Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)
Vergrößerungsspiegel auf dem Regal neben ihrem Bett griff. Im nächsten Moment schleuderte sie ihn in seine Richtung. Er sprang zur Seite. Der Spiegel krachte gegen die Tür. Gleich werden sie kommen, dachte Wolf und Minuten später standen zwei Pfleger im Zimmer, packten Eva beidseitig und führten sie ab. Wolf lehnte sich verstört an die Wand. Was hatte er falsch gemacht? Schnell besann er sich und eilte hinter ihnen her.
„Wo bringen Sie sie hin?“, fragte er, obwohl er es sich denken konnte. Die beiden Pfleger schoben Eva weiter, einer drehte sich um.
„ Na, wohin wohl? Auf die Krise, vorerst.“
„ Mist!“, fluchte Wolf in seinen Schnauz. Er ging zurück ins Zimmer, sammelte seine Utensilien ein und verstaute sie in der Aktentasche. Fünf Minuten später klopfte er an Professor Sanders Tür. Als er keine Antwort vernahm, öffnete er einfach und trat ein. Der Professor saß hinter seinem Schreibtisch. Sein Kopf in beide Hände gestützt.
„ Treten Sie ein, Kollege Heinzgen“, murmelte er auf die Schreibtischplatte. „War wohl auch nicht Ihr Tag heute?“, wobei er das Wort Ihr hörbar betonte.
„ Auch nicht der meiner Patientin“, antwortete Wolf. „Was geschieht jetzt weiter?“
Der Professor stöhnte verhalten. „Ich hatte gehofft, Sie würden es packen, verdammt.“ Ruckartig hob er mit dem letzten Wort seinen Kopf und sah Wolf an. „Sie wird erst mal wieder auf der Krisenstation bleiben, bis sie sich beruhigt hat. Und ich nehme an, erfahrungsgemäß, wird sie sich danach weigern, mit dem jeweiligen Therapeuten, der sie dahin gebracht hat, weiter zu arbeiten. Womit die Sache erledigt wäre.“
„Wir waren schon so ein gutes Team.“
Der Professor wiegte seinen Kopf. Wolf sah ihn mit glühenden Augen an.
„Herr Professor, geben Sie mir noch eine Chance. Ich bin ganz dicht dran.“
„ Ach, Herr Kollege, von mir hängt das doch nicht ab. Sie wird Ihnen keine Chance mehr geben.“
„ Da bin ich nicht so sicher.“
***
Anke betrat an diesem Montag zwischen zwei Regenschauern das Gebäude der Staatsanwaltschaft in Bonn-Beuel. Noch in der Tür hörte sie ihren Namen. Sie drehte sich um und sah Peter Bender auf den Eingang zuschreiten. Er winkte ihr, zu warten.
Sie lachte ihm entgegen, froh, ihn hier schon zu treffen.
„Morgen“, meinte er und hielt ihr die Tür auf.
„ Wir gehen erst einen Kaffee trinken, ich bin noch ziemlich kaputt.“
Anke grinste ihn an.
„Ist deine neue Liebe so anstrengend?“
Peter Bender verdrehte neckisch die Augen und schwieg. In der Kantine besorgte er Kaffee und zwei Brötchen mit Käse. Anke spürte plötzlich beim Anblick der köstlichen Brötchen ihren Hunger. Sie war ohne Frühstück los, Wolf hatte noch im Bad gestanden und sich ausdauernd um seinen Schnauz herum rasiert. Da musste das Frühstück ausfallen.
„Es muss eine Akte Irmgard Maron geben“, erklärte Anke zwischen zwei Bissen. „Sie hat, wenn ich richtig informiert bin, ihren Lebenspartner Claudius Haffner erschlagen.“
Bender staunte.
„Du wärst wirklich bei der Kripo besser aufgehoben als bei der Zeitung, wo hast du denn das her?“
„ Unwichtig, Recherche, gehört zu meinem Job und jetzt iss schon, ich bin regelrecht gespannt.“
Bender schob den Teller mit dem Brötchen zur Seite.
„Weißt du auch, wann das war?“
„ Juni 1986.“
„ Und wie viel hat sie gekriegt?“
„ Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, also nicht viel, ein Jahr vielleicht.“
Bender verzog den Mund.
„Dann gibt es mit Sicherheit keine Akte mehr.“
Anke sah ihn erschrocken an. Bender griff nach ihrer Hand.
„Tut mir leid, aber bei geringem Strafmaß wartet nach maximal fünf Jahren Aufbewahrung der Reißwolf, sonst würden die Archive platzen.“
„ Scheiße“, fiel Anke als einzige Antwort ein.
„ Aber du kannst doch sicherlich Zeitungsartikel raussuchen.“
„ Was steht denn da schon groß drin? Bestimmt keine präzise Information, Schlagzeilen“, maulte Anke richtiggehend enttäuscht.
„ Vierzehn Jahre“, murmelte Bender. „Ich könnte höchstens versuchen, ob ich jemanden auftreibe, der damals dabei war. Ein Richter oder Staatsanwalt.
Am frühen Nachmittag parkte Anke ihren alten VW-Cabrio vor einem ehrwürdigen Gebäude in Pech nahe Bonn. Etwas aufgeregt stieg sie die Eingangsstufen zu dem Haus hinauf. Als sie oben ankam, öffnete sich schon die Eingangstür. Ein etwa achtzigjähriger Mann streckte ihr freundlich die Hand entgegen.
„ Frau
Weitere Kostenlose Bücher