Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zweite Stufe der Einsamkeit

Die zweite Stufe der Einsamkeit

Titel: Die zweite Stufe der Einsamkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
Vom Netzwerk:
exportieren.“
    Cochran sah dabei unbehaglich aus. Leichenführer sahen zu viele tote Männer, um den Gedanken, selbst einer zu werden, genießen zu können. Sie neigten dazu, sich auf Planeten zu drängeln, auf denen es keine Leichenmänner-Gesetze gab, wo Kapitalverbrechen noch mit Gefängnis oder ‚sauberen’ Hinrichtungen bestraft wurden. Grotto war momentan noch ein sauberer Planet, aber Gesetze können sich ändern.
    „Ich würde meine Mannschaft so oder so verlieren, Matt“, sagte Cochran. „Wenn uns Bartling rauswirft, werde ich ein paar meiner Leichen für die Passage verkaufen müssen.“
    Kabaraijian lächelte. „Du hast noch einen Monat, selbst im schlimmsten Fall. Und da draußen gibt es eine Menge Wirbelsteine zu finden.“ Er hob sein Glas. „Komm. Auf Grotto. Es ist eine schöne Welt, und wir könnten noch hierbleiben.“
    Cochran zuckte mit den Schultern und hob sein Bier. „Jau“, sagte er. Aber sein Lächeln verbarg seinen Kummer nicht.
     
    Kabaraijian meldete sich früh am nächsten Morgen in der Station, als sich Grottos Sonne abmühte, die Flußnebel zu vertreiben. Die Reihe leerer Barkassen war noch am Steg vertäut und tanzte im rasch dünner werdenden Nebel auf und ab.
    Munson war im Büro, wie immer. Cochran überraschenderweise auch. Beide schauten auf, als Kabaraijian eintrat.
    „Morgen, Matt“, sagte Munson ernst. „Ed hat mir gerade von gestern abend erzählt.“ Heute sah er aus irgendeinem Grund so alt aus, wie er tatsächlich war. „Tut mir leid, Matt, ich wußte nichts davon.“
    Kabaraijian lächelte. „Das habe ich auch nie geglaubt. Aber wenn Sie etwas hören, lassen Sie es mich wissen. Wir haben nicht vor, kampflos zu gehen.“ Er sah Cochran an. „Was machst du so früh hier? Für gewöhnlich bist du nicht vor Schlag Mittag auf.“
    Cochran grinste. „Ja. Nun, ich dachte, ich sollte zeitig aufbrechen. Ich werde diesen Monat ein paar gute Schätzungen brauchen, wenn ich meine Mannschaft behalten will.“
    Munson hatte zwei Sammelkästen unter seinem Schreibtisch hervorgeholt. Er reichte sie den beiden Leichenführern und nickte. „Das Hinterzimmer ist offen“, sagte er. „Sie können Ihre toten Männer abholen, wann immer Sie wollen.“
    Kabaraijian machte Anstalten, um den Schreibtisch herumzugehen, aber Cochran hielt ihn am Arm fest. „Ich denke, ich werde es im Osten versuchen“, sagte er. „Manche Höhlen dort sind noch nicht wirklich erschöpft. Wohin gehst du?“
    „Nach Westen“, sagte Kabaraijian. „Wie gesagt, ich habe eine gute neue Stelle gefunden.“
    Cochran nickte. Sie gingen zusammen ins Hinterzimmer und drückten ihre Regler. Fünf tote Männer taumelten von ihren Pritschen und folgten ihnen schlurfend aus dem Büro. Kabaraijian bedankte sich bei Munson, bevor er ging. Der alte Mann hatte seine Leichen doch noch abgewaschen und sie gefüttert.
    Die Nebel hatten sich fast aufgelöst, als sie den Anlegeplatz erreichten. Kabaraijian ließ seine Mannschaft ins Boot marschieren und machte sich zum Ablegen bereit. Aber Cochran hielt ihn zurück; er sah besorgt aus.
    „Äh … Matt“, sagte er. Cochran stand auf dem Anlegesteg und sah in die Barkasse hinunter. „Diese neue Stelle – du sagst, sie ist wirklich gut?“
    Kabaraijian nickte blinzelnd.
    „Kann ich dich zum Teilen überreden?“ fragte Cochran unter Schwierigkeiten. Es war eine ungewöhnliche Bitte. Normalerweise war es üblich, daß jeder Führer allein auszog, um seine eigene Wirbelsteinhöhle zu finden und auszubeuten. „Ich meine, in dem einen Monat wirst du wahrscheinlich nicht Zeit genug haben, alle herauszuholen, nicht wenn die Stelle so gut ist wie du sagst. Und ich brauche gute Schätzungen, wirklich.“
    Kabaraijian sah ihm an, daß ein derartiger Gefallen nicht einfach zu erbitten war. Er lächelte. „Sicher“, sagte er. „Es gibt dort eine Menge. Hol deine Barkasse und komm mit.“
    Cochran nickte und zwang sich zu einem Lächeln. Er ging den Steg hinunter, zu seiner Barkasse, und seine toten Männer gingen hinter ihm.
    Flußabwärts zu fahren war leichter als flußaufwärts, und es ging schneller. Kabaraijian fand den See auf Anhieb und ließ seine Barkasse in einem Schaumregen über die funkelnde grüne Oberfläche wogen. Es war ein heiterer Morgen mit strahlender Sonne und einem frischen Wind, der das Wasser zu winzigen Wellen aufpeitschte. Kabaraijian fühlte sich wohl, trotz der Ereignisse des gestrigen Abends. Grotto bewirkte das bei ihm. Draußen, auf den

Weitere Kostenlose Bücher