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Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Titel: Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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unbefangenes Lächeln. Was sie dafür bekam, war ihr wohl zu wenig. Als sie an einer Überdosis CET starb, war sie noch nicht einmal sechzehn. Man fand sie auf einer Bank an der Hafenmauer, den starren Blick auf das Meer gerichtet, in dem ihr Schiff versunken war.
    »Hast du das nicht gewusst, Simon?«
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Nein, sie ist nicht da. Wenn sie hier wäre, hätte ich sie gefunden.«
    »Dann gibt es also noch andere Orte wie diesen?«, erkundigte sich der Kapitän verblüfft.
    »Vielleicht.« Simon zuckte mit den Schultern. »Das weiß niemand genau.«
    Plötzlich straffte sich seine Gestalt, als hätte er e inen Entschluss gefasst, und zum ersten Mal sah er dem Kapitän direkt in die Augen: »Ich habe vorhin gelogen, als du mich wegen Helen gefragt hast, aber ich war so ...« Er biss sich auf die Lippen und suchte nach Worten. »Ich wollte nicht, dass ihr weggeht.«
    Der Junge blickte immer noch etwas unglücklich drein, schien aber erleichtert, dass es nun endlich he raus war.
    Ihr könnt also hier weg, wenn ihr das möchtet? wollte der Kapitän fragen, brachte aber nur ein heiseres Krächzen heraus. Seine Hände zitterten, und unterhalb seines Brustbeins verspürte er einen brennenden Schmerz. Wie ein Ertrinkender schnappte er nach Luft, bis sich sein Atem beruhigte und der Schmerz verging.
    »Ist das dein Ernst?«, flüsterte er heiser.
    »Ja, aber nur, wenn du sie holen kommst, hat Helen gesagt ...« In der Stimme des Jungen lag jetzt ein trotziger Unterton – nun sieh zu, wie du damit zurechtkommst! – , aber vielleicht tat der Kapitän ihm damit auch unrecht, denn was er im Blick des Jungen zu lesen glaubte, war mehr als nur Neugier.
    »Ist so etwas schon einmal vorg ekommen?«
    »Helen sagt: Ja.« Der Junge grinste. »Hast du e twa Angst?«
    Offenbar fand Simon die Vorstellung amüsant, dass jemand, der so alt war wie der Kapitän, Angst vor dem Sterben hatte. Und der Junge hatte recht damit, wie sich der alte Mann beschämt eingestand.
    »Nein, wenn Helen das gesagt hat, nicht.« Jetzt, da seine Entscheidung feststand, fühlte er, wie alle Anspannung von ihm abfiel. »Natürlich werde ich zu ihr kommen, Simon«, versprach er. »Wirst du das Helen ausrichten?«
    »Klar doch«, erwiderte der Junge mit einem ve rschwörerischen Lächeln. »Wenn ihr mich mitnehmt ...?«
    Das war es also . Der Kapitän grinste. Eigentlich war alles ganz einfach. Er musste nur sterben, bei den lokalen Autoritäten – Menschen, Aliens oder gar Ihm? – die Freigabe seiner Frau und einen jüngeren Körper erbitten sowie einen demnächst pubertierenden Bengel als Zugabe, zum Schiff zurückkehren und durch das halbe Universum den Weg zurück zu einem winzigen Spiralarm einer unbedeutenden Galaxis finden, denn anderswo würde Simon kaum ein Mädchen finden, dem er seine Liebe schenken konnte.
    Dagegen war das Entwenden des Goldenen Vli eses ein reines Kinderspiel gewesen und hatte am Ende doch nichts als Ärger eingebracht. Allerdings hatten Jason und seine Gefährten im Gegensatz zu ihm etwas zu verlieren gehabt, denn selbst wenn er scheiterte, würde er Helen näher sein als in all den Jahren zuvor ...
    »Abgemacht, Simon«, sagte der Kapitän und lausc hte dem aufgeregten Schlag seines Herzens, das wie ein junger Vogel in seinem knöchernen Käfig umhersprang. »Natürlich nehmen wir dich mit.«
    Der Junge errötete vor Freude und schüttelte die Hand des Kapitäns so kräftig, dass der alte Mann es i mmer noch spürte, als die Schritte des Besuchers auf den stählernen Planken des Schiffes längst verhallt waren.
     
    Der Kapitän wartete drei Tage. Nach Jahren der Einsamkeit bestand kein Grund zu überstürztem Handeln. Er rechnete nicht mit weiteren Besuchen und erhielt auch keine. Vielleicht hoffte er auf ein Zeichen, wenngleich er keine Vorstellung hatte, wie ein derartiges Zeichen aussehen könne.
    Er nutzte die Zeit, um ein wenig Ordnung an Bord zu schaffen. Obwohl eine zufällige Entdeckung der »Orpheus« ausgeschlossen war, wollte er das Schiff in einem akzeptablen Zustand hinterlassen. Er ließ die Wäsche reinigen und rüstete einen der Techni kräume mit Liegen aus dem Havarieset als Behelfskabine um. Als er die frische Bettwäsche aufzog, fühlte er sich ein wenig an die winzige Studentenunterkunft erinnert, die er in New Cambridge mit Helen geteilt hatte – ihre erste und letzte gemeinsame Wohnung. Doch dieses Mal schmeckte die Erinnerung nicht bitter ...
    Dann schrieb er einen

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