Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)
Praxisräume eingerichtet. Zwei davon waren jetzt an weitere Kollegen vermietet. Als der Vertrag bei der Uni ausgelaufen war, konnte er nahtlos überwechseln ins selbstständige Berufsleben.
An den Wochenenden hatte er häufig Vorträge über Analytische Gestalttherapie gehalten und so eines Tages vor Anke gestanden. Mit ihren geschwungenen roten Lippen, die die gleiche Farbe trugen wie ihr Haarschopf, hatte sie ihn kess um ein Interview gebeten. Nie hätte er es für möglich gehalten, dass diese rassige Frau einmal seine werden sollte. Sie hatten sich nicht gleich ineinander verliebt. Nachdem sie in der Kneipe um die Ecke bis weit nach Mitternacht über, wie sie es nannte, Psychokram, diskutiert hatten, bekam sie Hunger. Spontan lud er sie zu sich zum Essen ein. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass er im Morgengrauen in seiner Küche gestanden und gekocht hatte.
Irgendwann zwischen Kochen, Essen und Wein hatte es gefunkt. Acht Monate später waren sie verheiratet gewesen. Sie war hierher in sein Haus gezogen, und er hatte sich gewünscht, dass sie mehr zu Hause sei, für ihn sorgte, ihn bekochte, ihm bald ein Kind schenkte und nur für die Familie da war. Aber Anke dachte auch heute noch nicht im Traum daran. Sie verfolgte nicht erst seit damals ein ganz anderes Leben mit Arbeit und Karriere. Häufig hatten sie wie die Kesselflicker gestritten, bis sie ihre Koffer gepackt und abgerauscht war in ein eigenes Leben. Es folgte eine dreimonatige Sendepause, bis sie eines Abends vor seiner Tür gestanden hatte.
„Ich will mich mit dir über die Scheidungsmodalitäten unterhalten“, hatte sie ihm spitz in der Haustür eröffnet. Nach einer halben Stunde war sie erneut für mehrere Monate aus seinem Leben verschwunden. Er hatte mit ungutem Gefühl auf die Scheidungspapiere gewartet, übersandt durch irgendeinen Anwalt, aber nichts war geschehen. Letztes Jahr an seinem Geburtstag hatte er sie zum Essen eingeladen. Sie war die Nacht über geblieben und seitdem lebten sie diese verrückte Ehe auf Trennung. Auf diese Art war es ihm möglich, ihre Lebensweise zu akzeptieren. Wieso ging das nicht, wenn sie zusammenlebten? Wie hatte sie im Aktuell gesagt? Irgendwann mal, wenn du erwachsen geworden bist. Auch hieran musste er arbeiten. Für Anke wollte er endlich in seiner Mutterbeziehung erwachsen werden. Immerhin war er achtundvierzig Jahre, außerdem wollte er sie mit Haut und Haaren zurück. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Wo blieb sie nur? Er sah auf die Uhr, gleich war es halb sechs. Sein Handy auf dem Tisch meldete sich mit zwei Pieptönen. Eine SMS von Anke: Bin gegen halb sieben da, komme gleich zu dir, koche was Leckeres.
In einer Stunde würde er den Zucchiniauflauf gut schaffen. Er freute sich auf sie und war gespannt, was sie herausgefunden hatte.
***
„ Das war jetzt wieder richtig lecker“, lobte Anke ihn. „Also, wenn wir mal alt sind, gehen wir nach Italien, eröffnen dort ein kleines Restaurant, du kochst und ich mache die Honeurs. Was hältst du davon?“
„ Die Idee ist brillant. Wir sollten sie im Hinterkopf behalten. Aber bis es soweit ist, müssen wir noch eine Menge hier erledigen. Jetzt schieß schon los. Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen.“
Anke sammelte flink das Geschirr ein, während Wolf zwei Weingläser füllte und sie auf den Tisch stellte. Anke legte den Recorder dazu und setzte sich.
„Eine Nachricht vorweg, die ist nämlich nicht auf dem Band festgehalten.“ Sie wartete, bis Wolf sich ebenfalls gesetzt hatte. Er blickte sie erwartungsvoll an und nahm sein Glas in die Hand. Anke jedoch reagierte nicht wie sonst darauf, indem sie ihres ebenfalls griff. Sie sah ihn ernst an. „Die Mutter - von Eva Seitz - - Irmgard Maron - - - ist schon seit - - - sechs Jahren - - - tot.“
Wolf blickte sie verdattert an. „Waaas?“
Er stellte sein Glas zurück und schwieg für längere Zeit. Anke störte ihn nicht in seinen Gedanken. Versonnen nippte sie an ihrem Glas. Nach einer Weile tat Wolf es ihr gleich. Er schluckte, ehe er meinte:
„ Eva Seitz scheint ein noch größeres Problem in der Mutterbeziehung zu haben als ich. Wieso hat sie mich, was ihre Mutter betrifft, so heftig belogen?“, folgerte die Frage aus seinen Gedanken.
„ Das herauszufinden ist dein Job. Jedenfalls sagt mir mein Skorpion trächtiges journalistisches Feingespür, dass da etwas so ziemlich im Argen liegt.“
„ Womit du auch so ziemlich recht haben dürftest.“
„ Sie soll
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