Die Zuckerbäckerin
wir einen Nachtisch herzaubern.« Lili begann, Töpfe, Messer und verschiedene Zutaten auf einem groÃen Holzbrett zusammenzustellen.
Dankbar griff Eleonore nach einem Apfel und machte sich daran, ihn sorgfältig zu schälen. Für manche Menschen war alles im Leben immer so einfach, ging es ihr durch den Kopf. Alles war entweder schwarz oder weiÃ, Tag oderNacht. Die Zuckerbäckerin schien Gefühle des Hin- und Hergerissenseins nicht zu kennen. Eleonore glaubte ihr, wenn sie behauptete, an ihrer Stelle mit nach RuÃland gegangen zu sein.
»Wie heiÃt die Speise eigentlich, die du mir heute beibringen willst?«
»Das ist eine gute Frage«, entgegnete Lili. »In Bayern, wo die SüÃspeisâ herkommt, wird sie âºBavesenâ¹ genannt, bei uns hier im Schwabenland hat sie eigentlich keinen besonderen Namen. Aber man sagt, daà schon die Mönche im Mittelalter solche Bavesen gebacken haben, Birnen und Ãpfel hatâs schlieÃlich schon immer gegeben.«
Neugierig schaute Eleonore zu, wie unter den flinken Händen der Zuckerbäckerin aus dem Obst kleine Würfel entstanden, die sie in einen Topf warf.
Von allen Arbeiten in der Küche liebte sie die »Lernstunden« mit Lili am allermeisten. Oft fielen sie in den frühen Nachmittag â dann, wenn die Mittagsmahlzeit vorüber war und die Zubereitungen für den Abendtisch noch Zeit hatten. Dann nahm Lili sich die Zeit, auch einmal neue Rezepte auszuprobieren oder Eleonore etwas zu erklären. Nur manchmal, so wie heute, wurden Lilis Künste auch zwischendurch verlangt, wenn es galt, eine besondere SüÃspeise heià und frisch auf den Tisch zu bringen.
»So, endlich ist dieses verfluchte Feuer an. Der neue Holzträger muà sein Handwerk auch noch lernen, das kann ich dir sagen! Was der an Trockenholz anbringt, reicht in den meisten Fällen gerade dazu, ein Räucherfeuer für Trockenfleisch herzurichten!« Lili stemmte die Arme in die Hüfte und warf dem Feuer miÃtrauische Blicke zu, als befürchte sie, es würde im nächsten Augenblick wieder ausgehen. Als sie den Topf mit den Obststückchen daraufgestellt hatte, griff sie nach einer kleinen Porzellandose.
»Ein biÃchen Zimt und Anis kann bei Ãpfeln und Birnennie schaden. Zucker brauchen wir keinen, das Obst ist süà genug. Jetzt heiÃt es kräftig umrühren.« Sie drückte Eleonore einen groÃen Holzlöffel in die Hand und ging zum Brotschrank, um einen Laib WeiÃbrot herauszuholen.
Tief atmete Eleonore den süÃen Duft ein, der von dem Topf aufstieg. Wie jeden Tag dankte sie ihrem Schicksal â und Lilis Fürsprache â, daà sie nun ausschlieÃlich in der SüÃspeisenküche eingeteilt worden war, statt wie bisher da mithelfen zu müssen, wo Not am Mann war.
Nachdem es zu Beginn so ausgesehen hatte, als lege die Königin keinen groÃen Wert auf Feierlichkeiten am Hof, geschweige denn auf Kaffeekränzchen mit Gräfinnen und Baroninnen, war sie in den letzten Wochen dazu übergegangen, fast täglich die verschiedensten Gäste an ihre Tafel zu bitten. Da es sich bei ihren Besuchern zumeist um Damen handelte, wurden hauptsächlich feines Backwerk, Konfekt und süÃe Speisen aufgetragen. Zu Beginn hatte Lili sich ihren neuen Aufgaben mit Tatkraft und Schaffenslust gestellt, doch nach kurzer Zeit hatte sie einsehen müssen, daà die viele Mehrarbeit von ihr allein einfach nicht zu schaffen war. Und so hatte sie bei Johann, dem Küchenvorsteher, darum gebeten, Eleonore als tägliche Hilfe zugeteilt zu bekommen.
Eleonore nahm ein Ei in die Hand und zerschlug es am Rand einer tönernen Schüssel, wie Lili es ihr gezeigt hatte. Das splitternde Geräusch der Eierschalen war wie Musik in ihren Ohren. Sanft glitt erst die weiÃe, durchsichtige Flüssigkeit in die braune Vertiefung, dann folgte das Eigelb. Vorsichtig wiederholte sie diese Prozedur mit fünf weiteren Eiern, dann begann sie mit einem flinken Schwung aus dem Handgelenk, die Eier mit einer Gabel zu einer lockeren Masse zu schlagen.
Lili hatte derweil die gekochte Fruchtmasse vom Feuer genommen und lieà nun langsam Mehl in EleonoresSchüssel rieseln. Dabei achtete sie darauf, nie mehr Mehl auf einmal hineinzuschütten, als Eleonore mit ihrer Gabel unterarbeiten konnte. Wurde der Teig zu fest, goà sie etwas Milch hinzu.
Nachdem Lili es zu Beginn
Weitere Kostenlose Bücher