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Die Zuflucht der Drachen - Roman

Die Zuflucht der Drachen - Roman

Titel: Die Zuflucht der Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penhaligon Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Anzeichen von Schwierigkeiten versteckst du den Rucksack und kommst wieder rein. Wenn es sein muss, können wir die Einstiegsöffnung verteidigen.«
    »In Ordnung.«
    »Weniger reden, mehr Kniffel«, brummte Bubda.
    Warren ließ wieder die Würfel klappern. »Pass auf dich auf.«
    »Mach ich.« Kendra stieg nach oben und kletterte aus dem Rucksack.
    Der Boden der Schlucht war sehr unwegsam, und Kendra nahm sich viel Zeit, einen sicheren Weg die sanfte Steigung Richtung Sturmspitze hinauf zu finden. Die Sonne kletterte immer höher, und die schwache Wärme war zwar angenehm, aber Kendra fühlte sich auch schutzlos ausgeliefert. Jeder, der in die Felsschlucht hinabschaute, würde sie sehen können. Trotzdem kam sie gut voran. Und sie sah kein lebendes Wesen, von drei großen Libellen einmal abgesehen.
    Kendra machte sich gerade für die Mittagspause bereit, als hinter einer Ecke die Schlucht abrupt endete. Jetzt hatte sie nicht nur unpassierbare Felswände zur Rechten und zur Linken, sondern auch noch eine weitere, ebenso unüberwindlich wie die anderen, direkt vor sich. In der Richtung, in die sie den ganzen Vormittag gegangen war, gab es keinen Weg aus der Schlucht.
    Kendra wollte schreien, aber ihr war nur zu bewusst, dass der Lärm räuberische Wesen anziehen konnte. Sie wollte gegen die nächste Felswand boxen, entschied aber, dass es sich nicht lohnte, sich dafür die Knöchel aufzuschlagen. Und so sank sie stattdessen zu Boden, ließ den Kopf sinken und heulte los.
    Sobald sie die Tränen einmal zugelassen hatte, flossen sie heiß und schnell. Ihr Körper bebte unter ihren Schluchzern. Sie war froh, dass ihr Bruder sie jetzt nicht sehen konnte. Er hätte über ihre Tränen gelacht. Aber sie wollte gar nicht an ihren Bruder denken. Das machte alles nur schlimmer. Noch mehr Tränen flossen.
    »Nicht weinen«, sagte eine freundliche Stimme hinter ihr.
    Kendra sprang auf und fuhr herum. Nachdem sie sich die Tränen von den nassen Wangen gewischt hatte, stellte sie fest, dass sie direkt in die Augen eines Drachen blickte. Mit steifen Beinen wich sie zurück. Es war der kleinste Drache, den sie bisher gesehen hatte. Sein Körper hatte gerade mal die Größe eines hochgewachsenen Pferdes, auch wenn Hals und Schwanz deutlich länger waren. Auf seinem silbrigweiß glitzernden Schuppenpanzer brach sich das Licht in einem schimmernden Regenbogenschein, und der Kopf war so hell wie polierter Chrom. Insgesamt war der Drache sehr schlank und sah beinahe schnittig aus, als wäre er für große Geschwindigkeiten geschaffen. Kendra merkte, dass sie seltsamerweise nichts von der Lähmung verspürte, die sie beim Anblick der anderen Drachen befallen hatte.
    »Keine Angst«, sagte der Drache, »ich werde dich nicht fressen.« Er hatte eine männliche Stimme, etwa in der Tonlage eines selbstbewussten Teenagers, aber die Worte klangen voller und tiefer, als es irgendein Mensch zuwege gebracht hätte.
    »Ich habe keine Angst«, entgegnete Kendra.
    »Ich habe noch nie besonders großes Entsetzen ausgelöst«, erwiderte der Drache fast bekümmert. »Ich bin froh, dass du dich nicht vor mir fürchtest.«
    »Ich meine, ich bin nicht gelähmt wie bei den anderen Drachen«, erklärte Kendra, die ihn nicht beleidigen wollte. »Angst habe ich jede Menge. Ich bin mir sicher, du könntest mich in Fetzen reißen, wenn du wolltest.«
    »Ich will dir nichts Böses. Du leuchtest wie eine Fee. Stärker als eine Fee, um genau zu sein. Und mehr als ein Feenfreund. Übrigens habe ich auf eine Chance gehofft, dich kennenzulernen.«
    »Was?«
    »Du warst umringt von anderen Menschen.« Der Drache drehte den Kopf zur Seite. War er schüchtern? »Du hast sofort meine Aufmerksamkeit erregt, als du Wyrmroost betreten hast. Ich bin dir von der Feste Schwarzbrunnen an gefolgt.«
    Kendra runzelte die Stirn. »Du bist ein wenig zu glänzend, um dich zu übersehen. Wie konntest du dich versteckt halten?«
    Plötzlich war der Drache weg. Dann war er wieder da. »Ich kann mich so gut wie unsichtbar machen.«
    »Wow. Das würde es erklären.«
    »Glücklicherweise verfüge ich über die ein oder andere Begabung – abgesehen davon, dass ich ein Zwerg bin.«
    »Du wirst schon noch wachsen.«
    »Ach ja? Hat während der letzten Jahrhunderte nicht so recht funktioniert.«
    »Jahrhunderte?«, wiederholte Kendra. »Du bist kein Jungdrache?«
    »Ich bin ein voll ausgewachsener Erwachsener«, sagte der Drache mit einem Unterton der Verbitterung. »Drachen hören nie ganz

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