Die Zwanziger Jahre (German Edition)
gehört aber auch, den Mädchen, die anders als die meisten Jungs oft nicht nur wegen des Fußballspiels kommen, weitere interessante Angebote zu machen – Musizieren, Malen, Schauspielern. Gut ausgebildete und kluge Betreuer können das Spiel anreichern, um die Mädchen zu binden. Das ist schneller gesagt als getan. Über Nacht ist das nicht umzusetzen. Aber in diese Richtung müssen wir uns bewegen.
Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung ist, dass Deutschland seine Spitzenstellung im Frauenfußball wahrt. Die Nachwuchsförderung muss intensiv weitergeführt werden, damit in einem Frauenfußballland wie Deutschland immer wieder eine starke und konkurrenzfähige Nationalmannschaft aufgestellt werden kann. Und das in dem Bewusstsein, dass die Konkurrenz größer wird. Denn in Europa und in der ganzen Welt haben viele Nationalverbände das Interesse am Frauenfußball gewonnen – sie sehen die sportliche, zunehmend auch die wirtschaftliche und letztlich die soziale und gesellschaftliche Chance, die damit verbunden ist.
Die Frauen-Bundesliga ist eine der stärksten der Welt. Aber das wird auf Dauer nicht reichen. Die WM 2011 hat gezeigt, dass der sportliche Erfolg mit dem gesellschaftlichen Interesse verbunden werden muss. Das ist der große Unterschied zum Männerfußball. Hier trägt der Sport allein, und die Gesellschaft interessiert sich vor allem für die Skandälchen und Konflikte dieses Unterhaltungsbetriebs.
So steht die Frauen-Bundesliga vor einer entscheidenden Weichenstellung. Will sie sich mit dem Status quo zufriedengeben und ein Anhängsel des Männerfußballs bleiben oder schafft sie eine eigene sportlich-gesellschaftliche Marke? Ich habe allergrößte Hochachtung vor den mutigen Pionierinnen, die vor mehr als vierzig Jahren Tabus gebrochen und Hindernisse aus dem Weg geräumt haben. Sie haben beharrlich dafür gesorgt, dass ihr Sport in der Männerwelt Fußball eine gewisse Anerkennung findet. Ich hoffe, dass Hannelore Ratzeburg sich mit dem Erreichten nicht zufriedengibt, sondern – wie in der Vergangenheit – weiter bereit ist, neue Impulse zu setzen.
So braucht die Frauen-Bundesliga meines Erachtens einen eigenen Ligaverband, der sich mit den Städten, den politischen Gremien, den Frauenvertretungen verbündet, um den Fußball im kulturellen und sozialen Geschehen zu verankern. Anders als der Männerfußball, der von der Sensationsgier alleine leben kann, ist der Frauenfußball ein zukunftsorientiertes gesellschaftliches Phänomen, das mit der Stellung und Entwicklung der Frauen in der Gesellschaft untrennbar verbunden ist.
Nur ein eigener Ligaverband, der auch Konflikte mit dem DFB nicht zu scheuen braucht, kann auf der Basis dieser Besonderheiten eine eigene Marke entwickeln. Dazu braucht es Persönlichkeiten, die diese Marke glaubhaft repräsentieren, Künstlerinnen, Schauspielerinnen, Politikerinnen, die als WM -Botschafterinnen überzeugt haben. Frauen wie Dunja Hajali – solche Typen braucht der Frauenfußball, oder auch Männer, wenn ich an Klaus-Peter Müller, den früheren Chef der Commerzbank, denke.
Vor diesem Hintergrund haben wohl auch die eigenständigen Frauenvereine wie der 1. FFC Frankfurt, der FCR Duisburg oder der 1. FFC Turbine Potsdam die besten Aussichten, für ihren Sport die notwendigen wirtschaftlichen Grundlagen zu schaffen, wenn sie es richtig anfangen. Frankfurt und Potsdam schaffen mit viel Einsatz die Netzwerke in Politik und Gesellschaft, ohne die es nicht erfolgreich weitergehen wird. Aber sonst?
Ich war lange dafür, dass Männer-Bundesligisten auch eine Frauenabteilung einrichten, weil damit sichergestellt wird, dass die sportlichen Grundvoraussetzungen erfüllt sind: gute Trainer, gute Ausrüstung, medizinische Betreuung. Aber eine eigenständige Vermarktung wird sich auf diesem Weg offenbar nicht verwirklichen lassen. Der Frauenfußball ist in den Großvereinen der Männer in aller Regel nur ein Feigenblatt.
Der FC Bayern München gibt lieber Geld aus, um eine Basketballabteilung aufzubauen, statt seine erstklassigen Fußballerinnen noch stärker zu unterstützen. Auch in Köln oder Leverkusen hat man nicht den Eindruck, als würde dort den Fußballerinnen eine wirkliche Entwicklungsperspektive geboten. Der Hamburger SV hat sein Frauenteam sogar aus der Bundesliga abgemeldet, angeblich, weil er es nicht finanzieren kann. Dabei sind es die Männer, die dort das Geld zum Fenster hinauswerfen.
Trotz der äußerst erfolgreichen Frauen- WM sieht es
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