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Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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erscheint als das Hotelrestaurant. Sie haben doch nichts gegen das Originelle?«
    »Nein, ganz im Gegenteil«, antwortete Alice und hakte sich bei Daldry ein.
    Das Café war überfüllt und der Zigarettenrauch so dicht, dass man kaum das andere Ende des Raums sehen konnte. Dennoch machte Daldry einen kleinen Tisch aus, zu dem er sich einen Weg bahnte und Alice mitzog. Sie nahm auf der Bank Platz, und während des ganzen Essens unterhielten sie sich weiter über ihre Kindheit. Daldry stammte aus einer gutbürgerlichen Familie und war mit einem Bruder und einer Schwester aufgewachsen, Alice war Einzelkind und kam aus einem eher bescheideneren Elternhaus. In ihrer Jugend hatten beide unter einer gewissen Einsamkeit gelitten, die nichts mit der Liebe zu tun hatte, die sie erfahren oder nicht erfahren hatten, sondern mit ihnen selbst. Beide hatten sie den Regen gemocht, den Winter aber verabscheut, beide hatten auf der Schulbank vor sich hingeträumt, im Sommer ihre erste Liebe erlebt und im Herbst die erste Trennung. Er hatte seinen Vater gehasst, sie den ihren angehimmelt. In diesem Januar 1951 überredete Alice Daldry dazu, seinen ersten türkischen Mokka zu probieren. Skeptisch musterte er den Grund seiner Tasse.
    »Hier ist es üblich, die Zukunft im Kaffeesatz zu lesen. Ich frage mich, was uns der Ihre erzählen würde.«
    »Wir könnten eine Kaffeesatzdeuterin aufsuchen, dann würden wir sehen, ob ihre Weissagung mit der der Hellseherin von Brighton übereinstimmt«, antwortete Alice nachdenklich.
    Daldry sah auf seine Uhr.
    »Das wäre sicher interessant, aber wir müssen es auf später verschieben. Jetzt ist es Zeit, ins Hotel zu gehen, wir sind mit unserem Führer verabredet.«
    Can erwartete sie in der Halle, und Daldry stellte ihn Alice vor.
    »Aus der Nähe sind Sie noch bewundernswürdiger als aus der Ferne!«, rief Can aus, wobei er errötete. Schnell beugte er sich vor, um ihre Hand zu küssen.
    »Das ist nett von Ihnen, ich nehme an, so ist es besser als andersherum?«, sagte sie und wandte sich dann zu Daldry um.
    »Sicherlich«, antwortete dieser, verärgert über Cans Vertraulichkeit.
    Doch nach der roten Gesichtsfarbe des Führers zu urteilen war dieses Kompliment wirklich spontan gewesen.
    »Ich muss Sie sogleich um meine Vergebung bitten«, sagte Can. »Ich wollte Sie nicht verärgern, sondern nur sagen, dass Sie unweigerlich bei Tageslicht noch schöner sind.«
    »Ich glaube, wir haben die Absicht verstanden«, sagte Daldry schroff. »Können wir jetzt vielleicht zu etwas anderem kommen?«
    »Ganz sicher bestimmt, Eure Exzellenz«, stammelte Can noch verwirrter.
    »Mister Daldry hat mir gesagt, Sie wären der beste Führer von Istanbul«, fiel Alice ein, um die Atmosphäre etwas zu entspannen.
    »Das stimmt ganz sicher genau«, erwiderte Can. »Ich stehe zu Ihrer vollständigsten Verfügung.«
    »Und auch der beste Dolmetscher?«
    »Auch das«, sagte Can, dessen Gesicht jetzt purpurrot angelaufen war.
    Alice lachte herzlich.
    »Zumindest werden wir uns nicht langweilen. Ich finde Sie sehr sympathisch«, erklärte sie und fasste sich wieder. »Kommen Sie, setzen wir uns an die Bar, um über unser gemeinsames Projekt zu sprechen.«
    Can ging vor Daldry, der ihn mit einem tadelnden Blick bedachte.
    »Ich kann Sie mit allen Parfümeuren von Istanbul bekannt machen. Es gibt nicht so viele, aber sie sind durchaus glanzvoll«, versicherte Can, nachdem er Alice zugehört hatte. »Wenn Sie bis zum Frühlingsanfang in Istanbul bleiben, zeige ich Ihnen auch die Umgebung, wir haben wilde Rosengärten von ganz spezieller Pracht und Hügel, die überquellen von Feigen, Linden, Alpenveilchen, Jasmin …«
    »Ich denke nicht, dass wir so lange bleiben«, unterbrach ihn Alice.
    »Sagen Sie das nicht, wer weiß, was die Zukunft uns schenkt«, antwortete Can, was ihm sogleich einen Fußtritt von Daldry unter dem Tisch einbrachte.
    Er zuckte zusammen und sah ihn wütend an.
    »Ich brauche den Nachmittag, um alles zu organisieren«, erklärte er dann. »Ich werde einige Anrufe unternehmen und könnte Sie dann morgen früh hier abholen.«
    Alice war so aufgeregt wie ein Kind am Abend vor Weihnachten. Die Vorstellung, türkische Kollegen treffen und ihre Arbeit kennenlernen zu können, begeisterte sie und vertrieb jeglichen Wunsch, die Reise abzubrechen.
    »Ich freue mich sehr und bin Ihnen äußerst dankbar«, sagte sie zu Can, als sie ihm zum Abschied die Hand reichte.
    Dieser erhob sich und fragte Daldry, ob er ihn in

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