Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)
verzichtet. Die schwarze Jeans mit dem grauen Blazer und dem schwarzen Top darunter ließen sie seriöser aussehen.
Es nieselte nur noch. So verzichtete sie auf den Schirm, den sie garantiert irgendwo vergessen würde. Aus dem Ordner entnahm sie die Kopie des Fotos von Eva Seitz und bedauerte, dass sie keines von der Mutter hatte.
Bewaffnet mit Camera und Digi-Recorder schlug sie den Weg in die schmale Fußgängerzone ein. Schon bald erblickte sie auf der rechten Seite ein Café. Es machte einen alteingesessenen Eindruck und wahrscheinlich wurde es auch von alteingesessenen Ahrweiler Bürger betrieben. Sie schritt auf den Eingang zu. Die Vorstellung eines dampfenden Kaffees ließ sie automatisch hineingehen. Das Café war gut besucht. Es gab doch noch Menschen, die vor dem sonntäglichen Fernsehprogramm flüchteten und Kontakt zur Außenwelt suchten, wenn auch nur in einem Café. Sie fand einen leeren Platz direkt an einem kleinen Tisch an der Wand. Ungemütlich, aber es störte sie nicht. Anke beobachtete die Kellnerin. Na, die wird nicht viel wissen können, zu jung. Im Telefonbuch war der Namen Maron in Ahrweiler nicht zu finden gewesen. Vielleicht hatte Evas Mutter wieder geheiratet und die Eltern waren tot oder fortgezogen. Oder es gab einfach keinen Eintrag. Jetzt am Sonntag konnte sie auch nirgends anrufen. Die junge Kellnerin holte sie aus ihren Gedanken. Anke bestellte eine Tasse Kaffee und ein Stück Apfelkuchen mit viel Sahne als Nervennahrung, die würde sie brauchen.
Als die Kellnerin ihr die Bestellung servierte, überlegte Anke nur kurz. Sie vertraute auf ihre Intuition und hielt dem Mädchen das Foto von Eva Seitz hin.
„Sie sind zwar noch sehr jung, aber vielleicht sagt Ihnen dieses Foto doch etwas. Die Frau ist hier aufgewachsen. Ich suche ihre Mutter. Irmgard Maron“.
„ Die Frau kenne ich irgendwo her.“
„ Wahrscheinlich aus der Zeitung, aber ich suche nicht diese Frau, sonder wie gesagt ihre Mutter.“
„ Sind Sie Detektivin oder so was?“
Das Mädchen sah sie misstrauisch an. Anke schüttelte den Kopf.
„Ich arbeite für eine Zeitung.“
„ Augenblick.“
Die Kellnerin eilte davon. Anke sah sie hinter der Theke durch eine Tür verschwinden. Jedenfalls hatte sie angebissen. Anke nippte an dem heißen Kaffee. Hinter der Theke lugte eine ältere Frau zu ihr herüber. Anke schätzte sie auf Anfang sechzig. Neben ihr stand die Kellnerin. Sie winkte. Anke erhob sich und folgte der Frau in die Küche.
„Kann ich mal das Foto sehen?“, fragte sie noch etwas scheu.
Anke hielt es ihr hin. Die Frau betrachtete das Foto eine Weile.
„Ich suche nicht die Frau auf dem Foto, sondern ihre Mutter. Sie hat hier in Ahrweiler mit der Tochter gelebt.“
Die Frau nickte.
„Und die hat ihren Mann umgebracht.“
Anke wollte weiß Gott nicht darüber reden.
„Kennen oder kannten Sie ihre Mutter?“
„ Nicht genug. Aber ich kenne jemand“, fuhr die Frau fort, „der sie gut gekannt hat.“
Anke atmete auf.
„Können Sie mir sagen, wo ich diese Person antreffe?“
Die Frau nahm ihre Schürze ab und legte sie über den Stuhl.
„Kommen Sie, ich führe Sie hin. Es ist nicht weit.“
Bedauernd ließ Anke Kaffee und Kuchen auf dem Tisch zurück und verließ mit der Frau das Café. Es nieselte noch immer, aber ihrer Wegweiserin schien das nichts auszumachen. Nicht einmal eine Jacke hatte sie übergezogen.
„Wie ist Ihr Name?“, fragte die Frau sie draußen.
„ Ach, Entschuldigung, ich heiße Anke Contoli und bin Journalistin.“
Die Frau nickte, als wolle sie dies bestätigen.
„Ich bin Maria Brand.“
Sie ging mit Anke ein Stück die Fußgängerzone hinauf und bog dann rechts ab in eine der typischen engen Gassen des Örtchens. Die Häuser waren klein und aneinandergebaut. Eine einzige lange krumme und schiefe Häusermauer. Anke schoss ein Foto.
Vor einem der Eingänge blieb Maria Brand stehen und läutete mehrmals. Anke glaubte schon, niemand sei zu Hause, als eine weibliche Stimme durch die Tür zu ihnen vordrang.
„ Ja, wer ist denn da!“
“ Maria, mach auf!“
Der Schlüssel drehte sich. Eine Frau Mitte fünfzig nickte erst Maria Brand freundlich zu und sah dann Anke fragend an. Aber Maria antwortete schon für sie.
„Das ist eine Journalistin, die will was über die Mutter von Eva wissen.“
Der Blick der Frau erhellte sich darauf hin jedoch nicht. Immerhin gewehrte sie ihnen Einlass in das winzige Wohnzimmer. Anke hatte noch nie so einen kleinen Raum
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