Die Zweierbeziehung
häufiger als in Erst-Ehen. Die Ambivalenz der Ehe gegenüber wird häufig als Kollusion gelebt:
Der eine Partner sehnt sich offen nach Bindung. Ihre Verwirklichung wird ihm unmöglich gemacht durch die Bindungsangst seines Partners, der keinesfalls heiraten möchte. Obwohl sich dieser nicht in eine verbindliche Bindung einlassen möchte, erweist er sich in der Beziehung als stabil und verlässlich. Er betont die Ablehnung einer offiziellen Bindung, verhält sich aber wie ein festgebundener Partner. Man darf es ihm nur nicht sagen. Die Kollusion zeigt sich im Zusammenspiel der Partner: Der eine lehnt eine feste Bindung ab, der andere wünscht sich eine feste Bindung. Die Ambivalenz wird zwischen den Partnern aufgeteilt. Der eine fühlt sich erleichtert, dass der andere den Widerstand gegen die Bindung Bindung artikuliert, der andere ist heimlich froh, dass der andere Bindung offen ersehnt und damit den festen Bestand der Beziehung sichert.
Das Modell der Bindungskollusion
Die Polarisierung besteht in der Auflösung der beidseitigen Ambivalenz, wo der eine Partner, meist der Mann, mehr für die Freiheit und Ungebundenheit eintritt, der andere für die Bindung und Verbindlichkeit. Es handelt sich nicht um eine progressiv-regressive Polarisierung, weil es im heutigen Verständnis nicht möglich ist, festzulegen, ob der Widerstand gegen die Heirat eine regressive oder progressive Einstellung ist. Es liegt eine beidseitige Ambivalenz der beiden Partner vor. Der Mann hat starke Bedenken, seine Freiheit und Ungebundenheit zu verlieren und von seiner Partnerin auf Bindung festgelegt zu werden. Die Frau aber vertritt den Wunsch nach fester Bindung, wohl wissend, dass der Mann diese weiterhin ablehnen wird.
Interessant ist, dass im folgenden Fallbeispiel überraschenderweise der bindungsscheue Mann im Laufe der Gespräche den Wunsch nach fester Bindung uneingestanden artikuliert und die scheinbar gebundene Frau am Ende der Therapie die Ängste vor Bindung vorbringt. In beiden Fällen gibt es also eine uneingestandene abgewehrte Seite, die dem Partner delegiert wird. Diese Delegation wird gegen Ende der Therapie zurückgenommen, sodass die Partner darin ihr eigenes Problem erkennen.
Fallgeschichte:
Stefan und Martha leben seit 17 Jahren unverheiratet zusammen. Beide sind in erster Ehe geschieden und haben je zwei heute erwachsene Kinder. Anlass zur Anmeldung durch die Frau ist die Außenbeziehung von Stefan seit zweieinhalb Jahren. Angelika, die Freundin des Mannes, fordert jetzt eine Entscheidung. Stefan kann sich aber weder für die eine noch für die andere Frau entscheiden. Er will in jedem Fall die Beziehung zur Geliebten aufrechterhalten, obwohl er sich gleichzeitig mit der Absicht, Martha zu heiraten, befasst. Schon in der ersten Therapiesitzung wirkt er vertrotzt, er reagiert gereizt auf jede meiner Fragen. Er scheint der Meinung zu sein, dass mich die von mir gestellten Fragen überhaupt nichts angehen. Ich betone, dass es für mich wichtig sei, Fragen zu stellen, er jedoch sein eigener Chairman sei und selbst entscheide, ob er meine Fragen beantworten wolle. Er will die Beziehung zu Angelika nicht aufgeben. Er verbittet sich Fragen zu dieser Beziehung. Klar ist lediglich, dass er sich von ihr nicht trennen will. Er fühlt sich rasch eingeengt. Er versucht mich mit seinem Anspruch auf Fremdbeziehungen zu provozieren. Sowohl er wie auch Martha, seine Partnerin, absolvieren Therapien nach Jung’scher Observanz. Dabei befolgen beide die Meinung ihres Therapeuten, dass das Wichtigste sich in den Träumen zeige und dass die Träume Hinweise darauf geben, was gelebt werden müsse. Das heißt, er träumt von seiner Parallelbeziehung, sie von der schweren Verletzung, die sie davon erleidet. Beide fühlen sich in ihrem Verhalten durch die Träume bestätigt. Das therapeutische Gespräch bleibt schwierig. Ich bemerke, er befürchte wohl, von mir festgelegt zu werden, eine Angst, die nicht notwendig sei. Mich beeindruckte, dass er die Beziehung zu Martha seit 17 Jahren nicht abgebrochen habe, was für hohe Konstanz der Beziehung spreche.
Martha ist durch seine Untreue verletzt, möchte ihn aber dennoch heiraten. Schon in der dritten Sitzung bestätigt Martha, dass er inzwischen wesentlich offener wirke und mehr hinhöre, was sie sage. Ich hatte in der zweiten Sitzung gefragt, ob er möchte, dass Martha es aufgebe, ihn mit Treueansprüchen zu bedrängen. Er verneint das entschieden. Daraufhin bemerke ich, dass eine
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