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Die zwei Monde: Roman (German Edition)

Die zwei Monde: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Monde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Tarenzi
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Zimmertür geschlossen war, öffnete das Fenster, und einen Moment später flog ich ein weiteres Mal frei durch die Nacht. Ich hielt nur einen Moment inne, um die Stiefeletten auszuziehen und sie mit Gewalt in die Tasche zu stopfen. Nicht einmal ein Wolf konnte mit solchen Absätzen über die Dächer rennen.
    Gerade noch rechtzeitig war ich am Domplatz. Wie erwartet wimmelte es hier nur so von Menschen und brennenden Lichter. Ich war gezwungen, auf eine der Seitenstraßen auszuweichen und mir ein möglichst verlassenes Gässchen zu suchen, um auf der Erde zu landen. Als ich schließlich wieder zu Fuß auf der Piazza ankam, war ich definitiv zu spät, aber Irene hatte mir mehrfach wiederholt, dass ich mir deswegen keine Sorgen zu machen brauchte: Auch das gehörte ihrer Meinung nach zur Kunst der Verführung.
    Unschlüssig ging ich auf die Treppen vor der Kathedrale zu, auf der überall verstreut kleine Grüppchen von Jugendlichen saßen und schwatzten, rauchten und lachten. Ich sah mich suchend nach Ivan um, aber schließlich war er es, der mich zuerst fand, denn während ich noch ratlos dastand, sagte eine Stimme hinter mir: »Klopf, klopf.«
    Ich lächelte, drehte mich aber nicht um. »Wer ist da?«
    »Der Mann, den ihr alle wenigstens einmal im Leben treffen möchtet.«
    »Edward Cullen?«
    »Besser!«
    »Keine Übertreibung, bitte!«
    Ich hörte, wie er lachte, und drehte mich zu ihm um. Er trug schwarze Jeans und ein weißes Hemd mit offenem Kragen, und er hatte seine übliche Jacke mit einem Trenchcoat aus schwarzem Leder vertauscht, der ihm wieder einmal das Aussehen eines Helden verlieh, der nicht so recht ins einundzwanzigste Jahrhundert zu passen schien. Die Haare fielen ihm offen auf die Schultern, schwarz wie der Nachthimmel hinter ihm, und in diesem Moment schien er mir so schön, dass mir der Atem stockte.
    Seine Augen funkelten, während er mich von Kopf bis Fuß musterte. »Wow, du siehst wirklich gut aus heute Abend.«
    »Danke«, murmelte ich. »Du auch … du siehst auch nicht schlecht aus«, fügte ich schnell hinzu.
    Sein Lächeln wurde breiter. »Und, was wollen wir uns ansehen?« Er machte eine ausladende Geste. »Es wimmelt hier nur so von Kinos, da ist für jeden Geschmack was dabei.«
    Wir gingen eine Weile nebeneinander, unterhielten uns und sahen uns die Kinoprogramme an. Ivan blieb vor der Werbung für einen Film stehen, der gerade herausgekommen war und irgendwas mit Vampiren und Werwölfen zu tun hatte. Ich bekam Gänsehaut und schüttelte den Kopf.
    Ivan hob eine Augenbraue. »Ich hätte geschworen, dass du der Typ Mädchen bist, dem Horrorfilme gefallen.«
    »Im Prinzip ja.« Ich schwieg einen Moment. »Aber ich mag keine Vampire.«
    »Okay«, versetzte er, ohne die Ruhe zu verlieren.
    Das nächste Kinoplakat kam mir irgendwie bekannt vor. »Oh, das Remake von Freitag der 13 .«, grinste Ivan. »Das Original ist von 1980 und sehr berühmt: Wenn es einen König unter den Klassikern des Slasher- Films gibt, dann ist es dieser Film.«
    Er warf mir einen ziemlich skeptischen Blick zu, aber ich nickte.
    »Kannst du wirklich verantworten, dass ich einen solchen Fehltritt begehe und ein Mädchen bei der ersten Verabredung in einen Film führe, der von wahnsinnigen Mördern und hingemetzelten Jugendlichen handelt?«
    Ich hielt seinem Blick stand. »Hast du das schon mal gemacht?«
    »Was?«
    »Ein Mädchen bei der ersten Verabredung in einen solchen Film geführt.«
    »Nein.«
    Ich lächelte. »Es gibt immer ein erstes Mal.«
    Er schüttelte den Kopf und lächelte seinerseits. »Ich wusste es.«
    »Du wusstest was?«
    »Dass du einzigartig bist.«
    Ich fühlte einen warmen Schauder über den Rücken laufen, sagte aber nichts.
    Der Film stellte sich als ziemlich langweilig und nicht mal besonders gruselig heraus, aber das war uns ziemlich egal. Wir waren mehr damit beschäftigt, miteinander zu flüstern und zu kichern, was uns von den umliegenden Sesseln mehrere Rüffel einbrachte. Als wir aus dem Kino kamen, waren wir hungrig und durstig, und so führte mich Ivan in ein nahegelegenes Lokal; aber dort war die Musik so laut und die Lichter der Scheinwerfer so grell, dass wir schließlich im Freien auf einer Bank landeten und uns immer noch plaudernd eine Dose Bier teilten. Wir scherten uns nicht um die Kälte und sahen zu, wie unser Atem in weißen Wölkchen in die Luft stieg.
    Eher zufällig stellte ich mit einem Blick auf mein Handy fest, dass es schon nach drei war.
    »O Mist …«
    »Was

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