Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)
inzwischen völlig übergeschnappt?
Einzig der Gedanke an Mr. Echo hielt ihn davon ab, das System sofort herunterzufahren. Konnte es sein, dass sein Gegenspieler im künstlichen B ewusstsein der Schiffsintelligenz Zuflucht gefunden hatte? Und wenn ja, mit welchen Absichten?
»Dein Herr bin immer noch ich als Kommandant dieses Schiffes«, wies er die Schiffsintelligenz z urecht. »Und in dieser Funktion befehle ich hiermit offiziell, den Nahfeld-Radar zu aktivieren.«
»Zu Befehl, Sir.« Offenbar hatte die KI erkannt, dass sie den Bogen überspannt hatte. Auf dem zen tralen Bildschirm erschien ein zusätzliches Fenster mit der vertrauten Darstellung des Aufklärungs-Radars. Es gab keinerlei verdächtige Echos, und so blieb es auch, bis die »Diana« im Zielsystem jenseits der Bahn des fünften Planeten ein großräumiges Trümmerfeld passieren musste, das aber offenkundig natürlichen Ursprungs war und kein Relikt militärischer Auseinandersetzungen. Gefahr für das Schiff bestand jedoch zu keinem Zeitpunkt, und nach einer winzigen Kurskorrektur durchquerte die »Diana« auch dieses letzte Hindernis ohne Zwischenfall.
Dann lag das Ziel vor ihnen.
Der Planet war einst bewohnt gewesen, aber das war lange her. Im Orbit kreisten noch die Relikte zahlreicher Satelliten – narbenzerfurcht, blind, taub und stumm seit Jahrhunderten. Sie beantworteten keine Fragen mehr und stellten auch keine.
Diejenigen, die sie einst in den Weltraum g eschossen hatten, bedurften ihrer nicht mehr. Die Aufnahmen von der Planetenoberfläche ließen keinen Raum für Spekulationen. Ihre Städte waren zerstört, die Ruinen sandbedeckt oder von Pflanzen überwuchert. Wüste, Wald und Meer hatten sich wiedergeholt, was ihnen die Zivilisation einst abgerungen hatte, und allmählich verheilten die Wunden. Die Rufe der »Diana« verhallten ungehört. Jene, die sie einst hätten beantworten können, waren Geschichte, wie alles, was sie getan oder unterlassen hatten.
Sie landeten dennoch. Diesmal bedurfte es keiner Notiz und keiner Koordinateneingabe. Jemand hatte vorgearbeitet, den Landeplatz markiert, Kurs und Eintrittszeitpunkt meter- und sekundengenau b erechnet.
Vincent verzichtete auf Nachforschungen. Er wollte nicht riskieren, dass ihm das Schiff ein weit eres Mal die Auskunft verweigerte. Er würde ohnehin erfahren, wer dafür verantwortlich war – schon bald. Deshalb waren sie hier.
»Ort des Ursprungs« hatte die Pythia den verla ssenen Planeten genannt. Also kannten die Sikhaner seine Geschichte, Mr. Echo ohnehin und vermutlich auch die Zentrale. Weshalb sonst hätte sie das Gebiet sperren sollen? Die einzigen, die nichts von der Existenz dieses Ortes ahnten, waren die Bürger der Förderation. Vieles sprach dafür, dass man ihnen diese Information bewusst vorenthielt. Aber weshalb? Die Antwort lag irgendwo dort unten ...
»Landeprozedur einleiten«, kommandierte Vi ncent, nachdem er seinen Platz an der Steuerkonsole eingenommen hatte. Auch wenn Landungen dieser Art üblicherweise vollautomatisch abliefen, wollte er sich die Möglichkeit offen halten, im Notfall persönlich einzugreifen.
Das Schiff bewältigte den Landeanflug mit Leic htigkeit. Der Wind war selbst in den unteren Schichten der Atmosphäre zu schwach, um die »Diana« auch nur ins Zittern zu bringen. Der Landeplatz war unter einer dünnen Sandschicht vollkommen eben, als sei er mit Plasmabrennern geglättet worden. Vielleicht hatte er den Bewohnern sogar einst als Raumhafen gedient. Dagegen sprach allerdings das Fehlen jeglicher Gebäudestrukturen. Selbst im Sand versunkene Ruinen verursachten Radarechos, und hier war das Terrain über Dutzende Meilen vollkommen eben. Ein See aus geschmolzenem und wieder erkaltetem Gestein ...
Vincent spürte, wie sich die Härchen in seinem N acken aufrichteten. Wenn das tatsächlich der Ort des Ursprungs war, dann war nicht viel davon übrig geblieben.
Er stieg dennoch aus, obwohl es draußen bereits dämmerte und in weniger als einer Stunde stoc kdunkel sein würde. Er ging, weil er ahnte, dass Zeit und Ort richtig waren und er erwartet wurde. Es war längst nicht mehr nur Neugier, die seine Schritte lenkte, oder der Ehrgeiz, seinen Auftrag doch noch – auf welche Weise auch immer – zu erfüllen. Was ihn bewegte, war vielmehr ein schwer zu definierendes Gefühl der Erwartung, hinter dem sich vielleicht sogar Hoffnung verbarg, auch wenn ihm selbst noch nicht klar war, worauf.
Vincent trug keinen Schutzanzug, als er das
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