Die zweite Stufe der Einsamkeit
reißendem Fleisch. Es hätte auch ein Schrei und Qual da sein müssen.
Aber da war nichts.
Und die Spitzhacke senkte sich trotzdem.
Kabaraijians Stoß hatte den Leichnam aus dem Gleichgewicht gebracht; der Schlag streifte Kabaraijian nur, aber dennoch riß er ihm die Jacke von der Brust und grub eine blutige Bahn von der Schulter bis zum Magen. Wirbelnd taumelte er an die Wand zurück, mit leeren Händen.
Die Leiche kam unaufhaltsam näher; die Hacke schwang wieder hoch, die Augen leer. Der Vibro-Bohrer durchstach sie, noch summend, und das Blut kam in nassen, roten Stößen. Aber die Leiche kam näher.
Kein Schmerz, dachte Kabaraijian mit dem kleinen Teil seines Gehirns, der nicht vor Entsetzen erstarrt war. Der Hieb ist nicht sofort tödlich gewesen, und die Leiche kann nichts spüren. Sie verblutet, aber sie weiß es nicht, kümmert sich nicht darum. Sie wird nicht aufhören, bis sie tot ist. Es gibt keinen Schmerz!
Der Leichnam war fast über ihm. Er fiel in den Sand, packte einen Felsbrocken und rollte weg.
Tote Männer sind langsam, erbärmlich langsam; ihre Reflexe kommen von weit her. Der Schlag kam zu spät und verfehlte ihn. Kabaraijian rollte gegen die Leiche und stieß sie um. Dann war er über ihr, den Stein mit der Faust umklammert, hämmerte ihn herunter, auf den Schädel der Kreatur, ließ ihn immer wieder herunterkrachen, um bis zum Kunsthirn durchzubrechen.
Endlich hörte der Leichnam auf, sich zu bewegen.
Aber die anderen hatten ihn erreicht. Zwei Spitzhacken fuhren fast gleichzeitig auf ihn herunter. Eine verfehlte ihn vollkommen. Die andere riß einen Brocken aus seiner Schulter.
Er packte die zweite Hacke, federte herum, versuchte, sie aufzuhalten, verlor. Die Leichen waren stärker als er, viel stärker. Der tote Mann riß die Spitzhacke los und schwang sie wieder hoch, über den Kopf, nach hinten.
Kabaraijian kam auf die Füße, krachte gegen den Leichnam und schickte ihn zu Boden. Die anderen holten aus, versuchten ihn zu ergreifen. Er blieb nicht, um zu kämpfen. Er rannte. Sie folgten ihm, langsam und behäbig, aber irgendwie erschreckend.
Er erreichte die Barkasse, griff mit beiden Händen zu und schob. Sie glitt zögernd über den Sand. Er schob wieder, und dieses Mal bewegte sie sich leichter. Er war von Blut und Schweiß durchnäßt, und sein Atem kam in kurzen Stößen, aber er schob weiter. Seine Schulter schrie vor Schmerzen. Er ließ sie schreien, legte sie an die Flanke der Barkasse und bekam das Boot endlich vom Sand weg.
Dann waren die Leichen wieder über ihm, griffen in dem Augenblick nach ihm, als er in die Barkasse kletterte. Er startete den Motor und drehte ihn mit einem Ruck auf Höchstgeschwindigkeit. Das Boot reagierte. Es raste in einer plötzlichen Explosion von Schaum los, schnitt über die grünen Wasser auf den dunklen Spalt der Sicherheit in der fernen Höhlenwand zu. Kabaraijian seufzte … und die Leiche packte ihn.
Sie war im Boot. Ihre Spitzhacke war nutzlos in das Holz gegraben, aber sie hatte noch immer ihre Hände, und die genügten. Diese Hände legte sie um seinen Hals und drückte zu. Er holte wie irrsinnig nach dem Leichnam aus, hieb ihm in das ruhige, leere Gesicht. Er machte sich nicht die Anstrengung, seine Schläge abzuwehren. Er ignorierte sie. Kabaraijian schlug immer wieder zu, stach in die leeren Augen, hämmerte auf den Mund, bis die Zähne heraussprangen.
Aber der Griff um seinen Hals wurde fester und fester, und all sein Kämpfen konnte nicht einen Finger loshebeln. Würgend hörte er auf, die Leiche zu schlagen und trat gegen die Ruderkontrolle.
Die Barkasse schwenkte wild herum, kippte von einer Seite auf die andere. Die Höhle jagte als Schatten vorbei, und die Wände schossen heran. Dann kam ein abrupter Aufprall, das Kreischen von reißendem Holz und der kurze Fall: Die Barkasse schlug ins Wasser. Kabaraijian landete obenauf, aber in der Umklammerung mit der Leiche ging er unter. Der tote Mann behielt seinen Griff bei alledem geschlossen, zog Kabaraijian mit sich hinunter und würgte noch immer das Leben aus seiner Kehle.
Aber Kabaraijian machte einen tiefen Atemzug, bevor sich das Grün über ihm schloß. Der Leichnam versuchte, unter Wasser zu atmen. Kabaraijian half nach. Er rammte beide Hände in seinen Mund und hielt ihn geöffnet und sorgte dafür, daß er eine gute Lungenfüllung Wasser bekam.
Der tote Mann starb zuerst. Und sein Griff wurde schwächer.
Dann – seine Lungen drohten zu platzen – riß sich
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