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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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öffentlichen Telefons ein und drehte sich zu seinem Bruder um.
    Luther war damit beschäftigt, ein Bohnen-Burrito zu essen und ein Big Red zu trinken. Gedankenverloren hielt er Henry das Burrito hin und schaute offenen Mundes den drei jungen Mädchen zu, die an der Selbstdienungs-Tankstelle vor dem Supermarkt ihr Kabrio auftankten.
    Â»Die sollten nicht so nackig rumlaufen.« Luther nahm einen Schluck von seiner Limonade. »Denen ihre Höschen sind ja so kurz, daß man den halben Arsch sieht. Und schau dir bloß die winzigen Fetzen an, die die als Blusen tragen. Aber wenn jemand wie ich was von dem haben möchte, was die da vorführen, dann kommt ihn das teuer zu stehen. Echter Knastköder«, knurrte er.
    Henry sah kurz zu den Mädchen hinüber, war aber zu geknickt, um den Anblick genießen zu können. Er hatte eben eine von Mamas Gardinenpredigten über sich ergehen lassen müssen, und die waren fast so schmerzhaft wie die Prügel, die ihm sein Vater früher mit der Gerte verabreicht hatte. Mamas spitze Zunge konnte einem regelrechte Striemen zufügen. »Hast du mir überhaupt zugehört, Luther? Mama ist stinksauer auf uns.«
    Luther ließ mit einem riesigen Bissen das Burrito verschwinden, knüllte die Serviette zusammen und pfefferte sie in die Ecke. »Wieso?«
    Â»Wegen der Sache gestern nacht.«
    Â»Woher hätten wir denn wissen sollen, daß die Bullen bei der alten Dame im Haus sitzen? Ich fand es total schlau, die Spur
von Mrs. Burnwood bis zu dem Haus zu verfolgen. Hast du das Mama gesagt?«
    Â»Hab’ ich versucht. Aber ich weiß nicht, ob sie mich gehört hat, so hat sie geschrien. Du kennst sie ja. Wenn sie mal in Fahrt ist, dann läßt sie keinen Einwand gelten.«
    Luther nickte. Die Mädchen gingen an ihm vorbei ins Gebäude. Sie waren so mit Kichern beschäftigt, daß sie ihn überhaupt nicht bemerkten. Von reichen Mädchen wie denen hier, denen ihre Daddys zum sechzehnten Geburtstag ein neues Auto schenkten, trennten ihn Welten. Sie schauten durch ihn hindurch, als wäre er unsichtbar, bloß Abfall. Das ärgerte Luther.
    Â»Es sollte ein Gesetz dagegen geben, daß sie ihre Titten so rumschaukeln lassen«, brummte er. »Mal ehrlich! Die wissen doch ganz genau, was sie damit bei den Kerlen anrichten.«
    Â»Laß endlich dein Gewichse und hör mir zu!« fuhr Henry ihn an.
    Henry war nur ein paar Minuten älter als sein Zwilling, aber erfüllte die Rolle des großen Bruders von ganzem Herzen. Er schmiedete die Pläne, kümmerte sich um alles. Auseinandersetzungen hatte es deswegen zwischen ihnen nie gegeben. Luther ordnete sich der Führung seines Bruders bedingungslos unter. Er zog es vor, keine Verantwortung zu tragen, und tat, was man ihm sagte. Bei jedem Unternehmen, legal oder illegal, konnte man sich auf ihn verlassen, aber er war nur körperlich bei der Sache, nicht geistig.
    Henry hatte sich von Mamas Strafgewitter immer noch nicht erholt. »Sie hat gesagt, selbst wenn man unsere Gehirne zusammennimmt, kommt nicht genug dabei raus. Sie hat gesagt, jedem Trottel hätte klar sein müssen, daß Mrs. Burnwood nicht in das Haus ihrer Oma zurückkommt,weil dort jeder zuallererst nach ihr suchen würde.«

    Â»Kann ich dir was verraten, Henry?« fragte Luther. »Versprichst du mir, daß du’s niemandem weitersagst, vor allem nicht Mama?«
    Â»Was denn?«
    Â»Ich hab’ mir in die Hosen gemacht, als diese Bullen auf uns geschossen haben, hab’ noch nie so viel Angst gehabt!«
    Â»Ich auch nicht. Es war enormes Glück, sonst säßen wir jetzt im Knast.«
    Bei diesem Wort fiel ihnen augenblicklich Billy Joe ein, der nur durch die Schuld jener Frau, die sie suchten, immer neues Leid erdulden mußte. Gelegentlich drohte ihr Eifer zu erlahmen, wurden sie müde oder dieses schwierigen Auftrags überdrüssig.
    Aber wenn sie dann an ihren kleinen Bruder dachten, der umgeben von Schwulen und allen möglichen Irren hinter Gittern saß und zeit seines Lebens ein einarmiger Sonderling bleiben würde, loderte ihr Haß wieder auf und fachte ihre Racheschwüre erneut an.
    Â»Jedenfalls verplempern wir unsere Zeit, wenn wir hier rumstehen«, erkannte Henry. »Die Spur wird mit jeder Minute kälter.«
    Â»Bin gleich wieder da.« Luther war schon auf dem Weg in den Laden. »Ich hol’ mir noch einen

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