Die Zweite Legion: Das Geheimnis von Askir 2 (German Edition)
zur Erschaffung der Menschen bei. Nur der Namenlose hielt sich zurück. Er wurde gefragt, was er denn geben werde, entgegnete aber, er warte, bis die anderen fertig seien. So geschah es dann auch. Silvanus hatte auch lange gezögert, aber er gab ihnen noch die Liebe zur Natur, sodass sie die Schöpfung würdigen konnten. Dann sahen alle auf den Namenlosen. Dieser lächelte und gab den Menschen die Verzweiflung und die Todesangst. Da kam es zu einem Aufruhr unter den Göttern, denn sie alle hatten versucht, den Menschen etwas Gutes mitzugeben oder das, was sie als gut empfanden. Manches war zweischneidig, wie der Erfindungsreichtum, aber alles konnte vom Menschen zum Guten verwendet werden. Aber Verzweiflung? Damit machte der Namenlose alles zunichte. ›Ich bin noch nicht fertig‹, sagte er dann. Und fügte noch Hass hinzu. ›So‹, sagte er, ›jetzt habe ich meinen Teil dazugetan, und der Mensch wird zeigen, dass er mich am meisten verehrt. Verzweifelt und voller Hass wird er fruchtbar und erfindungsreich durch die Welt ziehen und die anderen Rassen samt ihren Werken zerstören und zuletzt sich selbst.‹ – ›Aber ich gab doch den Menschen die Liebe, um sie vor solchem zu bewahren!‹, rief Astarte. Der Namenlose indes lachte sie aus: ›Jeder weiß, dass Verzweiflung stärker ist als Liebe. Wir haben eine wahrhaft prächtige Schöpfung vollbracht, und ich freue mich darauf, sie leiden zu sehen!‹ – ›Aber eines hast du vergessen‹, sagte Nerton, der Göttervater. ›Ich entschied, dass alle Götter sich beteiligen sollten.‹ – ›Ja‹, sagte der Namenlose triumphierend, ›und sie taten es, ein jeder, sogar Silvanus, von dem ich wusste, er würde mein Werk zunichte machen, hätte ich nicht bis zuletzt gewartet. Ich war der Letzte und schloss das Werk ab!‹ – ›Nein‹, gab Nerton zurück, ›ich halte das Gleichgewicht, und willst du sagen, ich sei kein Gott?‹ Erschrocken wich der Namenlose zurück, als der Göttervater sich vorbeugte und dem Menschen das letzte der Geschenke einhauchte: die Hoffnung.«
Eine Weile blieben wir dort am Brunnenhäuschen stehen. Janos brach das Schweigen. »Ich muss Euch zustimmen, Havald. Hoffnung ist größer als Verzweiflung. Ich bin immer noch der Meinung, dass Euer Vorhaben Wahnsinn ist, aber«, er grinste breit und zeigte seine Zähne, »ich hoffe , dass wir es überleben.« Er schlug mir auf die Schulter. »Havald, Ihr seid ein seltsamer Mensch, aber ich fange an, Euch zu mögen.«
Dann ging er pfeifend davon. Er pfiff die Ballade von Ser Roderic. Dabei wusste er genau, dass ich sie nicht ausstehen konnte.
»Glaubst du diese Schöpfungsgeschichte?«
Ich fuhr herum, meine Pfeife landete im Schnee, und schon hatte ich eine Hand am Knauf meines Schwertes, die andere an der Brust, wo mein Herz galoppierte. »Bei den Göttern, Zokora! Könnt Ihr nicht ein Mal, ein einziges Mal, dieses Anschleichen unterlassen! Ihr bringt mich noch ins Grab. Müsst Ihr mich denn immer belauschen?«
»So erfährt man Dinge«, sagte Zokora unbeeindruckt. »Ich gehe immer so. Was kann ich dafür, wenn Menschen darauf bestehen, Lärm zu machen?«
Ich sah sie verdrossen an. »Was wollt Ihr?«
»Hoffnung vielleicht? Meinst du, die Geschichte stimmt?«
»Ich weiß es nicht. Was wissen wir denn schon über die Götter? Warum fragt Ihr?«
»Ich wusste nicht, dass es so viele Menschen gibt.«
Ich blinzelte. »Bitte?«
»Ich wusste nicht, dass es so viele Menschen gibt«, wiederholte sie.
»Ich habe Euch beim ersten Mal gehört, nur den Sinn Eurer Worte nicht verstanden.«
Sie sah mich aus ihren schwarzen Augen an. »Ich habe vorhin begriffen, dass weder die dunklen noch die hellen Elfen so tun können, als gäbe es die Menschen nicht. Wir werden mit euch zusammen leben müssen oder untergehen. Ihr fühlt euch von Thalak bedroht. Auch er ist ein Mensch. Einer von euch. Aber in ihrer Gesamtheit bedrohen die Menschen wiederum alle anderen Rassen. Wenn ihr Angst vor Thalak habt, was denkt ihr, wie die anderen Rassen euch fürchten sollen?«
Ich sah sie verblüfft an. Das war für Zokora eine ungewöhnlich lange Rede.
»Ihr seid mit allen fruchtbar, könnt euch mit allen paaren«, fuhr sie fort. »Selbst mit Orcs und uns Elfen.« Sie legte die Hände auf ihren flachen Bauch. »Ich spüre die Kraft der Menschen in ihnen. Rigurds Samen wird meine Welt verändern.«
Ich lächelte. »Sie sind erst vier Wochen alt.«
»Ihr seid auch blind für Magie. Schon jetzt sind es Lebensfunken,
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