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Die Zitadelle des Autarchen

Die Zitadelle des Autarchen

Titel: Die Zitadelle des Autarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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Schiavoni war ich eine Ausnahme, da ich neben meinem Krummschwert kein solches Messer bei mir hatte).
    Aber ich habe nie einen Ascier gesehen, der mehr als eine Waffe mit sich getragen hat, und die meisten ihrer Offiziere haben überhaupt keine Waffen am Leib, als wäre jedes echte Kämpfen verpönt.
     

 
Autarch der Republik
     
    Gegen Mittag hatten wir wieder all jene überholt, die wir am Nachmittag des Vortags überholt hatten, und stießen auf den Troß. Alle waren wir wohl verblüfft, als sich zeigte, daß die gewaltigen Truppen, die wir gesehen hatten, lediglich die Rückendeckung für eine unendlich größere Armee waren.
    Die Ascier verwendeten Uintatherien und Platybelodonten als Lasttiere. Dazwischen gebrauchten sie auch Maschinen, Maschinen mit sechs Beinen, die offensichtlich für diesen Zweck gedacht waren. Soweit ich sehen konnte, machten die Treiber keinen Unterschied zwischen den Maschinen und Tieren; blieben Tiere liegen und waren nicht mehr zum Aufstehen zu bewegen oder fielen Maschinen um und richteten sich nicht mehr auf, so verteilte man die Last auf die Umstehenden und ließ sie einfach zurück. Dabei machte man sich offensichtlich nicht einmal die Mühe, die Tiere zu töten oder die Maschinen zu reparieren oder auszuschlachten.
    Am späten Nachmittag ging eine große Unruhe durch unsre Kolonne, ohne daß ich oder meine Wächterinnen einen Grund dafür hätten in Erfahrung bringen können. Vodalus selbst und mehrere seiner Leutnants stürmten an uns vorbei, und bald herrschte ein reges Kommen und Gehen zwischen dem Ende der Kolonne und ihrer Spitze. Als es dämmerte, schlugen wir kein Lager auf, sondern zogen wie die Ascier weiter durch die Nacht. Fackeln wurden zurückgereicht zu uns, und da ich keine Waffen zu tragen hatte und wieder etwas bei Kräften war, trug ich sie, wobei ich mich fühlte, als beherrschte ich die sechs Schwerter, die mich umringten.
    Schätzungsweise gegen Mitternacht hielten wir an. Meine Wächterinnen suchten Äste für ein Feuer, das wir mit einer Fackel anzündeten. Als wir uns gerade niederlegen wollten, sah ich, wie vor uns ein Kurier die Sänftenträger weckte und flugs in Bewegung setzte. Kaum waren sie im Dunkeln verschwunden, galoppierte der Melder zu uns und flüsterte kurz mit dem Sergeanten meiner Wächterinnen. Sogleich wurden mir die Hände gebunden (da ich ohne Fesseln war, seitdem Vodalus sie durchgeschnitten hatte) und eilten wir hinter dem Palankin her.
    Wir passierten, ohne innezuhalten, die Spitze der Kolonne, die vom Zelt der Chatelaine Thea gebildet wurde, und gingen bald inmitten der unzähligen Soldaten der ascischen Hauptstreitmacht.
    Ihr Hauptquartier war ein Kuppelbau aus Metall. Vermutlich ließ es sich zerlegen wie ein Zelt oder dergleichen, wirkte aber so stabil und massiv wie ein jedes Bauwerk; außen schwarz, leuchtete ein helles Licht heraus, das offenbar keiner bestimmten Quelle entströmte, als eine Seite sich auftat, um uns aufzunehmen. Vodalus war da, steif und achtungsvoll; neben ihm stand der Palankin, dessen Seitenvorhänge man aufgeschlagen hatte, um den leblosen Autarchen zu sehen. In der Mitte des Kuppelbaus saßen drei Frauen um einen niedrigen Tisch. Weder jetzt noch später sahen sie bis auf wenige flüchtige Blicke zu Vodalus oder zum Autarchen in seinem Palankin oder zu mir, der ich vorgeführt wurde. Einen Berg von Papieren hatten sie vor sich, aber auch darauf verschwendeten sie keinen Blick – sie sahen nur einander. Mit ihrem Äußeren glichen sie den anderen Asciern, die ich zu Gesicht bekommen hatte, außer daß ihre Augen wacher waren und sie nicht so ausgehungert wirkten.
    »Hier ist er«, sagte Vodalus. »Nun habt ihr sie alle beide hier.«
    Eine der Ascierinnen sprach zu den anderen in ihrer eigenen Sprache. Beide nickten, und diejenige, die gesprochen hatte, sagte: »Nur wer gegen das Volk handelt, muß sein Gesicht verbergen.«
    Nach einer längeren Pause zischelte Vodalus mir zu: »Antworte ihr!«
    »Was antworten? Ich wurde nichts gefragt.«
    Die Ascierin sagte: »Wer ist der Freund des Volkes? Wer dem Volke hilft. Wer ist der Feind des Volkes?«
    »Nach bestem Wissen und Gewissen«, platzte Vodalus heraus, »bist du oder ist dieser bewußtlose Mann hier der Führer der Völker der südlichen Hälfte dieser Halbkugel?« »Nein«, erwiderte ich. Diese Lüge fiel mir nicht schwer, denn der Autarch war, soweit ich das gesehen hatte, der Führer von nur sehr wenigen innerhalb der Republik. Vodalus flüsterte

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