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Die Zuckerbäckerin

Die Zuckerbäckerin

Titel: Die Zuckerbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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dabei belassen hatte, Eleonore alle möglichen Handlangerarbeiten erledigen zu lassen, ließ sie sich inzwischen auch bei der eigentlichen Zubereitung der Speisen von ihr helfen. Eleonore stellte sich dabei so geschickt an, daß eine andere an Lilis Stelle nicht nur verblüfft, sondern auch neidisch geworden wäre. Schließlich stand die Kunst des Zuckerbackens in der Küchenhierarchie ganz oben. Eleonore traute sich mittlerweile tatsächlich allerhand zu. Und hinter der Zubereitung der Bavesenspeise schien nicht sonderlich viel Aufwand zu stecken, ging es ihr durch den Sinn. Wieviel interessanter klangen da die Rezepte, die sie sich heimlich zu ihrem eigenen Vergnügen ausdachte! Sie würde Äpfel mit Rosinen füllen, in Rotwein kochen und dann mit einem dunkelroten Johannisbeergelee glasieren. Oder die zarten Blätter einer neu erblühten Rose in Zuckerwasser stärken und daraus hauchdünne Plätzchen backen. Oder … Sie blinzelte mit den Augen. Was waren das für Tagträumereien, schalt sie sich. Sollte ihr nicht eher daran gelegen sein, bei Lili zu erlernen, wie eine echte Zuckerbäckerin vorging? Sie schluckte den bitteren Kloß, der sich in ihrem Hals gebildet hatte, hinunter. Dann galt ihre ganzes Interesse nur noch der Zuckerbäckerin.
    Lili hatte in der Zwischenzeit den Weißbrotlaib in Scheiben geschnitten, diese mit dem Fruchtmus bestrichen und mit anderen Scheiben belegt. Auf die träufelte sie nun etwas Milch. Danach nahm sie die gefüllten Brote und tauchte sie in Eleonores Teigmasse. Auf dem Feuer begann in einer Pfanne zerlassenes Schmalz bereits zu brutzeln, und Lili beeilte sich, die Brote hineinzulegen. Nach kurzerZeit war die ganze Küche mit dem goldgelben Duft des warmen Schmalzgebäckes erfüllt.
    Bevor sie das Gebäck aus der Pfanne holte, pickte sich Lili mit einer langen Gabel ein Stück heraus. Genießerisch hielt sie es unter ihre Nase und schnupperte daran. Dann zerteilte sie es in drei Teile und begutachtete das innere Aussehen, bevor sie sich einen Bissen in den Mund steckte. »Wenn das meine Mutter sehen würde – du meine Güte, die Hände würde sie über den Kopf schlagen! Die Tochter der großen Hofzuckerbäckerin Martha Lilienthal bäckt Bavesen!«, grinste sie mit vollen Backen. »Mutter wäre es nie im Traum eingefallen, ihre Tatkraft für solch simple Gerichte zu verschwenden! Aber was soll ich machen?« Theatralisch zuckte sie mit den Schultern. »Wenn’s den Leuten nun mal so schmeckt?«
    Wie jeden Tag hatte die Hoftafelvorsteherin das für den jeweiligen Anlaß gewünschte Service auf speziellen Anrichtetischen herauslegen lassen, so daß Eleonore nur noch die benötigten Gebäckschalen und Platten wegnehmen mußte. Das heutige Porzellan war mit einem bäuerlichen Blumenmuster verziert, in der Mitte der Teller war jeweils ein Korb mit Obst abgebildet, um den sich grünes Weinlaub rankte. Angesichts des rustikalen Musters und der Art von Lilis Süßspeise vermutete Eleonore, daß es sich bei Katharinas Gästen heute um niedriger gestellte Adelsleute oder Bürgerfrauen handeln mußte.
    Â»So.« Befriedigt sah Lili auf die Schale mit den hochaufgetürmten, goldgelb gebackenen Gebäckstücken. Dann nahm sie eine Dose und streute großzügig Zucker über das Ganze. »Das soll den Weibern wohl ihre Spendenfreudigkeit versüßen und Katharinas Geldbeutel füllen, so daß sie in ihrer Gutmütigkeit wieder alles an die Armen und Nichtsnutzigen weitergeben kann.«
    Nachdem die gefüllten Brote von einem Tischdienerabgeholt worden waren und die beiden Frauen die Küche geputzt hatten, ging jede ihrer Wege. Um fünf Uhr mußten sie sich wieder in der Küche einfinden. Lili wollte die Zeit nutzen, ihrer Familie in der Stadt einen kurzen Besuch abzustatten – die Körbe wie immer voll mit angeschlagenem Obst, von der königlichen Tafel übriggebliebenem Gebäck, hartem Brot und ein paar Eiern. Eleonore, die keine solchen familiären Verpflichtungen hatte, ging in den Obstgarten – dorthin, wo Leonard um ihre Hand angehalten hatte – und legte sich ins frisch gestutzte Gras. Hier fühlte sie sich ihm so nahe wie nirgendwo anders, hier konnte sie mit geschlossenen Augen seinen männlichen Geruch wahrnehmen und sich vorstellen, Leonard selbst käme gerade um die Ecke.
    Nachdem

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