Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)
weniger feinen Stadtviertel
reichen.
Scheiß auf die Perspektive, dachte sie. Die hat
dich früher nicht weitergebracht, die wird es auch in Zukunft nicht tun. Siehst
du ja. Also leb gefälligst im Hier und Jetzt. Was anderes wird dir nicht übrig
bleiben.
Der schöne Eindruck, den Darius von Stemmens
Villa von außen hervorrief, wurde leider geschmälert, wenn man die Vorhalle
betrat. Die war zwar mit Teppichen, Kronleuchtern und Ölgemälden ausgestattet
worden, roch aber bestialisch nach vergammeltem Pansen, abgehangener Lunge und
angenagten Rinderhufen. Der Mann war ein leidenschaftlicher Verfechter der
Rohfütterung von Hunden. Marie hatte keine Ahnung, über welche Kanäle er das
Zeug bezog. Vielleicht hatte er eine Vereinbarung mit dem nächsten Metzger
getroffen, was dessen Schlachtabfälle betraf.
Dieser Geruch war eine Zumutung für alle
Besucher. Trotzdem war und blieb Darius überzeugt von seiner Methode.
Rohfütterung käme der naturgemäßen Ernährung des Hundes am nächsten, sagte er
immer. Schließlich stamme auch Hasso vom Grünen Schlierbachtal in letzter
Instanz vom Wolf ab. Deshalb verfütterte er fast ausschließlich rohes Fleisch
an ihn. Am besten in der abgehangenen, durchgereiften Version und nur sparsam
mit Kräutern, Getreidekörnern und Gemüse garniert. Trockenfutter, Leckerchen
und Hundekekse kamen ihm nicht in den Napf, weil der Verdauungstrakt des
Adeligen angeblich nicht darauf eingestellt war.
Als Marie den Hund in Empfang nehmen wollte,
drehte er sich mal wieder auf den Rücken, zeigte ihr seine Kehle und litt so
bühnenreif vor sich hin, wie es nur ein Spaniel konnte. Während sie sich über
ihn beugte, war es, als hielte sie ihre Nase in eine Knoblauchpresse. Der
längliche Fang, die befederten Beine, das seidig gewellte Fell: Alles stank
schier überwältigend nach Zaziki.
„Was haben Sie ihm bloß gegeben?“, fragte sie.
„Knoblauch, und das bekommt ihm ausgezeichnet“,
sagte Darius von Stemmen.
„Warum schreiben Sie nicht gleich ein Buch
darüber? 100 goldene Tipps,
wie man seinen Hund mit Zwiebelgewächsen in die ewigen Jagdgründe befördert .“ Sie versuchte dem Mann weiter ins Gewissen
zu reden, aber das Thema war für ihn nun mal ein Glaubensbekenntnis, und er war
der Heiland, der es verkünden durfte. Nach einer Weile gab sie es auf und jagte
den Spaniel nach draußen an die frische Luft. Hier drinnen hielt sie es keine
Minute länger aus.
Anschließend setzte sie ihre Tour fort,
sammelte die restlichen Hunde ein und verbrachte die nächsten drei Stunden mit
ihnen auf dem Hundeplatz.
Nachdem sie auf dem Rückweg fast alle wieder
verteilt hatte, stellte sie erstaunt fest, dass sie diesmal ihre übliche
Bringreihenfolge verändert hatte. Zum Schluss saßen nur noch Othello und Frau
Meyer im Fond des Wagens. Dabei hätten dort eigentlich Othello und Otto sitzen
müssen. Warum, war ihr selbst nicht ganz klar. Das war wohl aus einer Laune
heraus geschehen. Obwohl … Im Grunde genommen wusste sie, warum. Jonas
war zwar ’ne Nummer für sich, aber in letzter Zeit musste sie sich eingestehen,
dass sie sich auf eine seltsame Art und Weise zu ihm hingezogen fühlte.
Manchmal ertappte sie sich sogar dabei, wie sie ohne Grund vor sich hin
lächelte, wenn sie an ihn dachte.
Er war und blieb natürlich ein Messie und ein
Idiot, und wann immer sie sich zwischen Tür und Angel begegneten oder sich am
Telefon unterhielten, hätte sie ihn vor Ungeduld schütteln können. Aber da war
eben auch etwas Neues, das sie für ihn empfand.
Dummerweise war heute vor seinem Haus wieder
nichts frei. Während sie auf der Suche nach einer Parklücke dreimal um den
Block fuhr, fingen die Hunde wieder an zu winseln und zu jaulen. So war das
immer. Ab einer gewissen Umdrehungszahl des Motors spürten sie anhand der
Geräusche und Vibrationen, dass ihre Befreiung unmittelbar bevorstand, und
konnten es kaum noch erwarten.
Dem Himmel sei Dank, gerade wurde in einer
Nebenstraße eine Lücke frei. Leider war sie sehr eng, sodass Marie ihr ganzes
Können aufbieten musste, um den Bus dort hineinzubugsieren. Nach dem ersten
vergeblichen Versuch pfiff sie die Hunde an, endlich still zu sein. Dann
straffte sie die Schultern, atmete tief durch und begann erneut mit dem
Manöver: die Lage peilen, sich in Position bringen, Lenkrad einschlagen, Gas
geben, letzte Korrekturen an Richtung und Tempo vornehmen, dabei den Toyota vor
sich und den Mercedes hinter sich im Auge behalten … Und als auch der
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