Die Zuckerbäckerin
Reisen hatte ein Ende. Dafür zog die Langeweile in Augustes neues Leben ein. Friedrich bemühte sich nach allen Kräften, Zerstreuung für sie zu finden, und bat Gräfin Karoline Friederike vonGörtz, sie möge sich ein wenig um seine junge, gelangweilte Gattin kümmern. Was diese auch tat. Zu dieser Zeit, Auguste trug dich bereits unter dem Herzen, bat die Gräfin deinen Vater, er möge den Launen seiner jungen Frau doch etwas gnädiger gegenüberstehen. Was Friedrich auch versuchte, das kannst du mir glauben! Doch kam es immer öfter zu sehr unschönen Szenen, in denen deine Mutter mit Zornesausbrüchen und Beleidigungen auf ÃuÃerungen Friedrichs reagierte. Ich war des öfteren Zeugin ihrer Auseinandersetzungen. Du kannst dir den Klatsch vorstellen, der bald an allen Höfen über die Ehe deiner Eltern herrschte! Die Situation war für Friedrich so peinlich, daà er sich schon deshalb aufs äuÃerste bemühte, seiner junge Braut mehr Verständnis entgegenzubringen. Als sie dich schlieÃlich am 27. September 1781 zur Welt brachte, war das Eheglück der beiden beinahe wieder perfekt.« Maria Feodorowna lächelte. Wer mochte schon mit einem Säugling im Arm streiten?
»Aber wie konnte es dann kommen, daà sie Friedrich nur wenige Jahre später davonlief?« In Wilhelms Stimme klang die ganze Einsamkeit seiner Kindheit mit.
Maria Feodorowna schüttelte den Kopf. »âºDavonlaufenâ¹ würde ich ihr Verhalten nicht nennen. Vielmehr ist deine Mutter unter einen schlechten Einfluà gelangt. Nämlich unter den meiner Schwiegermutter.«
»Katharina die GroÃe? Sie gab meiner Mutter Schutz und Hilfe, als sie dies am nötigsten hatte. Was sollte daran verwerflich sein?«
Die ältere Frau seufzte. Wie sollte sie Wilhelm vom Wesen der groÃen Regentin erzählen, die alles und jeden manipulieren konnte? Wie sollte sie ihm klarmachen, daà Katharina die GroÃe, selbst glücklos in ihren Beziehungen zu Männern, das Schicksal Augustes dazu nutzte, sich am männlichen Geschlecht zu rächen? Wie sollte sie erklären,daà Friedrichs Treue zu Paul, ihrem verstorbenen Gatten, ihm letztendlich zum Verhängnis wurde?
In jenen Tagen war Katharinas tiefe Abneigung gegenüber ihrem Sohn Paul immer offensichtlicher geworden. Man hätte schon blind und taub sein müssen, um nichts davon mitzubekommen. Maria Feodorowna spürte noch heute den Schmerz, mit dem sie hilflos zuschauen muÃte, wie die Zarin alles tat, um Paul und sie von jeder politischen EinfiuÃnahme fernzuhalten! Das würde sie nie verzeihen. Dieses herzlose Verhalten seiner Mutter hatte Paul nicht nur das Herz gebrochen, sondern ihm letztlich auch den Verstand genommen â davon war Maria Feodorowna überzeugt. Die Erinnerung an jene Jahre lieà ihr Herz plötzlich bis zum Hals hinauf schlagen. Mit gröÃter Disziplin zwang sie sich, mit ihrer Geschichte fortzufahren.
»Deinen Vater bezeichnete sie als ein âºWerkzeugâ¹ des PreuÃenkönigs, in dem sie einen ihrer gröÃten Feinde sah. Sie vermutete, durch ihn würde mein Gatte zu mehr Macht gelangen. Und bald danach â¦Â«
Wilhelms verständnislose Miene lies sie verstummen. Wut keimte in ihr auf. Wut über ihre Naivität, die sie glauben lieÃ, sie könne heute, so viele Jahre später, etwas erklären, was im Grunde unerklärlich war: die menschliche Seele. Doch sie hatte damit angefangen â nun muÃte sie ihre Geschichte auch zu Ende bringen.
»Am Petersburger Hof gab es viele Verleumdungen und böse Gerüchte über Friedrichs und Augustes Ehe, was sicherlich nicht zu deren Gelingen beitrug. Der Ehrlichkeit halber muà ich aber hinzufügen, daà deine Mutter wirklich keine sonderlich brave Gattin war! Wenn nur die Hälfte aller Liebesabenteuer, die ihr nachgesagt wurden, wahr gewesen wäre, hätte Friedrich jeden Grund zur Eifersucht gehabt.
Ende des Jahres 1786 wurde Friedrich von Katharina ausRuÃland hinauskomplimentiert, was ihn zutiefst getroffen hat. Paul und ich konnten reden, soviel wir wollten, Katharina lieà sich nicht erweichen. Schweren Herzens muÃte ich von meinem Bruder Abschied nehmen. Auguste hingegen wurde in den Zarenhaushalt aufgenommen und reiste fortan mit Katharina durch die Lande.«
»Und meine Geschwister und ich?«
»Friedrich hat euch mehr geliebt als
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