Die Zuflucht der Drachen - Roman
erkennbaren Schuppen und sah eher aus wie ein Riesensalamander mit durchscheinender Haut. Darunter zeigte sich ein Geflecht von dunkelblauen Adern, die mit violetten und grünen Organen verknäult waren. Ihr breites Maul war groß genug, um ein Auto zu verschlingen, und mit mehreren Reihen schlanker bleicher Zähne bewehrt, die leicht gebogen waren und sehr scharf wirkten.
Mit peitschendem Körper kam der Drache wie ein Wirbelwind auf Mendigo zugeschossen, doch die Marionette hüpfte rechtzeitig zur Seite. Erst jetzt, da Siletta näher an einen der Leuchtsteine herangekommen war, sah Kendra, wie unglaublich lang sie war. Ihr Körper wurde von mindestens zehn Beinpaaren getragen.
Seth führte sie zur nächsten Säule auf der linken Seite des Raums.
»Ich sehe euch zwei«, zischte der Drache, und es klang, als überlagerten sich mehrere in einem grimmigen Flüsterton sprechende Stimmen. »Habt ihr diese lächerliche Puppe geschickt, damit sie mich belästigt?«
Kendra blickte zu Seth hinüber und schüttelte den Kopf, um ihn davon abzubringen, dem Drachen zu antworten.
»Wir sind hier auf Urlaub!«, brüllte Seth. »Wir machen eine Rundreise zu den krassesten Drachen der Welt. Die Puppe ist unser Führer. Dürfen wir Fotos machen, oder kostet das extra?«
Seth lief zu einer weiteren Säule. Kendra zerrte er hinter sich her. Während sie über die offene Fläche eilten, sah Kendra die Drachendame auf sie zuschleichen.
»Warum erstickt ihr nicht?«
»Wir sind grad nicht in Stimmung dafür«, erwiderte Seth. »Ach, könntest du vielleicht so gut sein und uns den Weg zu einem Drachen namens Glommus beschreiben? Wir haben leider nur einen großen, hässlichen Drachen mit abgeschlagenem Kopf gefunden.«
Siletta stieß ein rasselndes Knurren aus. Violetter Nebel erfüllte die Luft. Rauchend berührten die Partikel Kendras Haut. Wieder ging Seth voran, und sie liefen zur nächsten Säule. Durch den violetten Dunstschleier konnte Kendra den Drachen, der nur zwei Säulen weiter lauerte, kaum ausmachen.
»Welchen Gegenzauber wendet ihr an?«, fragte Siletta vorwurfsvoll.
Seth linste um die Säule, hob seine Armbrust und schoss.
Die Drachendame brüllte. Dann hörten sie, wie sie sich weiter in ihre Richtung bewegte.
Kendra spähte um die Ecke und sah, wie Siletta gerade um eine Säule ganz in der Nähe kroch.
Seth und Kendra wechselten entsprechend die Position, sodass ihre Säule immer zwischen ihnen und dem Drachen war.
»Hört auf herumzuschleichen«, zischte Siletta bebend vor Wut.
»Wir hören auf, uns zu verstecken, wenn du aufhörst, giftig zu sein«, rief Seth. »Mir scheint, als wärst du diejenige, die hier versucht, Zeit zu schinden. Komm raus, damit wir unser Foto machen und nach Hause gehen können.«
Sie hörten Mendigo in der Nähe klimpern, dann erschien der große Kopf des Drachen auf der anderen Seite der Säule, keine drei Meter entfernt. Kendra hatte überhaupt nicht bemerkt, wie Siletta näher gekommen war. Anscheinend konnte sie sich lautlos bewegen, wenn sie wollte. Das riesige Maul öffnete sich, ein Sturzbach von warmem Schlamm ergoss sich auf Seth und Kendra, und sie kippten nach hinten um.
Im Fallen klammerte sich Kendra verzweifelt an Seth und das Horn. Die teerähnliche Substanz schäumte und zischte und stieg als Dampf von ihrer Haut und ihren Kleidern auf. Kendra wischte sich mit ihrer freien Hand den Schlamm aus den Augen, während Seth sie wieder hochzerrte.
Das Schwert schwingend, hackte Mendigo gleich hinter dem Kopf auf den Drachen ein. Siletta wand sich und schnappte um sich und fing schließlich die Marionette im Maul, sodass nur noch die hölzernen Beine herausbaumelten.
Kendra und Seth hielten das Horn vor sich ausgestreckt und griffen an. Das Maul öffnete sich wieder und spie erneut tintenschwarze Flüssigkeit aus. Mendigo fiel aus dem Maul und plumpste auf den Boden, doch diesmal schoss der widerliche Erguss nicht ganz so druckvoll hervor. Seth und Kendra preschten vor, das Horn nach der Schnauze des Drachen ausgestreckt.
Siletta schreckte zurück. Ihr langer Körper bäumte sich auf und zog sich zusammen, wand sich von ihnen weg. Glitschige Füße mit Schwimmhäuten machten sich eilig auf den Rückzug, doch noch während sich die vordere Hälfte ihres geschmeidigen Körpers davonstahl, schwang der Schwanz herum und riss Kendra und Seth die Füße vom Boden.
»Jetzt verstehe ich«, zischte Siletta wütend. »Ja, ja, diese unartigen Kinder haben einen gemeinen Dorn
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