskeln in seinem Rücken und seinen Armen brannten, aber er zwang sich, schneller zu humpeln.
Seine Bemühungen wurden belohnt, als er eine Hügelkuppe erklomm und das Haus erblickte, das er sich damals eingeprägt hatte. Es lag eine Viertelmeile weit weg, vielleicht weniger. Die Entfernung war schwer zu schätzen, weil Hitze vom Asphalt aufstieg und das Bild verschwimmen lieÃ.
»Wenn ich alles gebe, könnte ich es in vier Minuten schaffen«, erklärte er Kevin. »Höchstens fünf. Jedenfalls bin ich verrückt. Wieso unterhalte ich mich eigentlich mit jemandem, der mich unmöglich verstehen kann? Vielleicht liege ich ja noch im Koma und habe einen Wahnsinnsalptraum. Das ist es. Du bist nur ein Traum. Du...«
Plötzlich muÃte John lachen. »Du pinkelst mich an, stimmtâs?« Der heiÃe Bach rann ihm über die Brust. »Eine schlagende Methode, mir zu beweisen, daà du kein Traum bist.«
Die einseitige Konversation hatte dazu beigetragen, ihn von seinen schmerzenden Muskeln, der schwelenden Hitze und der Entfernung vor ihm abzulenken. Er war überglücklich, als er die Zufahrt zu dem Haus erreicht hatte. Die Steigung hinauf kostete ihn die letzten Kräfte. Als er die Veranda erreicht hatte, wurde ihm schwarz vor Augen.
Er lehnte sich erschöpft an einen Balken und rief: »Hallo?« Zu seiner eigenen Ãberraschung drang nur ein heiseres Krächzen
aus seiner Kehle. Er atmete ein paarmal tief durch, schluckte soviel Speichel, wie er noch sammeln konnte, und versuchte es abermals: »Hallo?«
Kevin begann zu weinen. »Psst. Ich meine doch nicht dich.« Aufmunternd tätschelte er Kevins Popo. Das Baby verstummte, wirkte aber angespannt. Seine Mundwinkel waren nach unten gezogen, und Tränen schimmerten in seinen Augen.
»Ich weiÃ, wie du dich fühlst, Kumpel. Mir ist auch zum Heulen zumute.«
Jetzt, als er das Haus näher inspizierte, wurde ihm klar, daà niemand daheim und auch schon länger niemand mehr hier gewesen war. Die Topfpflanzen auf der Veranda dorrten als braune, leblose Stengel vor sich hin. Alle Fensterläden waren zu. In den Türwinkeln hatten sich Spinnen häuslich eingerichtet.
Und jetzt? Seine Kleider tropften vor SchweiÃ. Er brauchte Wasser,
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