Die Zuflucht der Drachen - Roman
scharten sich zusammen, und jeder legte eine Hand auf das Horn.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Tanu.
Gavin lachte grimmig. »Wir geben auf. Es gibt keinen Weg an Siletta vorbei. Ich könnte mir keinen besseren Wächter vorstellen. Selbst wenn ihr das Horn festhalten würdet, um euch vor dem Gift zu schützen, ist sie immer noch ein Drache mit Zähnen und Klauen, der eine unfassbare Aura des Grauens verbreitet. Sie hat mich gesehen. Sie ist auf uns vorbereitet. Außerdem, wer weiß, wie lange das Horn uns beschützen würde? Alle magischen Gegenstände verbrauchen sich mit der Zeit. Siletta hingegen ist ein lebender Quell der stärksten bekannten Gifte.«
»Wir sitzen zwischen einer Hydra und einem Giftdrachen fest«, murmelte Dougan.
»Wir müssen uns etwas überlegen«, erklärte Trask. »Sie könnte jeden Augenblick herauskommen.«
»Ich werde mich um sie kümmern«, sagte Seth.
»Mach dich nicht lächerlich«, erwiderte Tanu.
Ärgerlich über die Zurückweisung warf ihm Seth einen verdrossenen Blick zu. »Ich mache mich nicht lächerlich. Ich habe einen Plan. Ich brauche Kendra dazu.«
»Was hast du vor?«, erkundigte sich Trask.
»Wir werden das Horn nicht nur benutzen, um uns vor dem Gift zu schützen«, antwortete Seth. »Wir werden das Horn benutzen, um Siletta zu töten.«
»Wie das?«, fragte Kendra.
»Als Graulas mir geholfen hat, an das Horn heranzukommen, hatte ich den Verdacht, dass er es für sich selbst wollte. Aber dann erklärte er mir, seine Krankheiten wären so sehr ein Teil von ihm selbst geworden, dass es ihn wahrscheinlich umbringen würde, wenn sie geheilt würden. Wenn dieser Drache Giftblut und Giftfleisch hat, müsste ihn das Horn dann nicht töten?«
»Vielleicht«, meinte Gavin nachdenklich. »Aber ich bezweifle, dass das Horn genug Energie hat, um derart viel Gift zu neutralisieren. Einhörner besitzen eine ungeheure Reinheit, aber wir haben kein Einhorn, nur ein altes Horn. Du würdest der Gewalt eines lebenden Drachen lediglich die Kraft eines abgeworfenen Horns entgegensetzen.«
»Wir haben Kendra«, hielt Seth dagegen. »Sie ist wie eine Batterie voll magischer Energie. Wenn sie das Horn hält, wird es aufgeladen bleiben. Und ich werde natürlich mit ihr kommen müssen, sonst wird die von dem Drachen verströmte Angst sie erstarren lassen.«
Die Erwachsenen sahen sich an.
»Es könnte funktionieren«, meinte Gavin nickend.
»Sie sind Kinder«, wandte Trask ein.
»Kinder hin, Kinder her«, überlegte Tanu, »sie haben erstaunliche Dinge geleistet.«
»Lasst mich das Horn nehmen«, erbot sich Gavin. »Es könnte genug Macht haben, um den Drachen zu b-b-besiegen, ohne Kendra in Gefahr zu bringen.«
»Nein«, sagte Kendra mit zitternder Stimme. »Wenn irgendjemand das Horn benutzt, dann ich. Seth hat recht. Wir können nicht riskieren, dass dem Horn die Energie ausgeht. Wir werden nur einen einzigen Versuch haben.«
»Ich werde nicht zulassen, dass Kinder für mich ihren Kopf riskieren«, polterte Dougan. »Beide sollten eigentlich überhaupt nicht hier sein. Kendra sollte in der Feste sein und Seth in Fabelheim. Wir können es auch nicht riskieren, Gavin zu verlieren. Wir brauchen ihn als unseren Unterhändler bei den Drachen. Wenn Tanu mich mit einem Trank gegen die Drachenangst unterstützen kann, werde ich es tun.«
»Lasst mich dieses Risiko eingehen«, meldete sich Mara zu Wort. »Ich bin schnell. Ich bin beweglich. Und ich bin eine Drachenzähmerin.«
»Was ist mit Mendigo?«, schlug Tanu vor. »Der Marionette wird das Gift nichts anhaben können. Und sie ist unheimlich flink.«
»Mendigo kann uns begleiten«, sagte Seth. »Als Verstärkung, versteht ihr? Aber Kendra muss dabei sein, um dafür zu sorgen, dass das Horn aufgeladen bleibt. Wir alle wissen, dass es ansonsten wahrscheinlich nicht genug Macht hat. Und damit Kendra dabei sein kann, muss auch ich dabei sein.«
»Du willst doch nur einen Drachen töten«, argwöhnte Kendra.
Seth hatte Mühe, ein schuldbewusstes Lächeln zu unterdrücken. »Ein bisschen vielleicht schon. Aber vor allem will ich diesen Schlüssel holen und wieder nach Hause.«
»Denkt ihr wirklich, ihr kriegt das hin?«, fragte Trask. Sein Blick sprang zwischen Seth und Kendra hin und her. »Der Drache wird nicht einfach still dasitzen und euch erlauben, ihn zu berühren. Wenn sein Gift euch nicht umbringt, wird er euch wahrscheinlich zerfetzen oder auffressen.«
»Ich sollte einen Sack Drachenbann mitnehmen«, meinte Seth.
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